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Auf ein erfolgreiches Jahr 2018: Die Chancen für Putin bei der Wahl sind mehr als ausgezeichnet.

Foto: Foto: Reuters / Kirill Kudryawtsew

Die zentrale Wahlkommission Russlands hat am Donnerstag Wladimir Putin erlaubt, seine Kampagne für die Anfang März stattfindende Präsidentenwahl zu starten. Der Amtsinhaber hatte seine Papiere überhaupt erst am Vortag abgegeben. Der Kreml-Chef wusste allerdings bereits da: "Wir haben alles unter Kontrolle."

Als formal "unabhängiger Kandidat" muss Putin nun mindestens 300.000 Unterschriften sammeln, um sich endgültig auf die Wahlliste setzen zu lassen. Für den Kreml-Chef mit seinen umfangreichen administrativen Ressourcen ist dies im Gegensatz zu den meisten der derzeit noch verbliebenen 24 Herausforderer kein Problem. Im Gegenteil: Putin hat bewusst auf eine Parteikandidatur durch Einiges Russland verzichtet, um mit der Unterschriftensammlung die Wählermobilisierung voranzutreiben.

Kampf um Wahlbeteiligung

Denn nicht das Wahlergebnis, sondern die Wahlbeteiligung ist das Hauptproblem des Kreml: Einer Umfrage des der Präsidialadministration nahestehenden Meinungsforschungsinstituts FOM zufolge liegt Putin in der Sonntagsfrage bei 69 Prozent – gleichbedeutend mit einem klaren Sieg in der ersten Runde, wenn auch kein Rekordergebnis (2004 holte er 71,3 Prozent). Gleichzeitig bekundeten im Dezember aber nur 55 Prozent der Befragten, überhaupt wählen gehen zu wollen. "Veranstaltet der Kreml nicht Ende Februar oder Anfang März noch ein großes Informationsspektakel, wird die Beteiligung beispiellos niedrig ausfallen", prognostiziert der Moskauer Politologe Kirill Rogow.

Grund der Wahlmüdigkeit: Das Ergebnis ist absolut vorhersehbar. Nach 18 Jahren Putin und einem weitgehenden Medienmonopol des Kreml ist die politische Arena leergefegt. Auch der Wahlkampf selbst droht langweilig zu werden. Der lautstärkste Putin-Kritiker Alexej Nawalny wurde vorsorglich von der Wahlkommission aussortiert und droht nun mit Wahlboykott. Dabei hätte sein Antreten wohl kaum eine Gefahr für Putin bedeutet.

Spannender als die Wahl ist daher, welchen Kurs der neue alte Präsident einschlägt. Speziell um die Figur des Premiers ranken sich Spekulationen: Dmitri Medwedew ist viel unbeliebter als sein Chef und gilt den Russen als verantwortlich für die wirtschaftliche Misere und die seit vier Jahren fallenden Realeinkommen. Ein Wechsel des Premiers könnte daher Putins Wahlkampf pushen.

Zugleich würde der neue Premier auch signalisieren, in welche Richtung Putin weitergehen will. Mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu, Rosneft-Präsident Igor Setschin oder aber dem aufstrebenden Gouverneur Tulas Alexej Djumin würde Putin auf eine weitere Stärkung der Sicherheitsorgane setzen; mit Duma-Chef Wjatscheslaw Wolodin oder Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin auf gut vernetzte Bürokraten und Wirtschaftsfunktionäre; mit Zentralbankchefin Elwira Nabiullina auf eine bedingt Liberale. Auch Industrieminister Denis Manturow wird bei Kreml-Astrologen als möglicher Premier gehandelt.

Nachfolge noch ungeklärt

Die Personalie ist auch für die Zukunft wichtig: Laut Verfassung darf der dann 71-jährige Putin 2024 nicht noch einmal antreten. Ein neuer Premier könnte also jetzt als Nachfolger Putins aufgebaut werden. Dementsprechend haben sich die einzelnen Clans bereits in Stellung gebracht. Der Prozess gegen Ex-Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew, bei dem zuhauf kompromittierendes Material an die Öffentlichkeit kam, zeugt von diesem Machtkampf.

Deswegen ist es keineswegs ausgemacht, dass die Machttransition stattfindet. Putin kann die verschiedenen Kreml-Clans austarieren, andere Kandidaten noch nicht. Und so wurde zuletzt auch wieder eine erneute Verfassungsänderung ins Spiel gebracht. Die derzeitige Verfassung sei "zu liberal", urteilte der Duma-Abgeordnete Wladimir Borko. Bei der letzten Änderung wurde die Amtszeit des Präsidenten auf sechs Jahre angehoben. Möglich, dass nun die Beschränkung auf zwei Amtszeiten (hintereinander) fällt. (André Ballin aus Moskau, 29.12.2017)