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Antiterroreinheiten patrouillieren in der New Yorker U-Bahn.

Foto: Reuters/McDermid

Akayed Ullah liegt mit Verbrennungen am Unterleib in einer Klinik. Mit der Rohrbombe, die er am Montag im morgendlichen Berufsverkehr im Herzen Manhattans zündete, hat er außer drei leichtverwundeten Passanten nur sich selbst verletzt. Der selbstgebastelte Sprengsatz, den er mit Klebeband an seinem Körper befestigt hatte, detonierte zum Glück nicht richtig. Wäre er mit voller Wucht explodiert, wären wohl hunderte Eisensplitter durch den Fußgängertunnel geflogen, der einen Busbahnhof am Times Square mit drei U-Bahn-Linien verbindet.

Während die Ermittler der New Yorker Polizei über erste Erkenntnisse informieren, hat in Washington der Anschlag eine heftige Kontroverse über Pro und Contra einer restriktiveren Einwanderungspolitik ausgelöst.

Ullah war vor sechs Jahren aus Bangladesch nach New York gekommen – völlig legal mit einem Visum, wie es Verwandte von Amerikanern beantragen können. Ein 1965 vom Kongress verabschiedetes Gesetz räumt dem Familiennachzug Vorrang vor allen anderen Faktoren ein.

Polemik um Einwanderung

Seither gelangen nicht nur Ehepartner und Kinder von US-Staatsbürgern vergleichsweise problemlos in den Besitz einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung, sondern auch deren Geschwister; Letztere wiederum können ihrerseits Ehepartner, Kinder und Geschwister ins Land holen, sobald sie eingebürgert sind.

Konservative Kritiker, die auf eine Reform des Immigration and Nationality Act drängen, sprechen polemisch vom Irrweg der Kettenmigration. Angeführt von Donald Trump nehmen sie die Causa zum Anlass, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen. Ein defektes Einwanderungssystem, wettert der Präsident, schade sowohl der Sicherheit als auch den Wirtschaftsinteressen der USA. Er sei entschlossen, es so zu ändern, "dass unser Land und unser Volk an erster Stelle rangieren", schiebt er in typischer America-First-Rhetorik hinterher.

Für Demokraten wie Jerrold Nadler sind es Sprechblasen, die am Kern der Sache vorbeigehen: Mit Immigration habe das Problem nichts zu tun. Das Problem sei vielmehr, dass sich jemand radikalisiere, wenn er bereits in den Vereinigten Staaten lebe.

Unauffällige Biografie

Aufgewachsen auf einer Insel in der Nähe der Millionenstadt Chittagong, zog Ullah mit seinem Vater nach New York, um sich im Stadtteil Brooklyn eine Existenz aufzubauen. Zunächst fuhr er Taxi, später arbeitete er als Elektriker. Die Tunnelpassage in einer der belebtesten Ecken Manhattans nahm er nach Angaben der Behörden ins Visier, weil sich dort Reklame mit Weihnachtsmotiven häufte. Mit seinem Bombenanschlag, ließ die Polizei nach einem ersten Verhör wissen, wollte er Angriffe der US-Luftwaffe auf Raqqa und andere IS-Hochburgen vergelten. Der 27-Jährige sei im Internet auf radikales Gedankengut gestoßen. Über Kontakte zu eventuellen Komplizen oder Drahtziehern wisse man bisher nichts.

Ullah, sagt John Miller, beim New York Police Department (NYPD) zuständig für Antiterrorstrategien, sei "typisch für etwas, was wir inzwischen überall auf der Welt sehen": ein Täter, der wie aus heiterem Himmel zuschlage, ohne dass ihn die Terrorfahnder auf dem Schirm hatten. Die Rede sei von einem Menschen, "der unter uns lebte, ohne aufzufallen, der finanziell nicht zu kämpfen hatte und weder beim NYPD noch beim FBI auf dem Radar auftauchte". (Frank Herrmann aus Washington, 12.12.2017)