1. Wo sich Marktforschung wirklich lohnt

Kronehit ist schon in ganz normalen Jahren ein wirtschaftliches Schmuckstück des Mutterkonzerns Mediaprint. 2017 aber könnte Österreichs bisher einziger bundesweiter Privatsender sein ohnehin schon stolzes Ergebnis noch verdoppeln – dank Marktforschung. Wenn auch nicht im herkömmlichen Sinn.

Österreichs größtes Verlagshaus Mediaprint schafft rund 21 Millionen Euro Ergebnis (2015/16) – mit Österreichs größter Tageszeitung "Krone", dem "Kurier" und rund 1.700 Mitarbeitern. Das sind rund fünf Prozent der jährlichen Einnahmen von zuletzt 421 Millionen Euro.

Die kleine Kronehit Radio BetriebsgmbH liefert 5,3 bis 5,5 Millionen Euro Ergebnis vor Steuern – und das sind gut 22 Prozent ihrer Einnahmen von rund 24,8 Millionen Euro (2016). 2017 allerdings könnten daraus um die zehn Millionen Euro werden.

Der Kronehit-Musikchannel scheint mir passend betitelt.
Foto: Kronehit

Wie das? Das Marktforschungsinstitut GfK hat in diesem Jahr Radiosendern Schadenersatz in ansehnlicher Millionenhöhe überwiesen für die jahrelange "Glättung" von Radiotest-Ergebnissen. Die Glättungen sollen Kronehit letztlich am meisten geschadet haben, daher auch die höchsten Schadenersatzsummen.

Offizielle Stellungnahmen zu diesen auf mehreren Quellen beruhenden Informationen waren um die Feiertage nicht zu bekommen.

2018 könnte sich die Alleinstellung von Kronehit als einziges bundesweites Privatradio – wenn man von Ö3 absieht – einem Ende zuneigen: Wolfgang Fellner hat sich ja eine bundesweite Lizenz vorgenommen; wer bei der nötigen technischen Reichweite helfen könnte, stand schon vor zwei Wochen in der Etat-Wochenschau.

2. Back in Black: "Profil", "News" und eine Option

Wo wir schon beim Lohnen, bei Fellner und dem Dazwischenfunken sind: "Profil"-Chefredakteur Christian Rainer kündete bei der Weihnachtsfeier vor toute Vienne, jedenfalls vor der politmedialökonomischen Blase, von einem guten Jahr für die Dauerleihgabe der "Kurier"-Eigentümer an die Verlagsgruppe News. Nach roten Zahlen 2016 schreibe "Profil" ein "erkleckliches", schwarzes Ergebnis.

Die Verlagsgruppe News insgesamt erwartete schon nach drei Quartalen für 2017 ein positives Ergebnis. Schwierig indes blieb 2017 das Verhältnis der neuen Mehrheitseigentümer, Horst und Georg Pirker, zu den Gründern der Verlagsgruppe. Die Fellners prozessierten wie berichtet im Gesellschafterkreis über die wirtschaftliche Entwicklung und die Besetzung von News-Gesellschaften in den vergangenen Jahren.

Horst Pirker könnte, wie Etat-Wochenschau-Leser wissen, dem "Kurier" seine noch 25,3 Prozent an der Verlagsgruppe News abnehmen. Das würde über eine Option noch aus den Zeiten der Formil-Fusion funktionieren (mehr dazu hier), und 2018 gäbe es dafür eine Gelegenheit. Aber: Da könnten, wenn ich die Gesellschaften richtig überblicke, womöglich die Fellners als Mitgesellschafter dazwischenfunken. Und das taten sie zuletzt ganz gern, wenn es um die Verlagsgruppe News ging. Und nicht nur im Radio.

3. Hol dir, was dir zusteht: "Brutales Duell um Wien"

"Österreich" hat bei Konkurrent "Heute" eine aus seiner Sicht ungewöhnliche Häufung von Inseraten der Stadt Wien beobachtet und interessante Erklärungen für Buchungen über das bei "Krone", "Österreich" und "Heute" üblich hohe Maß hinaus gefunden:

"Österreich" vs. "Heute" in der Weihnachtsausgabe.
Foto: Faksimile Österreich

Gleich neben dem "Inseraten-Skandal" rechnet Österreich vor, warum der andere, jedenfalls auch "Österreich" (und der "Krone") sympathischere Kandidat die Abstimmung über den SPÖ-Vorsitz in Wien gewinnen wird.

"Wird da jemand nervös?", fragte daraufhin am 24. Dezember um 16.18 Uhr "Heute" per OTS-Aussendung zu den aus seiner Sicht "absurden Sudeleien".

Ein Auszug aus der "Heute"-Reaktion (Beistrichfehler hoffentlich korrekt korrigiert): "Es gab keinen Deal, es gibt keinen Deal, und es wird auch keinen Deal geben, weder für noch gegen einen Kandidaten. Wer in der Lage ist, 'Heute' sinnerfassend zu lesen, weiß, dass die politische Berichterstattung, national und lokal, stets ausgewogen ist. Jeder Politiker oder politische Experte ohne Brett vorm Kopf bestätigt das."

