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In den USA gingen zahlreiche Menschen für die Netzneutralität auf die Straße.

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Trotz der US-Kehrtwende wollen EU-Kommission und die deutsche Regierung an der Gleichbehandlung beim Datenverkehr im Internet festhalten. "Wir werden die Netzneutralität in Europa weiter schützen", twitterte der für den Digitalmarkt zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Andrus Ansip, am Freitag.

Die US-Aufsichtsbehörde FCC hatte am Donnerstag die Regel aufgehoben, dass das Internet als öffentliche Dienstleistung eingestuft wird, die allen Nutzern gleichberechtigt zur Verfügung gestellt werden muss.

"Stream On"

Wie umstritten das Thema ist, zeigt auch eine Entscheidung der deutschen Bundesnetzagentur zur Deutschen Telekom. Die Behörde verlangte von dem Bonner Konzern Änderungen am Angebot "Stream On" in bestimmten Mobilfunktarifen, mit dem Filme und TV-Serien im Internet genutzt werden können, dafür aber die Datengeschwindigkeit verändert wird. Die Telekom kündigte rechtliche Schritte dagegen an. In Österreich hat der Mobilfunker A1 ein ähnliches Service seit einigen Wochen im Angebot. Auch hierzulande hat die zuständige Telekombehörde bereits ein Verfahren eingeleitet.

"Das Recht, einen offenen Zugang zum Internet ohne Diskriminierung oder Beeinträchtigung zu erhalten, ist im EU-Recht verankert"

Die EU hatte 2015 beschlossen, dass für die Netzneutralität bestimmte Inhalte durch Netzanbieter nicht blockiert, verlangsamt oder gegen Bezahlung beschleunigt und bevorzugt werden dürfen. "Das Recht, einen offenen Zugang zum Internet ohne Diskriminierung oder Beeinträchtigung zu erhalten, ist im EU-Recht verankert", betonte nun EU-Kommissar Ansip. Das Prinzip ist nach Ansicht der Brüsseler Behörde auch für neugegründete Firmen wichtig, um mit etablierten Unternehmen im Netz konkurrieren zu können. Auch die Bundesregierung stellte sich hinter die bestehenden Regeln. "Es gibt den europäischen Rechtsrahmen", sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Berlin. "Der gilt, und den finden wir weiterhin wichtig".

EU-Kommisar Andrus Ansip zur Netzneutralität.

Die FCC-Entscheidung gilt in den USA als Triumph für Telekomkonzerne wie AT&T, Comcast und Verizon. Anbieter von Inhalten wie die Filmindustrie in Hollywood, Facebook und Google hatten sich dagegen für einen Erhalt der 2015 unter der Regierung des demokratischen Präsidenten Barack Obama erlassenen Vorschrift eingesetzt.

Der von Obamas Nachfolger Donald Trump ernannte FCC-Vorsitzende Ajit Pai hatte indes argumentiert, dies behindere den Wettbewerb. Pais Vorschlag, die Regelung abzuschaffen, wurde nun mit einer Mehrheit der in dem FCC-Gremium vertretenen Republikaner gebilligt. Kleinere Start-up-Unternehmen fürchten, dass ein Mangel an Vorschriften für sie die Kosten erhöhen könnte oder ihre Inhalte gar nicht mehr über das Internet verbreitet werden.

Politik von Donald Trump

Der FCC-Schritt reiht sich ein in mehrere Ankündigungen des Republikaners Trump, Regulierungen seines Vorgängers vom Bankensektor bis hin zum Umweltschutz zurückzudrehen. Vor allem dürfte die Entscheidung nun einen Rechtsstreit nach sich ziehen: Der demokratische New Yorker Generalstaatsanwalt Eric Schneiderman kündigte bereits eine Klage mehrerer Bundesstaaten an. Nach der FCC-Entscheidung gaben die Aktien von Apple und Microsoft nach.

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FCC-Vorsitzender Ajit Pai.
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Die oppositionellen Demokraten hoffen, dass der Beschluss junge Wähler gegen Trump mobilisiert. Die knappe Entscheidung des FCC habe "einen schlafenden Riesen geweckt", sagte die zu den Demokraten gehörende FCC-Vertreterin Jessica Rosenworcel. Studien zufolge ist jungen US-Bürgern, die weit mehr das Internet nutzen als ältere Amerikaner, ein offenes und freies Netz bei ihren Wahlentscheidungen besonders wichtig. (APA, red, 15.12.2017)