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Achtung, Genie bei der Arbeit: US-Popstar und Produzent Pharrell Williams setzt sich selbst ...

Foto: Reuters / Eduardo Munoz

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... bei Madame Tussauds 2015 in New York einen Pfadfinderhut von Vivienne Westwood auf.

Foto: Reuters / Eduardo Munoz

Wien – Popmusik ist natürlich erst einmal die Kunst der starken Behauptung. Argumentieren und relativieren kann man später immer noch. Oder mit seinem Gesäß wackeln und mit den Gliedmaßen shuffeln und bouncen, dass die Verhältnisse zum Tanzen gebracht werden. Das klingt gut, ist aber natürlich eine Mischung aus heißer Luft und festem Blödsinn.

Pharrell Williams hat in den letzten Jahren deshalb zwei der größten Hits der jüngeren Popgeschichte eingesungen und sich damit einmal grundsätzlich apolitisch gegeben. Get Lucky, der Schrei nach körperlicher Liebe im Rahmen einer Pirsch durch die Nacht, zusammen mit den französischen Disco-Robotern Daft Punk 2013 veröffentlicht, zählt längst zu den zentralen künstlerischen Artefakten der Zehnerjahre.

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An die werden wir uns sehr wahrscheinlich einmal zumindest bezüglich ihres Beginns wehmütig erinnern. Weil alles nämlich den Bach hinuntergehen wird, legte Pharrell Williams, diesbezüglich Böses ahnend, schon im selben Jahr mit dem nicht minder unentrinnbaren Durchhaltesong Happy nach. Der verbreitet derart viel ungewohnte gute Laune, dass einem beim Hören regelmäßig ziemlich entrisch wird.

Wilder Kriegstanz

Bekannt geworden ist Pharrell Williams Ende der 1990er-Jahre gemeinsam mit seinem Partner Chad Hugo als Produktions- und Kompositionsteam The Neptunes. Sie zeichneten unter anderem für Nellys Hit Hot In Herre verantwortlich, der mit seinem spartanischen Sound, stotternden Rhythmen und spartanischen Sounds als ebenso exemplarisch für die Arbeiten von Pharell Williams steht wie etwa I Am A Slave For You von Britney Spears oder diverse Titel von Justin Timberlakes Solodebüt Justified oder Snoop Doggs Drop It Like It's Hot.

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Mit Shae Haley wurde als Trio N.E.R.D. in den Nullerjahren ein weiteres, weniger erfolgreiches Projekt gestartet. Das neue Album No_One Ever Really Dies (N.E.R.D.) startet, politisch bewegter als in der Vergangenheit, dementsprechend markig mit einem Zitat: "The truth will set you free / But first it will piss you off."

Es stammt im Original vom berühmten US-amerikanischen Lebensberater Joe Klaas und nicht, wie mitunter behauptet, von der US-Feminstin Gloria Steinem. Klaas wurde unter anderem wegen seiner "zwölf Schritte zur Glückseligkeit" bekannt. Daraufhin eröffnet Williams gemeinsam mit seinem ersten Gaststar Rihanna in Lemon ein wildes Gebounce zum losen Thema Rassenhass und Polizeigewalt.

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Das dazugehörige Video zeigt – Pop muss ja immer auch gleichzeitig dringlich und ein wenig albern sein -, wie Rihanna einer Tänzerin die lange Mähne schert, woraufhin die Frau total sauer und aggressiv in einem Fahrradshop einen Kriegstanz zu vollführen beginnt, der in schön drapiertem Kunstschweiß endet: "Hate!" Hm.

Gäste werden auch das weitere Geschehen auf diesem nicht einmal so gut gelungenen, aber irgendwie wichtigen Album bestimmen. Der aus der Alten Welt stammende Songwriter-Pumuckl Ed Sheeran schaut nach seinen aktuellen Duetten mit Taylor Swift, Beyoncé und Eminem auch bei Williams für ein etwas blutarmes Stück Plastiksoul vorbei.

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Kendrick Lamar, der aktuelle Weltmeister in den diversen Spielarten afroamerikanischer Musiken (To Pimp A Butterfly von 2015!), ist gleich zwei Mal vertreten. Rebellen-Rapperin M.I.A. sorgt ebenso für Roughness und Credibiltiy wie André 3000 von Outkast. Jüngere Stars wie Future oder Gucci Mane sollen ein junges Publikum anlocken. Musikalisch allerdings verharrt Williams hier mit quietschvergnügt rumpelnden und viel Freiraum lassenden Tracks auf einem vor eineinhalb Jahrzehnten entwickelten Sound.

In Deep Down Body Thurst geht es pflichtschuldig gegen Trump: "Oh you won't get away / The way you treat Islam / Oh you won't get away / Jesus will open his arms / Oh you won't get away (hey hey) / Mr. Wizard of Oz." Das ist ein bisschen aufgesetzt. Aber es rumpelt. (Christian Schachinger, 19.12.2017)