Ist kein politischer Aktivist: Toni Polster.

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Wien – Die Wiener Viktoria ist auf der Suche nach ihrem High. Das Team von Trainer Toni Polster grundelt im Mittelfeld der Wiener Stadtliga, erst im Frühjahr kassierte man eine 0:24-Niederlage gegen den SV Wienerberg. Eine Wiederholung des größten Vereinserfolges, des Aufstiegs in die Regionalliga 2013, ist auch in der laufenden Saison eher schwer vorstellbar.

Die Weichen für sportliche Höhen soll jetzt ein neuer Hauptsponsor stellen, der erste unter Obmann Roman Zeisel. Von nun an ziert das bunte Logo von Flowery Field die Dressen des Vereins. Flowery Field ist Österreichs größter Cannabis-Steckling-Produzent – als Hauptsponsor eines Sportvereins also durchaus kontrovers. Beim Verein in Wien-Meidling begegnet man Argwohn mit Lockerheit: "Wir möchten mit dem Thema auch Tabus ansprechen", sagt Zeisel. Die Viktoria sei dafür bekannt, "soziales Engagement im Fußball zu etablieren".

Soziale Viktoria

Dabei schlägt der Unterhausklub in verschiedene Kerben: So werden etwa Deutschkurse für Spieler und Familienangehörige mit Migrationshintergrund angeboten oder Rehabilitierungsmöglichkeiten für Menschen aus dem geschlossenen Vollzug. Im Winter öffnen sich die Sportkabinen in der Oswaldgasse als Schlafmöglichkeiten für Obdachlose. Der Sponsor-Deal mit Flowery Field besagt, dass 30 Prozent der Gelder für wohltätige Zwecke ausgegeben werden müssen.

Dass Cannabis aber auch polarisiert, weiß Zeisel: "Von Elternseite kamen Bedenken, aber die gab es auch bei unserer Obdachlosen-Aktion. Die restliche Vereinsführung wurde informiert und war von Anfang an dafür." Jetzt werde man daran arbeiten, "die Trainer und Mitarbeiter in das Thema einzuarbeiten und zu sensibilisieren".

Ungewöhnlich

Auch Trainer Polster lehnt sich zurück: "Ein Cannabis-Produzent ist ein ungewöhnlicher Sponsor. Aber solange er sich an die Gesetze und Auflagen hält, habe ich kein Problem damit." Als Aktivist für die Cannabis-Legalisierung sieht sich Polster nicht: "Ich bin Fußballtrainer." Probiert habe der 53-Jährige übrigens "noch nie". Das Unternehmen aus Brunn am Gebirge sah sich immer wieder ungewollt in der verrauchten Kriminalecke. Gerade in den Anfängen war die Kriminalpolizei laut Geschäftsführer Alexander Kristen Stammgast.

Die Zeiten hätten sich aber geändert. Der Fokus liegt vor allem auf dem medizinischen Bereich, denn die Stöcklinge selbst taugen im verkauften Zustand noch nicht für einen Rausch. THC entfaltet sich erst in den Blüten. Sport-Sponsoring ist für Kristen jedenfalls Neuland: "Ich möchte einen Schub in Richtung Normalisierung geben. Die Welt geht nicht unter, wenn Flowery Field auf der Bande eines Fußballplatzes steht."

Auch beim Verein relativiert man: "Wenn Bundesligaklubs von Wettanbietern oder Bierherstellern gesponsert werden, ist das völlig normal. Wir sehen da keinen Unterschied", sagt Zeisel. (Andreas Hagenauer, 15.12.2017)