Diplomat Peter Launsky-Tieffenthal spricht für die türkis-blaue Regierung.

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STANDARD: Sir Winston Churchill soll gesagt haben: "Ein wahrer Diplomat ist ein Mann, der zweimal nachdenkt, bevor er nichts sagt." Damit wären Sie ein personifiziertes Problem für die Medien. Wie werden Sie, der Diplomat, Ihr Amt als Regierungssprecher anlegen?

Launsky-Tieffenthal: Ich würde mir wünschen, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Medien nach einiger Zeit sagen: Das ist ein kompetenter, hilfsbereiter, zuvorkommender Ansprechpartner, der sich bemüht, auch die Anliegen der Medien durchzusetzen. Es soll eine zusätzliche Serviceeinrichtung für die Medien sein. Selbstverständlich werden Kanzler, Vizekanzler und Fachminister auch weiterhin zur Verfügung stehen.

STANDARD: Und was sagen Sie als Diplomat zum Churchill-Zitat?

Launsky-Tieffenthal: (lacht) Zu Churchill gibt es insofern eine Parallele, als ich am gleichen Tag wie er, am 30. November, Geburtstag habe. Sein Motto "No sports", das allerdings nicht stimmen dürfte, trifft für mich jedoch nicht ganz zu. Diplomatie ist ein respektvoller Umgang mit der Sprache und miteinander, vor allem dann, wenn man unterschiedlicher Auffassung ist. Da spannt sich der Bogen zur neuen Bundesregierung, die ja angetreten ist, in einem neuen Stil zu arbeiten. Da ist ein kleines Rädchen auch das gemeinsame Kommunizieren – aber eben nicht nur durch mich.

STANDARD: Haben Sie im Burgtheater schon Carlo Goldonis "Der Diener zweier Herren" gesehen? Dieser Truffaldino, der für zwei Herren tanzt, wenngleich heimlich, muss permanent lügen, um beiden Genüge zu tun. Ist das möglich, loyaler Diener zweier Herren zu sein, zumal wenn es zwei Parteien sind?

Launsky-Tieffenthal: Die gemeinsame Grundlage dieser Bundesregierung ist ihr Regierungsprogramm. Das ist die Grundlage dessen, was sie in den nächsten Jahren umzusetzen beabsichtigt. Insofern diene ich nicht nur zwei Herren, sondern dem Programm, auf das sie sich geeinigt haben.

STANDARD: Muss man sich nicht ein Stück weit auch mit den Inhalten der Regierung, für die man spricht, identifizieren, oder müssen Sie quasi zum "Mann ohne Eigenschaften" werden, um das überzeugend zu verkaufen, was Sie selbst vielleicht nie kaufen würden?

Launsky-Tieffenthal: Ich greife zwei Schwerpunkte heraus: Da ist der sehr starke europaorientierte Kurs, und da ist das Bekenntnis zu Österreich und seiner Vergangenheit und die Aufgabe der Vergangenheitsbewältigung in der Zukunft. Das sind gute Beispiele, wo ich sage: Das teile ich absolut, auch wenn künftig meine persönliche Meinung nicht so gefragt ist und ich mich auf das konzentriere, was die Regierung umsetzt.

STANDARD: Damit sind Sie mir sehr diplomatisch ausgewichen. Was werden Sie tun, wenn Sie in die Situation geraten, dass die Regierung etwas vorhat oder eine Regierungspartei etwas vertritt, das Sie persönlich absolut nicht goutieren?

Launsky-Tieffenthal: Der neue Stil heißt auch, unterschiedliche Positionen darzulegen, aber in einer Art und Weise, die sachlich, faktisch und unemotional ist. Mit dieser Herangehensweise sollte es möglich sein, auch dann, wenn nicht alle einer Meinung sind, die Fakten korrekt zu präsentieren.

STANDARD: Karl Pisa (1924–2015), bisher der einzige Regierungssprecher in Österreich, nämlich von 1968 bis 1969 in der ÖVP-Alleinregierung unter Josef Klaus, sagte 2008 in einem STANDARD-Interview zu seiner Funktion: "Jedenfalls war das von mir aus gesehen ein Himmelfahrtskommando – und das beziehe ich auf eine Ein-Parteien-Regierung. Wie das in einer Koalition funktionieren soll, dass einer für zwei Stimmen, die wohl nicht immer harmonieren, sprechen soll, ist mir überhaupt rätselhaft." Fürchten Sie in Kenntnis früherer Koalitionserfahrungen, dass er vielleicht doch recht haben könnte?

Launsky-Tieffenthal: Natürlich kann ich Karl Pisa etwas abgewinnen. Wenn er das schon im Zusammenhang mit einer Alleinregierung sagt, ist das bei zwei Parteien sicher noch ein bisserl schwieriger. Wobei die Gemeinsamkeiten zwischen ÖVP und FPÖ so groß sind, Kanzler und Vizekanzler haben das ja mehrfach wiederholt, dass ich davon ausgehe, dass die Umsetzung des Programms in einer gemeinsamen Herangehensweise passieren wird.

STANDARD: Was entgegnen Sie der Kritik, es sei eine Form der Entpolitisierung der Regierungspolitik, wenn ein weisungsgebundener Beamter, der nichts Politisches sagen darf, im Auftrag der Regierung deren Politik nach außen vertreten soll und direkte Begegnungen mit der Regierungsspitze künftig sehr sorgfältig dosiert werden sollen?

Launsky-Tieffenthal: Ich betrachte mich als zusätzliche Informationsquelle und Auskunftsperson für die Medien. Außerdem gibt es sehr viele Beispiele in anderen Ländern, wo sich Entscheidungsträger den Medien sehr viel rarer zur Verfügung stellen. Das ist ja bei uns in keinster Weise geplant.

STANDARD: Als Vorbild dient ja der deutsche Regierungssprecher. Er und die Sprecher der Ministerien stellen sich in der Regel dreimal pro Woche den Medien. Moderiert wird das Ganze von einem Vorstandsmitglied der Bundespressekonferenz, was sicherstellt, dass auch vermeintlich missliebige Fragesteller nicht übergangen werden. – Alle Sprecher bleiben, bis die letzte Frage gestellt ist. Das ist doch ein substanzieller Unterschied, oder?

Launsky-Tieffenthal: Wir planen mehr Zugang zu den Politikern, als das deutsche Format vorsieht. Bei uns ist ja beabsichtigt, dass nicht nur der Regierungssprecher, sondern Ressortminister selbst je nach Schwerpunktthemen gemeinsam mit dem Regierungssprecher über die Inhalte des Ministerrats informieren werden. Und ich glaube, ich habe in meiner früheren Funktion als Sprecher des Außenministeriums gezeigt, dass ich für die Journalisten sehr offen und zugänglich war.

STANDARD: Also werden Sie und die Minister bleiben, bis wirklich jeder alle seine Fragen stellen konnte?

Launsky-Tieffenthal: Es geht nicht darum, Fragen zu vermeiden. Dieses Format muss sich einspielen. Ich würde mich freuen, wenn die teilnehmenden Medienvertreter das Gefühl haben, dass es nützlich war, dass sie da waren, das muss die Zielsetzung sein, die Qualität des Briefings und der Information. (Lisa Nimmervoll, 2.1.2018)