Die "Universitätsfinanzierung neu" bringt weniger Budget für künstlerische Fächer.

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Erinnern wir uns: Ende Juni wurde vom Nationalrat das Universitätsbudget beschlossen, das den Universitäten die Planbarkeit ihrer Mittel bis 2021 sicherstellen soll. Kritik kam vonseiten jener, die mit dieser Budgetzusage eine – wie sich jetzt herausstellt – asymmetrische Verteilung dieser Mittel auf die Universitätslandschaft erreichen wollten. Man spricht seit geraumer Zeit von "Studienplatzfinanzierung", die von den Universitätsleitungen wohl deshalb nicht als Bedrohung aufgefasst wurde, weil der damalige Wissenschaftsminister klar davon sprach, dass "die berühmten 510 Millionen Euro, zu denen sich der Finanzminister auch bereits bekannt hat", für die Verbesserung der Betreuungsverhältnisse von Lehrenden gegenüber Studierenden gedacht sind. Man durfte daher davon ausgehen, dass der übrige Teil von mehr als 800 Millionen Euro für den laufenden Betrieb allen Universitäten gleichermaßen fair zur Verfügung stehen würde.

Eigenwillige Fächergewichtung

Nun stellt sich aber heraus, dass die 510 Millionen Euro zur Sanierung der überlaufenen Universitäten mit ihren sogenannten Massenfächern bei weitem nicht ausreichen, und man greift daher in die Globalbudgets anderer Universitäten, deren Sanierungsbedarf geringer erscheint. Selbstverständlich klingt das im offiziellen ministeriellen Jargon ganz anders: Die "Universitätsfinanzierung neu" soll größeren Studierendenbezug, Kapazitätsorientierung, mehr Wettbewerb und mehr Transparenz bringen, führt letztlich aber zu nichts anderem als zu einem Bewertungssystem mit einer recht eigenwilligen Fächergewichtung mit mehr oder weniger "Fächergruppenspreizung", deren allzu gewagte Budgetresultate mittels "Dämpfung und Schwellenwerten" ein wenig eingedämmt werden.

Wer darin ein gar sehr willkürliches Wechselspiel der Fächergewichtungen vermutet, wird durch die Genese der Gewichtungsfaktoren bestätigt. Grundsätzlich sei angemerkt, dass laut ministerieller Quelle die Fächergruppengewichtung mittels Zuordnung über das ISCED-Schema erfolgt. ISCED, die internationale Standardklassifikation im Bildungswesen, ist ein Instrument der Statistik und dient dem internationalen Vergleich von Bildungsabschlüssen, nicht jedoch der Ermittlung des finanziellen Aufwands für die Curricula an Universitäten.

Divide et impera

Ein wesentliches Ergebnis dieser Bewertungsmethode lässt sich mit den Mitteln des gesunden Hausverstands klar ablesen: Jene Universitäten, die von jeher Eignungsprüfungen für Studienwerberinnen und -werber vorsehen, die seit Jahrzehnten konstant relativ geringe Drop-out-Raten vorweisen können, die vergleichsweise paradiesische Betreuungsverhältnisse vorweisen können, die von jeher mit Besonnenheit budgetieren und bilanzieren (müssen), sie zählen zu den großen Verlierern der "Universitätsfinanzierung neu". Sie werden keinen Cent für besseres Kapazitätsmanagement aus den "berühmten 510 Millionen Euro, zu denen sich der Finanzminister auch bereits bekannt hat", erhalten, sollen aber zusätzlich auch dadurch schlechtergestellt werden, dass durch die für künstlerische Fächer nachteilige Gewichtung ein um mehr als zehn Prozent geringeres Globalbudget erreicht würde als in der Leistungsvereinbarungsperiode davor. Dies ist der konkrete Wert für die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, die größte Kunstuniversität Österreichs.

