ÖVP-Chef Sebastian Kurz will nächste Woche in Brüssel gute Stimmung für die türkis-blaue Koalition in Wien machen.

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Wien – Exakt zwei Monate nach der Nationalratswahl soll am Freitag die Koalition zwischen ÖVP und FPÖ paktiert werden: In einer finalen Verhandlungsrunde, heißt es, werden da noch strittige Themen beseitigt sowie die Ressortaufteilung und Besetzung beschlossen. Dem Vernehmen nach soll es "eine gerechte Aufteilung" der Ministerien geben – und zwar sechs für die ÖVP (plus Kanzleramt), sechs für die FPÖ. Das wäre ein Ressort weniger als in der bisherigen Regierungskonstellation.

Ob es bis zu drei Sicherheitsressorts unter FPÖ-Regentschaft – nämlich das Innenamt, das Verteidigungsressort und ein Heimatschutzministerium etwa für Katastrophenfälle – geben wird, gilt noch als offen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte dagegen schwere Bedenken angemeldet, er sprach sich auch strikt dagegen aus, die Justiz und das Innenressort einer Partei zu überlassen. Damit war Van der Bellen, wie man hört, auf Verständnis gestoßen. Sollte die FPÖ weiterhin auf das Innenressort bestehen, käme die Justiz also zur ÖVP.

Koalitionäre Planspiele

Nach wie vor offen ist auch, ob die Freiheitlichen sowohl den Innenminister als auch den Verteidigungsminister stellen werden, wie ein blauer Verhandler bestätigt, denn: "Schon bisher hat man die Auffassung vertreten, dass beide Ministerien – und damit Polizei und Bundesheer – nicht in der Hand einer Partei sein sollen – deswegen ist das noch keine ausgemachte Sache."

Mit Karin Kneissl gäbe es eine parteiunabhängige Außenministerin, allerdings auf einem FPÖ-Ticket. Die EU-Agenden sollen aber zu Sebastian Kurz ins Kanzleramt wandern, der von einem Kanzleramtsminister unterstützt wird. Ein eigenständiges Familienressort soll es nicht mehr geben, diese Agenden könnten dem Sozial- oder dem Wirtschaftsministerium angegliedert werden.

Keine Verhöre bei VdB

Noch am Samstag nach der Einigung soll Bundespräsident Van der Bellen von ÖVP-Obmann Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache über alle Details in Kenntnis gesetzt werden. Die Verhandler rechnen nicht damit, dass das Staatsoberhaupt für eine erhebliche Verzögerung der Angelobung sorgen wird. Denn Van der Bellen sei in die Verhandlungen eng eingebunden. Der Bundespräsident wird – wie schon unter seinem Vorgänger Usus – vor allem mit den neuen Regierungsmitgliedern, die noch nie ein Ministeramt bekleidet haben und die er noch nicht persönlich kennt, ein ausführliches Gespräch führen. Bis Montag sollte sich das zeitlich ausgehen, hört man aus der ÖVP, und: Der Bundespräsident wolle ohnehin keine Verhöre oder Zensurgespräche führen.

Ebenfalls noch am Samstag sollen die Parteigremien von ÖVP und FPÖ über die Verhandlungsergebnisse und die Ministerliste informiert werden – und erst danach wollen Kurz und Strache der Öffentlichkeit ihr Regierungsprogramm präsentieren. Da sich die ÖVP beim Aufweichen des Rauchverbots in der Gastronomie flexibel gezeigt habe und der FPÖ entgegengekommen sei, sollte im Gegenzug nun ein Entgegenkommen der Freiheitlichen bei den offenen Punkten, die es etwa beim Ausbau der direkten Demokratie oder bei der Fusion der Krankenkassen gibt, zu erwarten sein.

Blaue Weihnachtsfeier

Die Angelobung der neuen Regierung wird für Montag oder Dienstag in Aussicht genommen. Sollte der Zeitplan halten, könnte der neue Regierungschef Kurz noch am Mittwoch zu einem Termin nach Brüssel aufbrechen: Der frischangelobte Kanzler will dort den Spitzen der EU-Kommission die türkis-blaue Koalition in Wien erklären – und klarstellen, dass Österreich auch weiterhin einen klaren Europakurs fahren werde.

Den Mittwoch freizuhalten ist auch manchen in der FPÖ ein Anliegen: Denn am Dienstagabend steigt bei den Freiheitlichen die Weihnachtsfeier, bei der auch auf das Zustandekommen der Regierungsbeteiligung angestoßen werden soll – und das könnte zu einem etwas intensiveren Beglückwünschen ausarten. (Michael Völker, Nina Weißensteiner, 12.12.2017)