Jörg Haiders Verbindungen zu Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi waren legendär und sind bis heute geheimnisumwittert.

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Wien – Der Buwog-Prozess geht am 9. Jänner weiter, zunächst werden die Staatsanwälte den Exlobbyisten Peter Hochegger befragen. Er hat ja ausgesagt, der für die drei liechtensteinischen Konten zuständige Banker habe ihm 2005 Finanzminister Karl-Heinz Grasser als einen Kontoberechtigten genannt. Grasser bestreitet das ebenso wie sein Trauzeuge, Exlobbyist Walter Meischberger. Er sagt, die Konten Natalie, Karin und 400.815 (Walter) gehörten ihm. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Unterlagen zur Causa Buwog führen, sozusagen auf Nebengleisen, auch immer wieder in noch ältere Zeiten. Etwa in jene, als Jörg Haiders FPÖ mit der ÖVP Wolfgang Schüssels in die Regierung kam, also nach der Nationalratswahl 1999. Auch Details zu alten FPÖ-Interna werden sichtbar, etwa der Ausstieg Meischbergers aus dem Parlament 1999 nach der FC-Tirol-Affäre.

Dubiose Unterlagen

Meischberger wurde kurz vor seiner Angelobung als Mandatar aus der FPÖ ausgeschossen, trat sein Mandat nicht an und verzichtete, 39 Tage vor Erreichen der nötigen zehn Jahre Zugehörigkeit zum Parlament, auf seine Politikerpension. Bei einer Hausdurchsuchung im Rahmen der Buwog-Ermittlungen bei seinem Freund, Immobilienmakler Ernst Plech, tauchte eine (nicht unterschriebene) "Vereinbarung" auf, die die FPÖ am 19. Februar 1999 mit dem aus dem Schussfeld genommenen Exmandatar geschlossen haben soll. Demnach stand ihm finanzielle Schadloshaltung zu und Werk- beziehungsweise Konsulentenverträge für die "weitere Zusammenarbeit der FPÖ mit Meischberger in Form von Zulieferungen von Konzepten, Seminaren et cetera". Warum die Unterlage bei Plech gefunden wurde? Er und der damalige FPÖ-Abgeordnete Gilbert Trattner wurden als "Sachwalter dieser Vereinbarung" geführt.

Sparbuch nach Streit

Das Geld wuchs Meischberger dann erst im Sommer 1999 zu und zwar in Form eines am 6. August eröffneten Erste-Bank-Sparbuchs mit einem Guthaben von 2,5 Millionen Schilling. Laut Bestätigungsschreiben Meischbergers an Plech hat dieser das Sparbuch am selben Tag "von der Kanzlei Dr. Böhmdorfer, Frau Dr. Böhmdorfer, zur Weiterleitung an mich" erhalten und auch übergeben, samt Bekanntgabe des Losungsworts "Rückgabe".

Walter Meischberger vor Beginn des Strafprozesses in der Causa Buwog.
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Dem war ein veritabler Streit Meischberger – Haider vorausgegangen, erschließt sich aus einem Brief Meischbergers an Haider vom 20. Mai 1999. Meischberger war, anders als angeblich versprochen, nicht ORF-Kurator geworden (sondern Trattner), auch über einen FPÖ-Schiedsgerichtsspruch in der Sache Meischberger wurde gestritten. Beantwortet hat diesen Brief damals Anwalt Böhmdorfer "in Haiders Auftrag", alle Ansprüche wurden zurückgewiesen. Letztlich kam es dann zur Sparbuchlösung.

Vom STANDARD am Mittwoch dazu befragt, gibt Anwalt Böhmdorfer keine inhaltliche Erklärung ab: "Ich weiß nichts, ich sag nichts, lassen Sie mich mit diesen alten Geschichten aus."

Sache "steuerlich heikel"

Die alte Sparbuchgeschichte bereitete Meischberger und Plech nach Auffliegen der Buwog-Affäre 2010 jedenfalls Bauchweh. Am Telefon meinte Meischberger zu Plech, die Sache sei zwar verjährt, aber "steuerlich heikel ... und politisch superheikel", man werde "Böhmdorfer warnen". Laut Meischberger sei es "Faktum, dass ich das gekriegt hab" (das Sparbuch, Anm.), die Frage der Nichtversteuerung wolle er damit erklären, "dass Haider das zurückhaben wollte, für den Fall, dass ich wieder ins Parlament komme". Er, Meischberger, habe das Sparbuch sozusagen "nur als Pfand gehabt".

Tatsächlich dürfte das Geld, oder ein Teil davon, verschwunden sein, bei Wertpapierdeals eines Vermögensberaters. Gegen ihn wurde 2002 wegen Betrugsvorwurfs verhandelt, Meischberger hat sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter angeschlossen.

Auch die Tagebuchaufzeichnungen Meischbergers, einst FPÖ-Vizeklubobmann (1995 bis 1999), erlauben interessante Einblicke in vergangene Zeiten und auf frühere Potentaten. So berichtete Meischberger im November 2009 vom Besuch eines Ex-Haider-Vertrauten. Bei einem Wiener Innenstadt-Italiener habe "Franzi etwas aus der Schule geplaudert" und unglaubliche Geschichten berichtet. Vor allem jene von Geri M., dem einstigen Privatsekretär Haiders, über den Selbiger Saif al-Gaddafi kennengelernt hatte, den zweitältesten Sohn des 2011 ums Leben gekommenen libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi. Sohn Saif hat rund ums Jahr 2000 in Wien studiert und Feste gefeiert.

"45 Millionen von Gaddafi"

Gerald M. also habe Haider laut Schilderung des Meischberger-Gasts "mit 32 (!) Millionen Euro anständig hineinlegt". Das Geld sei aus einer 45-Millionen-Euro-Überweisung von Gaddafi gekommen. Die habe mit einem "'Unfall' bei einer Feier Saifs in Wien" zu tun gehabt, "bei der ein Mädchen umgekommen ist". Aus den 45 Millionen sei dem Herausgeber einer Tageszeitung (sein Name wird im Tagebuch genannt) "die Titelgeschichte weggekauft worden", einem (ebenfalls genannten) Bedarfsflugunternehmen "der Flug vergoldet" worden (der Abflug des Gaddafi-Sohnes kurz nach dem Unfall) und einem Notenbanker "das ein oder andere Milliönchen bezahlt" worden.

Der Unfall, der gemeint ist, ereignete sich im Juli 2007 auf dem Grundstück von Gaddafis Wiener Villa, schwerst verletzt wurde eine 22-jährige Ukrainerin. Die Staatsanwaltschaft fand keinen Hinweis auf Fremdverschulden.

Weitere fünf von den 45 Millionen Euro wurden laut Meischbergers Aufzeichnungen von einem Haider-Ex-Pressesprecher für die marode Seebühne am Wörthersee "abgeholt" – und "mit dem Rest ist Geri abgehaut". Haider habe ihn zwar suchen lassen, "aber Geri hat nur gesagt: Wenn man mir drohen will, dann werden wir halt darüber reden, woher das Geld stammt."

Die Ermittler haben übrigens nach Gerald M. gesucht, gefunden haben sie ihn nicht. (Renate Graber, 4.1.2018)