Zum Abschluss der Klausur eine formelle Ministerratssitzung: die Regierung in Schloss Seggau bei Leibnitz.

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Seggau – Heinz-Christian Strache strahlte die beiden Klausurtage lang übers ganze Gesicht. Wohl nicht nur, weil er die FPÖ endlich in eine Regierung geführt hat, sondern weil er mit seinem Koalitionspartner ÖVP – wie er bei der Abschlusskonferenz der Regierungsklausur im steirischen Schloss Seggau unterstrich – "einen wirklich guten menschlichen Umgang" habe.

Offen gezeigte Harmonie zwischen Türkis und Blau: Das war das eigentlich zelebrierte Motto dieser Konferenz, obzwar es bei einigen Themen bereits einigermaßen knirschte.

DER STANDARD

So kamen etwa die Aussagen aus den Regierungsteams der ÖVP und FPÖ zu den Themen Arbeitslosengeld, "Massenquartiere" für Asylwerber oder Selbstbehalte im Gesundheitswesen noch etwas unkoordiniert daher. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und FPÖ-Chef Strache waren bemüht, Aussagen aus den eigenen Reihen wieder einzufangen.

Die beiden zentralen Botschaften, die Kurz und Strache von Seggau aus versandten und die beide in der Pressekonferenz nochmals hervorhoben: Die Familienförderung für Kinder, die im Ausland leben, wird großteils massiv gekürzt. Die Einsparungen fließen in die steuerliche Entlastung von Beziehern geringer Einkommen.

Vizekanzler Strache (FPÖ) sagte, dass die Bevölkerung umso mehr von der Regierung profitieren werde, je besser diese zusammenarbeite. Er betonte vor allem die Entlastung, die es für 900.000 Menschen durch die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge geben werde. Dass Menschen, die jetzt schon keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge und keine Lohnsteuer zahlen müssen, nicht weiter entlastet werden könnten, verteidigte er: Diese seien ja schon entlastet.

Kostendämpfung im System

Die Regierung hat sich auf Einsparungen im Budget geeinigt und am Freitag einen entsprechenden Beschluss im Ministerrat gefasst. Für 2018 und 2019 ist demnach ein strukturelles Defizit von 0,5 Prozent vorgesehen. Um diese EU-Vorgabe zu erreichen, sollen insgesamt 2,5 Milliarden Euro eingespart werden.

Die Eckpunkte für das Doppelbudget 2018/2019, das im März vorgelegt werden soll, wurden bereits rund um die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ festgelegt. Nun habe man sich drei Monate vor Präsentation des Budgets grundsätzlich darauf verständigt, in welchen Bereichen Einsparungen erfolgen sollen, sagte Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) bei der Regierungsklausur in der Steiermark. "Das ist ein erfreulicher Tag für den neuen Finanzminister. Wir haben eine sehr konkrete Einigung mit allen Regierungsmitgliedern."

"Sparen im System" lautet dabei das Motto der türkis-blauen Regierung. Gespart werden soll etwa in der Verwaltung und in den ausgegliederten Einheiten. Bei den Verwaltungskosten ist laut Löger bis zu eine Milliarde Euro zu holen. Die Bundesförderungen in den Ministerien sollen um 190 Millionen Euro zurückgefahren werden. Mehrfachförderungen sollen abgestellt, die Treffsicherheit erhöht werden. Sparen will die neue Regierung auch bei den Personalkosten des Bundes.

Sparen, sparen, sparen

Bei den ausgegliederten Einheiten – mittlerweile gibt es im Bund knapp 90 ausgegliederte Behörden – wolle man Einsparungen von bis zu 140 Millionen Euro erzielen. Dies könne gelingen, wenn zwei Prozent der Mehrausgaben mittel- und langfristig gekürzt werden, hieß es seitens der Regierung. Bei den Mietkosten des Bundes werde mit einem Einsparungspotenzial von 50 Millionen Euro gerechnet. Weitere Einsparungen sollen sich durch das Aus für den Beschäftigungsbonus und die Aktion 20.000 ergeben.

Die konkreten Details der Budgeterstellung sollen mit den verschiedenen Ministerien bis März erarbeitet werden, erklärte Finanzminister Löger. In Seggau habe man sich vorerst auf die "budgetpolitische Zielsetzungen bei der Erstellung" geeinigt.

