Wien – Das Aus für die Aktion 20.000 nach 3.000 Anträgen sowie das vorzeitige Ende für den Beschäftigungsbonus hat am Dienstag vor allem die SPÖ, die Gewerkschaft sowie die Arbeiterkammer empört, auch die Liste Pilz kritisierte die Einstellung der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Die NEOS hingegen begrüßten den Stopp. Wirtschaftskammer und Industrie sehen nun Spielraum für eine Lohnnebenkostensenkung.

Die Aktion 20.000 war vergangenes Jahr vor allem von der SPÖ forciert worden und sollte Langzeitarbeitslose in gemeinnützige Gemeindejobs bringen. Laut AMS-Chef Johannes Kopf sind bisher rund 3.000 Anträge eingelangt, die noch abgearbeitet werden. Neue Anträge sind aber nicht mehr möglich. Damit dürfte die Aktion 20.000 zu einer Aktion 3.000 geworden sein. Die ursprünglich auf zwei Jahre angelegte Aktion hätte 780 Mio. Euro gekostet.

Einsparungen halten sich in Grenzen

Laut Judith Pühringer, Geschäftsführerin von arbeit plus, einem Netzwerk gemeinnütziger, arbeitsmarktpolitischer Unternehmen, halten sich die Einsparungen in Grenzen, da nun drei Viertel der Kosten für die Aktion als Arbeitslosengeld anfallen würden.

Zielgruppe der Aktion 20.000 waren vor allem langzeitarbeitslose Über-50-Jährige. Laut AMS-Zahlen waren im Gesamtjahr 2017 50.436 Personen älter als 50 und langzeitbeschäftigungslos. In dieser Gruppe sind jene Langzeitarbeitslosen enthalten, die eine bis zu zwei Monate dauernde Schulung gemacht haben und danach wieder arbeitslos geworden sind und alle, die ein bis zu zwei Monate dauerndes Beschäftigungsverhältnis hatten und danach wieder arbeitslos geworden sind.

Kritik von Stöger

Ex-Sozialminister Alois Stöger (SPÖ), nun Abgeordneter, erklärte, der Stopp sei "ein Schlag ins Gesicht der älteren ArbeitnehmerInnen und der Gemeinden". Die neue Regierung hätte bereits ihre erste arbeitsmarktpolitische Fehlentscheidung getroffen. Er erinnerte, dass die Aktion 20.000 noch von der ÖVP mitbeschlossen worden war. Bisher war sie ein Pilotprojekt und hätte erst ab 1. Jänner 2018 bundesweit ausgerollt werden sollen. Der neue SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher sprach von "Chancenraub". Die Wiener SPÖ-Stadträtin Renate Brauner fragte per Aussendung, was mit den beim AMS Wien gemeldeten rund 1.300 Stellen für die Aktion 20.000 und deren Bewerbern nun passiere.

Für die FPÖ, die nun in Regierungsverantwortung das Aus mitbeschlossen hat, vergießt die SPÖ und deren Parteiobmann Christian Kern "reine Krokodilstränen". Es habe sich bei Kerns arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen "um reine Selbstinszenierung mit gutem Namen ohne jeglichen Erfolg und Wirkung" gehandelt. "Daher ist es nur eine Selbstverständlichkeit, dass die neue Bundesregierung die Expertenmeinungen aufgreift und diese Aktionen aussetzt und evaluiert", so FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky.

Neos freuen sich über Aus

Die NEOS lehnten die Aktion 20.000 schon bisher ab und freuten sich nun über das Aus. "Hier ist Geld ohne Wirkung verbrannt worden. Gut, dass das abgestellt wird", sagte Mandatar Gerald Loacker, der sich aber über den "180-Grad-Meinungsschwenk der ÖVP" erstaunt zeigte. Die Sozialsprecherin der Liste Pilz, Daniela Holzinger, warf der schwarzblauen Koalition hingegen vor, die heute veröffentlichten guten Arbeitsmarktdaten als "Freischein" zum Sozialabbau zu sehen. "Dass die neue Regierung nun ausgerechnet diese positiven Nachrichten zum Anlass nimmt, um ihre Politik des sozialen Kahlschlags zu rechtfertigen, ist zynisch", so Holzinger.

Wegen Konjunktur kein Bedarf an Förderung

Die Präsidentin des Seniorenrates, Ingrid Korosec, begrüßt die Einstellung. Die Maßnahmen seien zwar bei ihrer Einführung im Vorjahr richtig gewesen, jetzt sei aber die Konjunktur angesprungen und daher brauche es diese Fördermaßnahmen nicht mehr. Vonseiten der Betriebe gebe es jetzt auch schon "Mitnahmeeffekte". Sollte sich das ändern, könnte man die Maßnahmen aber wieder aufleben lassen, meinte die Präsidentin des ÖVP-Seniorenbundes am Dienstag vor Journalisten. Gleichzeitig sieht sie aber auch die Regierung ebenso wie die Dienstgeber und die Dienstnehmer gefordert, Umschulungen für die betroffenen Arbeitnehmer vorzunehmen. Korosecs Gegenüber auf SPÖ-Seite, der Pensionistenverbands-Präsident Karl Blecha, hielt den Stopp für unmenschlich und verantwortungslos.

Arbeiterkammer enttäuscht

Enttäuscht ist auch die Arbeiterkammer. "Dass die Regierung die Aktion 20.000 jetzt abschafft, ist kurzsichtig. Damit vergibt die Regierung eine Riesenchance, die Arbeitslosigkeit auch für Menschen, die von den Unternehmen wegen ihres Alters nicht mehr beschäftigt werden, zu senken", sagte der Vizepräsident der AK Wien, Willibald Steinkellner, in einer Aussendung. Für ÖGB-Chef Erich Foglar ist die Koalition mit negativen Taten ins neue Jahr gestartet.

WKÖ: Spielraum für Lohnnebenkostensenkung

Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung (IV) sehen nun Spielraum für einen Lohnnebenkostensenkung. WKÖ-Chef Christoph Leitl sagte, mit dem Stopp des Beschäftigungsbonus schaffe die Regierung Spielraum für die dringend notwendige allgemeine Lohnnebenkostensenkung. Mit dem Setzen der Frist Ende Jänner können noch offene Anträge von Betrieben bearbeitet werden, freute er sich über das "umsichtige Vorgehen". Bei der Aktion 20.000 wiederum sei von Anfang an klar gewesen, dass die dadurch künstlich geschaffenen Stellen keinen nachhaltigen Beschäftigungseffekt haben, so Leitl.

Die katholische Hilfsorganisation Caritas mahnte, nicht auf ältere arbeitslose Menschen zu vergessen. "Nicht alle Menschen in Österreich werden von den prognostizierten guten Konjunkturzahlen profitieren. Für uns als Caritas ist es daher entscheidend, wie sich die angekündigten Maßnahmen auf die Schwächsten in unserem Land auswirken", sagte Caritas-Präsident Michael Landau. (APA, 2.1.2018)