Angela Merkel, betrachtet am Montag durch die Linse einer Kamera.

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Berlin/Jerusalem – Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das Verbrennen israelischer Fahnen bei Protesten gegen die Jerusalem-Entscheidung von US-Präsident Donald Trump scharf verurteilt. "Wir wenden uns gegen alle Formen von Antisemitismus und Fremdenhass", sagte Merkel am Montag. "Der Staat muss mit allen Mitteln des Rechtsstaats dagegen einschreiten."

Die antisemitischen Parolen und die Verbrennung israelischer Symbole bei Demonstrationen in Berlin lösten parteiübergreifend Empörung aus.

"Gravierende Ausschreitungen"

"Keinerlei Meinungsverschiedenheiten, auch bei der Frage des Status von Jerusalem, rechtfertigen solches Vorgehen", sagte Merkel und sprach von "gravierenden Ausschreitungen". Ihr Sprecher Steffen Seibert hatte zuvor gesagt: "Man muss sich schämen, wenn auf den Straßen deutscher Städte so offen Judenhass zur Schau gestellt wird." Deutschland sei dem Staat Israel und allen Menschen jüdischen Glaubens "in besonderer Weise eng verbunden".

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte ein hartes Durchgreifen. "Bei aller verständlichen Kritik an der Jerusalem-Entscheidung der USA gibt es keinerlei Rechtfertigung, israelische Fahnen zu verbrennen", schrieb er im Kurzbotschaftendienst Twitter. "Unser Rechtsstaat darf und wird das nicht tolerieren." Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte der "Bild"-Zeitung: "Jede Form von Antisemitismus ist ein Angriff auf uns alle. Antisemitismus darf nie wieder einen Platz haben."

"Schande für Berlin"

Aus Protest gegen die Entscheidung von Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, waren bei einer Kundgebung vor der US-Botschaft in Berlin am Freitagabend israelische Fahnen verbrannt worden. Auch am Sonntag war bei einer Demonstration im Berliner Stadtteil Neukölln eine israelische Flagge angezündet worden.

"Wir akzeptieren nicht, wenn Juden oder der Staat Israel auf diese beschämende Weise beleidigt werden", sagte der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere (CDU). Allerdings ist ein juristisches Vorgehen gegen das Verbrennen von Israel-Fahnen auf Demonstrationen kompliziert. Nach Paragraf 104 des Strafgesetzbuches ist dies nur dann strafbar, wenn die Flagge etwa an einem Botschaftsgebäude angebracht war und abgerissen wurde – oder wenn gegen für die Demonstration erteilte Auflagen verstoßen wird.

Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff nannte es in der "Bild"-Zeitung eine "Schande für Berlin", wenn vor dem Brandenburger Tor israelische Fahnen verbrannt werden. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt erklärte: "Das hat nichts mit Kritik an Trump zu tun, das ist eindeutig und ausschließlich Antisemitismus, und es ist Israel-Feindlichkeit, die ich nicht akzeptieren kann, die wir nicht akzeptieren können und wollen."

Die AfD wertete die Anti-Israel-Proteste als Folge einer "katastrophalen Einwanderungs- und einer völlig gescheiterten Integrationspolitik". Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Georg Pazderski erklärte, Deutschland habe "einen aggressiven islamistischen Antisemitismus importiert, der nun auch öffentlich völlig enthemmt auftritt".

Der Zentralrat der Juden in Deutschland zeigte sich besorgt über die Proteste in Berlin, aber auch in anderen europäischen Städten. "Für Antisemitismus, egal in welchem Gewand, darf es keine Duldung geben", erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster und appellierte an die muslimischen Verbände, mäßigend auf ihre Mitglieder einzuwirken. (APA, 11.12.2017)