Ob Sportverein, Blasmusik oder Feuerwehr: Vorarlberger Vereine werden für Inklusionsideen geehrt.

Foto: Alexandra Serra

Bregenz – Während die neue türkis-blaue Bundesregierung das "Sonderschulwesen erhalten und stärken" und die Kriterien für Inklusion präzisieren will, hält man in Vorarlberg am Ziel Inklusion fest. Es gehe nicht um Separieren, es gehe um das Integrieren, sagt Landesrat Christian Bernhard (VP). Für ihn steht fest: "Es gibt kein Absondern von Menschen mit Behinderungen." An der Bundesregierung übt er leise Kritik: "Vielleicht ist ihnen in der Eile keine bessere Formulierung eingefallen."

In Vorarlberg ist man über das Formulieren längst hinaus. Vor zehn Jahren wurde aus dem Behindertengesetz das Chancengesetz. Die neue Bezeichnung sei der Beginn für eine grundlegende Veränderung gewesen, sagte Landeshauptmann Markus Wallner (VP) am Dienstag bei der Präsentation des aktuellen Integrationshilfeberichts. Ziel der Landesregierung sei, Menschen mit Behinderung ein eigenständiges Leben mit gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen.

Ziel Eigenständigkeit

78 Millionen Euro stehen 2018 für die Integrationshilfe im Landesvoranschlag, knapp 10.000 Menschen bekommen Leistungen aus diesem Budgetposten. Mehr als die Hälfte des Betrags wird in Wohnen und gesellschaftliche Teilhabe investiert. Auch bei der Schaffung von Wohnraum gilt des Prinzip Inklusion: Die Möglichkeit zu selbstständigem Wohnen soll allen offenstehen.

Im sozialen Wohnbau werden barrierefreie Wohnungen errichtet, Menschen mit Behinderung sind dort eigenständige Mieterinnen und Mieter, wird Betreuung benötigt, organisiert das die Integrationshilfe. Fachbereichsleiterin Elisabeth Tschann kündigt aber auch den Ausbau stationärer gemeinschaftlicher Wohnformen an, da der Bedarf altersbedingt steige.

Eine wesentliche Voraussetzung für Inklusion sei die gesellschaftliche Teilhabe in allen Bereichen, nicht nur bei Arbeit und Wohnen, sagt Landesrat Bernhard. Hilfe leisten dabei persönliche Assistentinnen und Assistenten. "Flächendeckend und kostenfrei", dieses Ziel habe man 2017 erreicht, ist Bernhard stolz. Über den Verein "Persönliche Assistenz Vorarlberg" wird Assistenz vermittelt und der Pool organisiert. Begleitet wird bei sportlichen und kulturellen Aktivitäten, beim Ehrenamt, im Urlaub oder im Alltag als Unterstützung bei der Kinderbetreuung.

Mindestsicherung – abwarten

Erneut abgelehnt hat die Landesregierung die Forderung des Landesvolksanwalts, den Pflegeregress für Menschen mit Behinderung abzuschaffen. Für Menschen, die Betreuung nicht aus eigenem Einkommen und Förderung finanzieren können, gebe es die Mindestsicherung. Deren Kürzung und geplante Deckelung dürfe aber keine negative Auswirkung haben, sagt Wallner. Er rät zur Geduld. Man solle abwarten, was die neue Bundesregierung konkret vorschlage.

Der Landeshauptmann spricht sich für eine bundesweite Regelung der Mindestsicherung mit "etwas regionalem Spielraum" aus. Für Vorarlberg bedeute das die Berücksichtigung der hohen Wohnkosten bei der Berechnung der Mindestsicherung. (Jutta Berger, 19.12.2017)