Ein Atomkrieg wäre natürlich kein Latrinenwitz. Ein Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten auch nicht. Vor allem jetzt, da sich seine ehedem besten Freunde von ihm absetzen.

Illustration: Felix Grütsch

Grafik: Felix Donald Grütsch

Als sich Donald Trump anschickte, die Jahreswende in seinem Privatclub in Palm Beach zu verbringen, hinterließ er eine nervöse Hauptstadt. Es war offensichtlich, dass Trump und seine starken Unterstützer im Kongress – und das sind mehr, als man meinen möchte – fest entschlossen sind, die unabhängige rechtliche Untersuchung zu behindern, die feststellen soll, ob sich Trump und sein Wahlkampfteam bei der Präsidentschaftswahl 2016 mit Russland abgesprochen haben, um Hillary Clinton zu besiegen.

Das Verhalten des Trump-Lagers gegenüber Sonderermittler Robert Mueller und dem FBI, das Muellers Ermittlungen unterstützt, lässt das Verhalten Richard Nixons und seiner Leute gegenüber den Watergate-Ermittlern im Vergleich blass und respektvoll aussehen. Nixon feuerte zwar den ersten unabhängigen Sonderermittler Archibald Cox im Zuge des berühmt-berüchtigten "Samstagabend-Massakers", aber es wurde ein anderer ernannt, und Nixon trat schließlich zurück, um einem Amtsenthebungsverfahren durch das Repräsentantenhaus und einer Verurteilung durch den Senat zu entgehen (und um seine Pension zu behalten).

Trump und seine Berater scheinen nicht aus der Geschichte gelernt zu haben. Durch die Entlassung des FBI-Direktors James Comey hat sich Trump der Ernennung eines Sonderermittlers ausgesetzt. Ob es ein Impeachment geben wird, ist noch ungewiss. Aber die meisten Beobachter glauben, Schlüsselfiguren unter den Republikanern im Repräsentantenhaus, wo das Amtsenthebungsverfahren beginnen würde, stünden hinter Trump, hauptsächlich aus Angst vor seinen loyalen Unterstützern (etwa ein Drittel des Landes, verteilt über viele Wahlkreise des Kongresses).

Entscheidende Midterms

Das könnte sich ändern, wenn die Demokraten das Repräsentantenhaus im November nach den Zwischenwahlen übernehmen. Aber selbst wenn die Demokraten beide Kammern gewinnen sollten, ist es unwahrscheinlich, dass sie die Zweidrittelmehrheit zusammenbekämen, die notwendig ist, um Trump im Senat zu verurteilen.

Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass der Präsident der Behinderung der Justiz beschuldigt wird – sowohl ein Grund für Amtsenthebung als auch eine Straftat. Eine strafrechtliche Anklage wegen Behinderung erfordert einen Nachweis des Vorsatzes, um zur Verurteilung zu führen. Trumps wiederholte Versuche, in die Ermittlungen einzugreifen oder diese gar zu vereiteln, weisen darauf hin, dass er besorgt ist, er könne gefährdet sein. Ob ein Präsident tatsächlich angeklagt werden kann, ist eine noch nicht geklärte Frage. Aber wenn Mueller glaubt, der Präsident sollte nicht angeklagt werden, würde er seine Vorwürfe dem Repräsentantenhaus vorlegen, das dann entscheiden würde, ob ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten ist.

Trump ist entschlossen, beide Szenarien zu verhindern, und er ist eindeutig besorgt, dass ihm dies nicht gelingen könnte. Aber es ist nicht nur Trump, der Ärger mit der Justiz bekommen könnte. Mueller ist sehr diszipliniert und diskret vorgegangen. Zwar ist nichts ist durchgesickert, aber es wird angenommen, dass auch Trumps Schwiegersohn Jared Kushner angeklagt werden wird.