Und, so die "Heute"-Aussendung weiter, bekomme "Österreich" um "ein Vielfaches mehr öffentliches Inseratengeld, als ihm aufgrund der Leserzahl zustehen würde."

Die "Krone" lobt einstweilen ungerührt "mit Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ)" insgesamt 10.000 Euro für "visionäre Wohnideen" aus – von "Wohnwaggon bis Boot".

Sollen die Gratisblätter um Wiener Inserate streiten – die "Krone" schreibt mit Ludwig Preise aus.
Foto: Krone Faksimile

Für 5.000 Euro plus zweimal 2.500 Euro würden sich eher wenige visonäre Inseratenideen in der "Krone" ausgehen.

4. Ein TV-Sender für T-Mobile

Für flotte 1,9 Milliarden Euro übernimmt die deutsche Telekom in Gestalt von T-Mobile Österreich mit der UPC Austria nicht nur ein meist sehr schnelles Glasfasernetz und 512.000 Internetkunden, 450.000 Festnetzverträge, 56.000 Mobilkunden und 373.000 Premium-TV-Verträge (überschneidend, Stand Ende September). Sondern auch einen TV-Sender – oder zumindest seine Finanzierung.

Die Stadt Wien hat seit Urzeiten eine Beteiligung am Wiener TV-Kabelnetz – also noch der Elektronikkonzern Philips das Netz aufbaute und betrieb. Bis heute gehören der stadteigenen Wien Holding über ihre Medientochter WH Medien fünf Prozent an der UPC Telekabel Wien GmbH.

Die UPC finanziert deshalb zu wesentlichen Teilen den Wiener Stadtsender W24 TV, dessen Sinnhaftigkeit zuletzt der Wiener Stadtrechnungshof infrage stellte. Jedenfalls bis 2023 ist der lineare Betrieb von W24 vertraglich mit dem Kabelnetzbetreiber UPC fixiert, erklärte daraufhin WH-Medien- und W24-Geschäftsführer Marcin Kotlowski. Es könnte auch schon Ende 2022 sein, fand ich in meinen Notizen.

5. Türkis-Blau und die Medienbehörde(n)

"Neue Organisationsstruktur der ausgelagerten Gesellschaften, Behörden und Fördertöpfe (RTR, KommAustria etc.)" steht im Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ, und zwar im Medienkapitel. Die Idee könnte jedenfalls auch einen Telekom-Aspekt haben – in Sachen Digitalisierung kündet das Programm von "Strukturbereinigung im Bereich der bestehenden Beiräte und Plattformen – Prüfung der Einrichtung einer Digitalisierungsagentur (inklusive Eingliederung bestimmter Behörden)". Möglicher Gedanke: Die Telekomhälfte der RTR GmbH könnte einer Art Bundesnetzagentur zugeschlagen werden. Aber da bewege ich mich auf mir kaum bekanntem Terrain.

Der Rechnungshof könnte zu einer Neuordnung der Behörden einiges beisteuern, höre ich: Die Staatsprüfer haben sich diverse ausgelagerte Kontrollore näher angesehen, der einschlägige (Roh-)Bericht soll ziemlich weit gediehen sein.

6. Wiener Zeitung, hoffnungsfroh

Die staatliche "Wiener Zeitung" ging – ein Regierungsprogramm ohne Pflichtinserate im Republiksblatt im Gepäck – erfreulich unverdrossen mit einer hoffnungsvollen Schlagzeile in die Weihnachtsfeiertage:

"Wiener Zeitung" mit hoffnungsvoller Schlagzeile.
Foto: Wiener Zeitung Faksimile

Die Titelstory befasste sich allerdings mit den Regierungsplänen für flexiblere Arbeitszeiten.

7. Die Wochenschau-Jobberatung

Und wo bleibt der ORF? Zehn Tage nach Dienstantritt einer neuen Bundesregierung, gar von ÖVP und FPÖ, eine mehr als berechtigte Frage. Für den ORF, aber auch für den einen oder anderen, den Sozialdemokraten zugerechneten Hoffnungsträger.

Nein, ich meine nicht Alexander Wrabetz. Ich habe gerade erst entdeckt, dass der Job des EBU-Generaldirektors – also der europäischen Vereinigung der öffentlich-rechtlichen und staatlichen Sender – längst an einen anderen Gebührensenderchef eines kleinen, recht neutralen Landes ging, das einen politischen Machtwechsel hinter sich hat: Noel Curran, 1967 geboren, also etwas jünger als Wrabetz und zuvor Chef des irischen Rundfunks RTE, ist seit September EBU-Generaldirektor.

Nach dem Wahlsieg der ÖVP und schon in der heiteren Harmonie der Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ schien klar: der bekennende Sozialdemokrat, wiewohl nicht Parteimitglied, Roland Brunhofer geht sich nicht mehr aus als Channel-Manager von ORF 2, für den er schon eine kleine Ewigkeit als fix gehandelt wurde.

