Dieses Bild zeigt König Abdullah II (rechts) und Kronprinz Hussein bin Abdullah II. Der Kronprinz soll eine bedeutendere Rolle im jordanischen Militär einnehmen.

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Jordanien dementiert alle Gerüchte über Putschgefahr und Zerwürfnisse in der Königsfamilie – aber meist ist ja, wo es Rauch gibt, zumindest ein kleines Feuer vorhanden. Die Geschichte begann, international fast unbemerkt, bereits vergangenen Donnerstag, als die jordanischen Medien völlig unaufgeregt folgendes berichteten: König Abdullah II. habe seine beiden Brüder, Faisal bin Hussein und Ali bin Hussein, sowie seinen Cousin Talal bin Mohammed aus der Armee in den Ruhestand entlassen. Der Grund dafür seien Umstrukturierungen.

Faisal, geboren 1963, ist der jüngere Vollbruder Abdullahs (das heißt, sie haben dieselbe Mutter), er ist theoretisch immerhin der 3. in der Thronfolge. Ali, geboren 1975 – etwas früh, um in Pension zu gehen – ist ein Halbbruder, und der entlassene Talal ist auch erst 52. Die Armee dementierte entschieden alle Gerüchte, dass die drei verhaftet worden seien. Hussein bin Abdullah, der Sohn des Königs und Kronprinz, werde in Zukunft eine bedeutendere Rolle im jordanischen Militär einnehmen, heißt es aus Jordanien, deshalb die Revirements.

Vielsagende Neujahrskarte

Jeder, der dieses Jahr eine Karte des Königs mit Neujahrswünschen bekommen hat – wie die STANDARD-Redakteurin –, ist davon nicht überrascht. Traditionell zeigen diese Karten den König mit Gattin und Kindern, wobei der Kronprinz, Hussein, in den letzten Jahren separat grüßen darf, neben den von Abdullah und Rania (natürlich maschinell) unterschriebenen Wünschen. Heuer wird die Karte aus einer Bildkombination von jungen Männern in Militäruniform geziert: Links der 1999 verstorbene König Hussein, in der Mitte König Abdullah, rechts Kronprinz Hussein. Schwarz-weiß und ziemlich martialisch. Die Wünsche stammen von Abdullah und Hussein, Königin Rania kommt nicht mehr vor, weder mit Bild noch mit Signatur.

Die Neujahrswunschkarte zeigt den verstorbenen König Hussein, König Abdullah und Kronprinz Hussein (v.l.n.r.).
Foto: Harrer

Die Karte drückt Kontinuität aus, Abdullah als Brücke zwischen dem charismatischen König Hussein und seinem Enkel, der den gleichen Namen trägt. König Hussein hatte sich allerdings gewünscht, dass auch noch sein jüngerer Sohn Hamza, inzwischen 37, bei der Thronfolge berücksichtigt wird. Vereinzelt gibt es Stimmen im Königreich, die sich Hamza auf dem Thron wünschen.

Kontakte zu Saudi-Arabien?

Aber Abdullah ist dabei, seine eigene Linie abzusichern – und das in sehr unsicheren Zeiten. Laut Gerüchten steckt hinter dem Zerwürfnis mit seinen Brüdern und dem Cousin eine jordanisch-saudische Meinungsverschiedenheit. Faisal, Ali und Talal sollen Kontakte zu Saudi-Arabien gehabt haben, die dem König nicht gefielen. Manche Berichte verstiegen sich auch in eine drohende Putschgefahr. Wie gesagt: alles dementiert, nichts bewiesen.

Der Grund, warum Abdullah mit Saudi-Arabien – genauer gesagt dem dortigen Kronprinzen Mohammed bin Salman – hadern soll, sitzt in Washington: US-Präsident Donald Trumps Nahostplan, der den israelisch-palästinensischen Konflikt lösen und dadurch eine israelisch-arabische Allianz gegen den Iran erlauben sollte. Zwar ist dieser "great deal" durch Trumps eigene Politik – die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt – nun noch schwerer zu erreichen als zuvor. Aber in der letzten Zeit mehrten sich die Gerüchte, worum es ging – und dass die Saudis bereit waren, Trumps Plan prinzipiell zu unterstützen.

Palästinensische Hauptstadt Abu Dis

Die Idee sei ein palästinensischer Minimalstaat mit Abu Dis, im Osten von Jerusalem, als Hauptstadt. Für die Jordanier so brisant wäre nicht nur der Verlust Ostjerusalems gewesen, sondern auch die Tatsache, dass diese neue palästinensische Entität die alte Linie der israelischen Rechte mit einbezogen hätte, dass die Palästinenser ja eigentlich schon einen Staat haben: nämlich Jordanien. Jordanien hat tatsächlich eine palästinensische Bevölkerungsmehrheit – und es gibt "echte Jordanier", die darüber gelinde gesagt nicht glücklich sind.

Was die Prinzen Faisal, Ali und Talal dazu bewegen hätte sollen, sich von Saudi-Arabien diplomatisch vereinnahmen zu lassen, ist natürlich unbekannt. Vielleicht reicht dazu eine Unzufriedenheit mit dem König, die in ganz anderen Bereichen angesiedelt ist. Und vielleicht hat sich König Abdullah auch nur ein Beispiel am saudischen Kronprinzen genommen: Er wollte der lieben Verwandtschaft wieder einmal klar machen, wer der Herr im Haus ist. (Gudrun Harrer, 31.12.2017)