Das könnte erklären, warum Trump versucht, sowohl Mueller als auch das FBI zu verunglimpfen, etwas, was Nixon nie gewagt hätte. Bisher wurden beide von beiden Parteien gleichermaßen respektiert. Indem Trump Muellers Integrität und die des FBI infrage stellt, versuchen er und seine Verbündeten, die Öffentlichkeit darauf vorzubereiten, alles abzulehnen, was Mueller berichten wird.

Hexenjagd

Trump verurteilt das FBI in seinen Tweets und anderen Aussagen. Seine rechten Unterstützer im Repräsentantenhaus haben den neuen FBI-Direktor Christopher Wray einer feindseligen Befragung in verschiedenen Ausschusssitzungen unterzogen. Und sie haben den stellvertretenden Direktor Andrew McCabe in acht- und neunstündigen Sitzungen gegrillt. Dieser stand Comey nahe und könnte dessen Behauptung bestätigen, Trump habe ihn davon überzeugen wollen, die Untersuchungen zu beschränken.

Eine solche Schikane hochrangiger Mitarbeiter von Justizministerium und FBI ist seit der antikommunistischen Hexenjagd in den 1950ern nicht mehr vorgekommen. Die Strategie soll die Entlassung oder Versetzung unliebsamer Beamter beider Institutionen bewirken. Leider hat sie einigen Erfolg. McCabe will 2018 in den Ruhestand gehen, und eine gerade durchgeführte Umfrage zeigt einen erheblichen Rückgang der öffentlichen Unterstützung von Muellers Ermittlungen über die letzten sechs Monate.

Deswegen ist man nervös in Washington. Auch weil Trump weiterhin Putins Schmeicheleien erliegt (James Clapper, ein US-Geheimdienstler im Ruhestand, bemerkte neulich, Putin würde den Fall Trump ganz hervorragend handeln), verschlechtern sich die Beziehungen zwischen den USA und Russland.

Beide Seiten unternehmen Schritte, die die Spannungen zwischen den Ländern verstärken. Russische U-Boote bewegen sich verdächtig nahe an wichtigen Kommunikationskabeln des Westens auf dem Boden des Atlantiks und drohen damit mit ernsthaftem Schaden für Wirtschaft und Lebensart der USA und Europas. Als Reaktion darauf will die Nato ein neues Kommandozentrum zur Überwachung derartiger Aktivitäten einrichten. Russische Militärflugzeuge sind auch in der Nähe von Nato-Jets geflogen.

Zudem hat Trump angekündigt, dass er den Verkauf tödlicher Verteidigungswaffen an die Ukraine erlauben werde, als Reaktion auf die Aggression Russlands dort – ein Schritt, der, wie Russland sagt, nur noch mehr Gewalt hervorbringen wird. Und dann ist da noch Nordkorea, mit dem ein Krieg, so Offiziere im Ruhestand, durchaus möglich ist.

Nicht über Moskau sprechen

Trump ist für seine Wankelmütigkeit und Impulsivität bekannt, aber bisher haben ihn seine wichtigsten Berater zurückgehalten. Das ist ein hartes Stück Arbeit. Sie versuchen zu verhindern, dass er Maßnahmen ergreift, beziehungsweise geben ihm bestimmte Dinge nicht weiter, von denen sie wissen, dass sie ihn aufregen. Die Washington Post berichtete vor kurzem, seine geheimdienstlichen Informanten vermieden es, über Russland zu sprechen.

Aber die Konstellation der Außenpolitiker und Geheimdienstler um Trump soll sich demnächst ändern. Es wird erwartet, dass Außenminister Rex Tillerson 2018 durch einen aggressiveren Politiker ersetzt wird. Es hat ein Exodus von Mitarbeitern im Weißen Haus begonnen, sei es, weil sie selbst oder weil Trump unzufrieden war. 2018 wird ganz klar ein unruhiges Jahr.

Aus dem Englischen von Eva Göllner, Copyright: Project Syndicate. (Elizabeth Drew, 4.1.2018)