ORF-General Alexander Wrabetz und Sendungsentwickler Roland Brunhofer in einem sichtlich entspannten Moment auf dem Großglocker zum Start von "Daheim in Österreich" als nun mobil gemachte Vorabendillustrierte.
Foto: ORF/Zach-Kiesling

Aber: Es gibt Bürgerliche mit ausgezeichnetem Draht zu Sebastian Kurz, Gernot Blümel und Elisabeth Köstinger, die zum Stichwort Brunhofer ins Schwärmen kommen. Über dessen exakte Kenntnis von Abläufen und Organisation und Kosten im ORF zum Beispiel – ob etwa ein tagtäglich fix gebuchter Putztrupp zwischen Sendung A und Sendung B tatsächlich putzen kann oder ob das Studio mangels zeitgerechter Sendepause für Mopp und Sauger da gänzlich unzugänglich ist.

Ich frage mich da, überspitzt wie üblich: Ist ein durch Österreich tourendes, angemietetes Lkw-Studio für die ganze ORF-Daytime die einfachste Antwort auf dieses organisatorische Dilemma? Brunhofer scheint seinen Zugang jedenfalls schlüssig und vor allem sehr entschieden zu vertreten.

Der – oft im Fernsehen spielentscheidenden – Vorabendquote hat die Idee mit dem mobilen Studio in der Abenddämmerung jedenfalls nicht rundweg geschadet, versicherte ORF-Chef Alexander Wrabetz seinen Publikumsräten zuletzt: "'Daheim in Österreich' – ja, da liegen wir leicht unter dem Vorjahr und nähern uns dem Wert an (...) Ich gehe davon aus, dass wir zu Jahresbeginn die Vorjahreswerte erreichen mit 'Daheim in Österreich'." Jahresbeginn meint 2018, mehr als vier Monate nach der Mobilmachung der Sendung.

Womöglich aber reicht der präzise Einblick des – derzeit, abgesehen von der Sendungsleitung, als ORF-Sparmeister ("Transformer") eingesetzten – Brunhofer in ORF-Kostenposten dennoch nicht mehr ganz für das Channel-Management des reichweitenstärksten und zudem über die wichtigsten ORF-Informationssendungen verfügenden ORF-Kanals. Obwohl: Genau das könnte in der neuen Regierung einen bestechend perfiden Charme entwickeln.

Die Wochenschau-Jobberatung für Over-Achiever und High Potentials hat aber für solche fraglichen Fälle den einen oder anderen Plan B entwickelt, wie sie derzeit auf dem Küniglberg recht beliebt sind.

Wie wäre es zum Beispiel mit Roland Brunhofer als Technik-Direktor? Der 2016 unterlegene ÖVP-FPÖ-Generalskandidat Richard Grasl schlug in seinem Konzept vor, die ORF-Technik zu zerlegen und Programmdirektionen zuzuordnen. Die rote ORF-Technik und ihre Betriebsräte im Stiftungsrat, einer davon war bis 2011 auch der heute amtierende ORF-Technikdirektor, entschieden schon manche ORF-Generalswahl.

Der langjährige Betriebsrat und Gewerkschafter Brunhofer hat schon ein ORF-Landesstudio (Salzburg, als Landesdirektor) recht radikal umorganisiert. Der hemdsärmelig-bullige Zupacker würde wohl auch nicht vor der ORF-Technik zurückschrecken, die gerade ihren selbst gewählten Direktor grillt. Womöglich als Manager einer Auslagerung von Teilen der Technik, als Dienstleister für ORF und andere Medien.

Brunhofers jüngster (jedenfalls nachvollziehbarer) Streit indes weist Richtung Programm. Im Programmausschuss des ORF-Stiftungsrats am 20. Dezember griff Christiana Jankovics Brunhofer laut Sitzungsteilnehmern recht forsch an. Vorwurf, kolportiert: Brunhofers brachialer Führungsstil, der Jankovics als Betriebsratschefin TV-Programm und Gewerkschafterin bei einem Gewerkschafter und Exbetriebsrat, sagen wir, auffiel. Augenzeugen fanden Brunhofers Reaktion "schräg und unangenehm" – rote Räte indes fanden Brunhofer souverän. Schon im ORF-Publikumsrat reagierte Brunhofer im September überraschend schroff auf Kritik von Mitgliedern eines Aufsichtsorgans.

Aber Obacht: Die Wochenschau-Jobberatung denkt nur laut und ungefragt über mögliche Einsatzgebiete von Menschen nach, die nicht ideal in Entwicklungen der Mitwelt zu passen scheinen ("Die Zeit" würde da vielleicht, für mich faszinierend antiquiert, von "Zeitläuften" schreiben). Wer weiß schon genau, was die türkis-blaue Zukunft bringt? (Harald Fidler, 27.12.2017)