Kilometerlange Fangnetze sichern im Weltcup die Abfahrten – die Gefahr lauert auf kleineren Bühnen.

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Markus Waldner aus Brixen ist der Renndirektor.

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Die Todesfälle des 17-jährigen Deutschen Max Burkhart und des Franzosen David Poisson (35) in dieser noch jungen Saison befeuern wieder die Sicherheitsdiskussion im Abfahrtsrennsport und so auch beim Weltcup in Gröden, der dieser Tage den Fünfziger begeht. "Auf Weltcupstrecken haben wir mittlerweile einen sehr hohen Standard erreicht, sind auf höchstem Niveau", sagt Markus Waldner, der Renndirektor des Weltskiverbandes (Fis). Mittels Tests und Simulationen werde ständig weiterentwickelt. "Aber natürlich gibt es ein Restrisiko, weil es ein Hochgeschwindigkeitssport ist."

In Modernisierung und Sicherheitsmaßnahmen wird viel investiert, auch in Gröden. "Hier auf der Saslong sind wir sehr sicher unterwegs. Jedes Jahr wird aufgerüstet. Alleine heuer im Sommer haben die Veranstalter 450.000 Euro für nur eine Kurve – bei den Sochers Mauern – investiert." Hier hat man in den letzten Jahren in drei Tranchen rund 2,5 Millionen Euro ausgegeben. Finanziert wird das vom Organisationskomitee, schlussendlich also vom Tal, das vom Sport lebt.

(Zu) viel Geld für einen Skiklub

Solch hohe Kosten können allerdings Veranstalter von weniger bedeutenden Rennen meist nicht annähernd stemmen. "Man hat ein Minimum an Budget. Bei einem Europacuprennen muss man mit 70.000 bis 80.000 Euro für Sicherheit durchkommen. Aber das ist sehr viel Geld für einen Skiklub", sagt Waldner. Sicherheitsstandards bei solchen Rennen sind oft geringer. "In der zweiten Liga muss man daher sehr clever und sensibel bei den Details sein, damit man das Risiko auf ein Minimum reduzieren kann."

Burkhart verunglückte im Training für ein Rennen der Nor-Am-Serie auf der Weltcuppiste in Lake Louise – trotz bester Absicherung. "Er hat großes Pech gehabt", sagt Waldner. Poisson starb auf einer offenbar nicht ideal abgesicherten Trainingsstrecke im kanadischen Nakiska. Dazu will der Renndirektor aus Brixen keine Stellungnahme abgeben, weil er die Sicherheitsvorkehrungen vor Ort nicht genau kennt. Die Skistation in den Rockies bietet Trainings an und sorgt auch für die Absicherung der Piste.

Wichtig ist der Sturzraum. Waldner: "Wir sind da ein bisserl in der Zwickmühle, weil die Fis vorschreibt, dass eine Strecke mindestens 60 Meter breit sein muss." Aber es gibt klassische Strecken wie in Kitzbühel mit wesentlich schmaleren Passagen. "Diese werden aber dementsprechend abgesichert."

A, B oder C

So kommen A-, B- und C-Netze, Air-Fences, also luftgepolsterte Absperrungen und Multidensity-Matratzen, die sich durch hohe Dämpfungseffektivität auszeichnen, zum Einsatz. A-Netze sind meterhohe Hochsicherheitsnetze, B-Netze sind niedrigere Fangzäune, meist in Reihen aufgestellt. C-Netze sind Absperrungen, die Zuseher auf Distanz halten.

Trainingspisten bieten meist nicht die Sicherheit wie im Weltcup. Grund dafür ist nicht, dass hier meist nur B-Netze zum Einsatz kommen, sondern dass diese viel Platz benötigen, der oftmals nicht vorhanden ist. Sie müssen so aufgestellt werden, dass bei einem Sturz die Kräfte ziemlich gleichmäßig absorbiert werden können. "Ist weniger Platz, braucht es Hochsicherheit, und die gibt es eben nicht auf allen Pisten." Die Fis versuche vermehrt, den Nachwuchs auf verkürzten, relativ sicheren Weltcupstrecken starten zu lassen, und habe gerade auch in der Olympiasaison ein Auge darauf, wer sich alles im Weltcup versuchen will. Ist jemand extrem überfordert, untersagt die Jury einen Start.

Die Einführung des Airbags sei ein großer Schritt gewesen: "20 der besten 30 Abfahrer verwenden ihn. Hätte Erik Guay ihn vergangene Saison bei seinem Sturz in Garmisch nicht getragen, wäre er hin gewesen. Eine Woche später ist er Weltmeister geworden." Allerdings sind Airbags noch eher kompliziert in der Handhabung. "Die Hersteller müssen pushen, damit das System einfacher und auch für Europacup und Publikumsskilauf tauglich wird."

Auch Matthias Mayer war nach seinem Sturz auf der Saslong vor zwei Jahren froh, einen derartigen Schutz getragen zu haben. Am Mittwoch im ersten Training für die Abfahrt am Samstag (12.15 Uhr) war der Olympiasieger auf verkürzter Strecke als 13. (+1,15 Sekunden) bester Österreicher, Jared Goldberg (USA) fuhr in 1:27,27 Minuten Bestzeit. (Thomas Hirner aus Gröden, 13.12.2017)