Das Pfeilewerfen hat Phil Taylor zum Millionär gemacht. Nun ist Schluss.

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London – In der Welt des Phil Taylor fliegen die Pfeile. Noch. Denn nach der Darts-WM ist Schluss für den 16-maligen Weltmeister. Die Ikone des Sports tritt ab, und nahezu jeder Fan hofft, dass Taylor in London ein letzter großer Coup gelingt. Am Freitag wird "The Power" wie gewohnt zum Snap!-Hit "The Power" einmarschieren, mit der rechten Hand seine Darts aus der Brusttasche ziehen und das Hemd über dem Bauchansatz glattstreifen. So wie seit 30 Jahren, als sei der Anlass kein besonderer.

Taylor ist Profi genug, um sich keine Nervosität anmerken zu lassen. Stattdessen wird er mit spielerischer Klasse und den mentalen Tricks eines Rekordweltmeisters gegen seinen englischen Landsmann Chris Dobey antreten, während 3.500 Zuschauer im Alexandra Palace seinen Namen lauter denn je singen.

"Taylor Wonderland"

Für Taylor wurde sogar das beliebte Weihnachtslied "Winter Wonderland" umgetextet. Also heißt es da: "There is only one Phil Taylor / One Phil Taylor / walking along / singing this song / walking in a Taylor Wonderland".

Bestimmt wird das Lied auch in der Post-Taylor-Ära noch in den Darts-Hallen erklingen. Der WM-Titel beim letzten Antreten, sagt Taylor, "wäre für meine Fans und Sponsoren wichtiger als für mich. Darts ist nicht mehr mein Leben." Tatsächlich scheint es, als sei der Ehrgeiz des 57-Jährigen aus Stoke-on-Trent längst nicht mehr so groß wie noch vor Jahren. Er sehnt sich nach dem Ruhestand, der spätestens nach dem Finale am 1. Jänner 2018 beginnt.

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Taylor hat genug vom Darts.
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Danach will sich der vierfache Großvater seiner Familie widmen und Zeit mit den Enkeln verbringen. Zeit, die Taylor für seine eigenen Kinder in den vergangenen 30 Jahren nur selten hatte. Bis zu sechs Stunden Training am Tag, etliche Reisen und über allem die Mission, den Kneipensport zum Massenphänomen zu machen.

Multimillionär

Als Jugendlicher war er davon weit entfernt. Für einen Hungerlohn schraubte Taylor Klopapierhalterungen zusammen. Heute ist er, wie er selbst in nahezu jedem Interview stolz betont, Multimillionär. Den Grundstein dafür legte er 1988. Damals spielte der Engländer noch bei der British Darts Organisation (BDO).

Eines Tages im Jahre 1993 hatte Taylor jedoch genug davon, seinen geliebten Sport mit minder talentierten Kneipendartern zu teilen, und war federführend bei der Gründung der Professional Darts Corporation (PDC). Seitdem ging es steil bergauf. Mit dem Sport. Und mit Taylor. Es gibt kein großes Turnier, das er nicht mehrfach gewonnen hat.

Umso mehr schmerzen ihn seine größten Niederlagen: "Das Finale 2007 gegen Raymond van Barneveld hätte ich niemals verlieren dürfen. Wenn es etwas gibt, was ich bereue, dann das." Damals siegte der Niederländer im Sudden Death mit 7:6.

Kein Topfavorit

Wie auch Taylor gehört er bei dieser WM nicht mehr zu den Topfavoriten. Zu groß ist die Dominanz des Niederländers Michael van Gerwen, der 2016 alle TV-Turniere sowie die WM 2014 und 2017 gewann. Auch der Schotte Gary Anderson, Weltmeister 2015 und 2016, ist höher einzustufen als Taylor, der den Titel zuletzt 2013 gewann.

Weit kommen könnte auch Mensur Suljović, der heuer ein starkes Jahr spielte. Der 45-jährige Wiener, der Taylor bereits besiegt hat, liegt in der Weltrangliste auf Platz fünf – direkt vor Taylor.

Letzterer gibt sich vor seinem finalen großen Auftritt locker, er denkt lieber an die Zeit nach der Karriere. "Im Jänner schaue ich in Australien Tennis und Cricket", erzählt Taylor. Zudem wird spekuliert, dass ihn seine Stippvisite nach Down Under ins britische Dschungelcamp führen könnte.

Zuvor hat der Großmeister aber noch einen Wunsch: "Im Finale gegen van Barneveld gewinnen und dann zu 'I used to rule the world' von Coldplay abtreten. Das wäre schön." Und wenn nicht: "Walking in a Taylor Wonderland" wird jedenfalls angestimmt. (sid, red, 12.12.2017)