Große Rechtsbereinigung

Kurz will – anders als ursprünglich angenommen – keinen Konvent zur Deregulierung abhalten: "Wir gehen bewusst den anderen Weg." Stattdessen soll Justizminister Josef Moser die bestehenden Regelungen prüfen und aufheben, was ohne Schaden aufgehoben werden kann. Der gesamte Rechtsbestand der Republik soll durchforstet werden – ebenso die mögliche Übererfüllung von EU-Regelungen.

Mehrere hundert Gesetze und Verordnungen, die vor dem Jahr 2000 beschlossen worden sind, sollen im Zuge einer großen Rechtsbereinigung aufgehoben werden.

Kurz räumte ein, dass die Deregulierung nicht von heute auf morgen perfekt funktionieren werde – und dass er Länder und Gemeinden als wichtige Partner sehe.

Autarke Kasernen

Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) berichtete am Freitag bei der Regierungsklausur von "Leuchtturmprojekten" aus seinem Ressort für das Jahr 2018. Im gesamten Bundesgebiet würden demnach "Sicherheitsinseln" festgelegt. Das sind Kasernenstandorte mit einer eigenständigen Energie- und Wasserversorgung sowie Vorrat an notwendigen Versorgungsgütern für einen längeren Zeitraum, um im Krisenfall die Blaulichtorganisationen und die Zivilbevölkerung rasch unterstützen zu können.

Daneben bewarb der Minister das geplante Cyber-Defence-Zentrum, wo die nationalen Cyber-Kompetenzen an einem geeigneten Standort zusammengefasst werden sollen. Was den Erhalt des Militärgymnasiums in Wiener Neustadt angeht, der am Freitag im Ministerrat beschlossen wurde, konnte Kunasek noch keine Details nennen. Wichtig sei, den Schulbetrieb nun sicherzustellen, über den konkreten Schultyp und Standort werde man danach beraten.

Strache betonte, dass das Militärrealgymnasium, das mit Ende dieses Schuljahres hätte geschlossen werden sollen, als Eliteschule erhalten bleiben wird. Die Schule soll aber nicht nur für künftige Militärs, sondern auch für die Qualifizierung von Polizisten dienen.

Klimastrategie bis März

Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) bekräftigte, dass man rasch eine integrierte Klima- und Energiestrategie auf den Weg bringen wolle, der entsprechende Ministerratsvortrag beinhalte bereits Eckpfeiler. Die konkrete Strategie soll bis März vorgelegt und im Juni oder Juli beschlossen werden – dies sei ambitioniert, aber machbar.

Kurz betonte in diesem Zusammenhang, "dass wir unser wunderschönes Land erhalten" wollen – dafür werde Energieeffizienz gefördert und erneuerbare Energie ausgebaut. Allein deswegen sei es schon wichtig gewesen, Energie und Umwelt in einem Ministerium zusammenzufassen.

Reduktion der Familienbeihilfe

Er sei "sehr froh", dass die Reduktion der Familienbeihilfe nun "endlich beschlossen wurde", sagte Kurz. Dies sei mit der SPÖ "nie möglich gewesen".

Da es sich bei den Betroffenen in erster Linie um Kinder aus Oststaaten wie Ungarn oder Rumänien handelt – deren Vater oder Mutter hier in Österreich arbeiten –, würden pro Jahr "mehr als hundert Millionen Euro" eingespart, da die Lebenshaltungskosten in diesen Ländern eben geringer seien und die Familienbeihilfe dem angepasst beziehungsweise gekürzt werde. "Das kommt erwartungsgemäß etwa in Ungarn nicht so gut an, weil dann weniger Geld in das Land fließt. Aber Österreicher werden diese neue Regelung für besser halten, weil hunderte Millionen eingespart werden, die dazu verwendet werden, um kleine Einkommensbezieher zu entlasten", sagte Kurz. Er bleibe dabei: Die Anpassungen der Familienbeihilfen seien EU-konform.

Der Bundeskanzler rechtfertigt die Änderungen auch mit der auf EU-Ebene geübten Praxis. Selbst EU-Beamten bezögen unterschiedlich hohe Zulagen – je nach Lebenshaltungskosten in deren Herkunftsländern. Es gebe auch unterschiedliche Unterstützungen der Kinder. Auch hier würden sich Beihilfen an der Höhe der Lebenshaltungskosten in deren Ländern orientieren. "So gesehen wäre auch der Umgang mit den eigenen Beamten EU-rechtswidrig", argumentierte Kurz. (mue, APA, 5.1.2018)