Die erwähnte Dämpfung und Anpassung an Schwellenwerte findet sich zurzeit weder in der Regierungsvorlage zur Studienplatzfinanzierung noch in Verordnungsentwürfen. Hinzu kommt, dass die geplante Novelle des Universitätsgesetzes Verordnungsermächtigungen enthält, die den Verhandlungsspielraum für die Leistungsvereinbarungen zwischen Rektorinnen, Rektoren und der Regierung empfindlich einengen. Der Budgetrahmen soll inhaltlich so determiniert werden, dass letzte Reste einer Verhandlungsautonomie realpolitisch beseitigt werden. Es ist mehr als erstaunlich, dass die Universitätenkonferenz, also die Gesamtheit der Rektorinnen und Rektoren aller österreichischen Universitäten, dagegen nicht protestiert. Es ist weniger erstaunlich, dass die Universitätenkonferenz zur konkreten Ausgestaltung der Studienplatzfinanzierung über dubiose Fächergewichtungen keine einheitliche Linie gefunden hat. Divide et impera (teile und herrsche) hat perfekt funktioniert.

Auf Kosten der Kunst

Bedauerlich und symptomatisch ist, dass künstlerische Fächer auf höchstem Ausbildungsniveau respektlos mittels billiger Rechenoperationen herunterdekliniert werden sollen und dadurch Finanzierungsengpässe entstehen werden, die zu einer Reduktion des Studienangebots beziehungsweise der Qualität führen müssen. Von der vollmundig verkündeten Durchfinanzierung und wirtschaftlichen Absicherung der Universitäten kann keine Rede sein, wenn ein paar wenige etwas bekommen, was anderen weggenommen wurde.

Die neue Regierung sollte diese Gesetzesnovelle verwerfen und die Finanzierung der Universitäten endlich auf ein solides Fundament stellen. Da 2004 bei Inkrafttreten des Universitätsgesetzes ein Kassasturz verabsäumt wurde, wäre jetzt ein geeigneter Zeitpunkt gekommen, die wirklich erforderliche Aufstockung endlich nachzuholen. Die Größenordnung der bisherigen Globalbudgets wird dafür sicherlich nicht reichen. Zur Orientierung sei an das Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erinnert.

Bittere Wahrheiten

Es ist richtig, dass insbesondere die "großen" wissenschaftlichen Universitäten mit ihren Kapazitätsproblemen seit Jahrzehnten von den politischen Entscheidungsträgern im Regen stehen gelassen werden und deshalb eine nachhaltige Kurskorrektur fordern. Deren Forderung ist richtig und legitim.

Es stimmt auch, dass die tragende Säule dieses fortgeschriebenen Missstands, nämlich das Universitätspersonal mit seiner erhöhten Verwaltungs-, Forschungs- und Lehrverpflichtung im Rahmen von aneinandergereihten prekären Arbeitsverhältnissen mit flachen Einkommenskurven die Betriebserfolge der tertiären Bildungseinrichtungen mit letzter Kraft sicherstellt. Das ist wahr, aber nicht richtig und nicht legitim.

Mit dem Modell der Studienplatzfinanzierung würde an beiden dieser bitteren Wahrheiten nichts Grundlegendes geändert, sondern lediglich kosmetisch geschönt. Die Fächergewichtung formuliert Wünsche ans Christkind und ignoriert das spezifische Gewicht von Fächern und Disziplinen. Das ist keine wissenschaftliche Analyse, sondern bleibt fadenscheinig und naiv. Es bleibt hingegen zu hoffen, dass mit der Wahl der Rektorin der Akademie der bildenden Künste, Eva Blimlinger, zur neuen Vorsitzenden der Universitätenkonferenz ein Signal verbunden ist, das in der Lage ist, den Raum für mehr Fairness, Respekt und Kompetenz auszuleuchten. Erst im nächsten Schritt kann mit den politisch Verantwortlichen ein Dialog begonnen werden, der sich in den nächsten Jahren wohl schwieriger gestalten wird als jemals zuvor. (Stefan Schön, 28.12.2017)