Einer der von der Aktion 20.000 Unterstützten: Herr Gerhard arbeitet bei der Gemeine Bad Vöslau im Bauhof, das Schneeschaufeln gehört dieser Tage zu seinem Aufgabenbereich.

Foto: Heribert CORN

Die Idee ist ambitioniert und vielversprechend: Für 20.000 Männer und Frauen, die über 50 Jahre alt und länger als ein Jahr arbeitslos sind, werden sinnvolle Jobs bei Gemeinden und gemeinnützigen Organisationen geschaffen. Gerade ein halbes Jahr pilotiert, steht sie jetzt vor dem Aus. Alternativen sind keine bekannt.

Abrutschen

Die Aktion 20.000 hat ein Thema aufgegriffen, das Realität für mindestens 40.000 Menschen in Österreich ist: In dem Moment, wo ein Fünfer vor der eigenen Jahreszahl steht, rutschen Menschen quer durch alle Branchen und Qualifikationsniveaus leicht in Langzeitarbeitslosigkeit ab und finden schwer wieder heraus. Man ist schlicht zu alt für den Arbeitsmarkt, das Geburtsdatum wird zum Ausschlussgrund, der (Arbeits-)Markt versagt.

· Das Wirkungsargument Das Feedback der bereits eingestellten Frauen und Männer ist überwältigend: Die neuen Mitarbeiter sprechen von "neuen Lebensperspektiven", "einem Rettungsanker" und "neuem Selbstwertgefühl". Die sozialen Unternehmen und NGOs, die sie eingestellt haben, berichten von "unverzichtbaren" und "rundum geschätzten Mitarbeitern". Die Erfahrungen der letzten Monate und der Zwischenbericht der Evaluierung des Sozialministeriums zeigen: Die Aktion 20.000 wirkt punktgenau – in den Modellregionen geht die Zahl der langzeitarbeitslosen Älteren zurück.

· Das Kostenargument Die tatsächlichen Kosten der Aktion 20.000 sind mit 778 Millionen Euro beziffert. Tatsache ist jedoch, dass drei Viertel dieser Kosten aber in jedem Fall anfallen würden: 578 Millionen Euro sind aktivierte Mittel aus dem Arbeitslosengeld und der Notstandshilfe. Dazu kommt, dass aus aufrechten Beschäftigungsverhältnissen Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer abgeführt werden – diese Kosten fließen zurück. Gar nicht einberechnet die Folgekosten von Langzeitarbeitslosigkeit: Krankheit, gesellschaftlicher Ausschluss und Armut kostet: den einzelnen Menschen und die Gesellschaft. Gespart werden kann also nicht in großem Stil – und viele Folgekosten werden jetzt nicht berücksichtigt.

· Das Nachhaltigkeitsargument Mit einem neuen Arbeitsplatz erhalten Menschen die Chance, nach oft langer Arbeitslosigkeit ihr Können und ihre Erfahrungen unter Beweis zu stellen, ihr Selbstwertgefühl zu stärken, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern und sich weiter zu qualifizieren. Es macht einen großen Unterschied, ob sich Menschen aus Arbeitslosigkeit heraus anonym bewerben oder ob sie das aus einer aufrechten Beschäftigungssituation heraus machen – sie sind Teil eines Netzwerks, ihre Fähigkeiten und Stärken sind persönlich bekannt, sie haben Selbstvertrauen und sind motiviert. Auch wenn die Förderung also nicht 1:1 weiterbesteht, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Menschen eine Anschlussperspektive haben.

· Ein zukunftsfähiger Arbeitsmarkt Eine der nicht diskutierten und dennoch interessantesten Chancen der Aktion 20.000 ist: einen Raum zu öffnen, ganz im Sinne transformativer sozialer Innovation, um über die unterschiedlichen Formen und Möglichkeiten von (dauerhafter) Beschäftigung in einem erweiterten/zweiten Arbeitsmarkt nachzudenken und sie zu entwickeln.

Sinnvolle Jobs

Bei der Aktion 20.000 geht es um so viel mehr als um kurzfristige Jobbeschaffung: Wir haben die Chance, uns in diesem Land, mit der praktischen Erfahrung und Evaluierung aus der Umsetzung einer experimentellen arbeitsmarktpolitischen Idee ausgestattet, in einen breiten gesellschaftlichen Diskurs und konkrete Umsetzungen zu begeben: über das Älterwerden und Älterwerdenkönnen im Beruf, über sinnvolle Jobs, die uns allen nützen und zugutekommen, über das große Erfahrungspotenzial Älterer, über den großen Kompetenzenschatz von Männern und Frauen, der auch informell erworben wird, über Möglichkeiten, in sozialen Unternehmen dauerhafte Beschäftigung zu schaffen, und über das Potenzial an Zusammenarbeit sozialer und privatwirtschaftlicher Unternehmen.

Dieses Wissen, diese Diskurse und diese konkreten Arbeitsplätze brauchen wir in jedem Fall ganz dringend für einen digitalisierten Arbeitsmarkt der Zukunft in einer älter werdenden Gesellschaft. Zu diesen Möglichkeiten einer solchen Aktion sollten wir Ja sagen und zu den jetzt langzeitarbeitslosen älteren Menschen auch. (Judith Pühringer, 3.1.2018)