Die Wiener Zentrale der Möbelhandelskette Kika/Leiner in der unteren Mariahilfer Straße wurde kurz vor Neujahr an René Benko verkauft.

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Johannesburg/Wien – Der Skandal um gefälschte Bilanzen beim Möbelriesen Steinhoff in Südafrika schlägt Wellen bis nach Österreich. In einer Ho-ruck-Aktion wurde die Wiener Zentrale der Österreich-Tochter Kika/Leiner kurz vor Neujahr an die Laura-Privatstiftung des Immobilieninvestors René Benko (Signa) verkauft.

Klammheimlicher Verkauf

Der Verkauf des Hauses in der unteren Mariahilfer Straße sei klammheimlich erfolgt, in der Branche sei davon nichts bekannt gewesen, sagte ein Immobilienexperte dem STANDARD. Gerätselt wird auch, wie der Käufer die rund 70 Millionen Euro so schnell aufstellen konnte, war der Deal doch erst Mitte Dezember entriert worden. Derartige Summen seien in so kurzer Zeit von Banken nicht zu haben, heißt es – wiewohl Signa-Chef René Benko ein besonders guter Draht zu Bankern nachgesagt wird. In der Immobilienbranche hält sich seit längerem das unbestätigte Gerücht, dass sich Benko über den Umweg einer in Liechtenstein aufgelegten Anleihe Geld geholt habe.

Wie der Trend unter Hinweis auf gut informierte Kreise berichtete, sollen auch Bundeskanzler Sebastian Kurz und Justizminister Josef Moser eingebunden gewesen sein. Aufgrund des Termindrucks vor dem bilanztechnisch wichtigen Jahreswechsel wäre der Deal sonst offenbar nicht zu bewältigen gewesen. Ziel des Notverkaufs war, der Kika/Leiner-Kette Liquidität zur Bezahlung der Löhne und Gehälter von mehr als 5000 Mitarbeitern zu verschaffen.

Zentrale Konzernfinanzierung

In Österreich sind etliche Banken mit der Finanzierung von Steinhoff befasst. Nach der Übernahme von Kika/Leiner durch Steinhoff im Jahr 2013 wurden fast alle Kredite und Refinanzierungen auf den neuen Eigentümer der Möbelhauskette umgestellt, heißt es in der Bankbranche.

Die Steinhoff-Gruppe hatte bis zu den im Sommer virulent gewordenen Problemen sehr gute Ratings, auch die Europäische Zentralbank hat Anleihen gekauft. Die Banker tappen aber selbst im Dunkeln und kennen keine Details zu den öffentlich gewordenen Bilanzproblemen. Man wisse nicht, ob die Gruppe "bei der Umsatzdarstellung" schiefliege (was Auswirkungen auf den Cashflow der Gesellschaften hätte) oder bei ihren Ansätzen für die Firmenwerte (Goodwill). Das Unternehmen war in den vergangenen Jahren höchst expansiv und hat weltweit Unternehmen eingekauft.

Strukturen "unübersichtlich"

Österreichische Banker räumen ein, dass auch bei Kika/Leiner die gesellschaftsrechtlichen Strukturen "unübersichtlich" seien, weil die diversen Firmen auch viele Immobilien inkludierten. In Österreich sei aber die einzig relevante Frage, ob die Lieferanten die Gruppe weiter umstandslos beliefern, so wie sie das zuletzt getan haben – oder ob sie irgendwann umsteigen und nur noch gegen Vorauskasse zustellen. Das werde sich in einigen Wochen weisen.

An der Gebäudenutzung ändert sich durch den Verkauf der Immobilie nichts. "Kika/Leiner hat für das Haus einen bestehenden Mietvertrag bis zum Jahr 2030", sagte Firmensprecherin Sonja Felber. Die frühere Leiner-Eigentümerfamilie Koch wird ihr Wohnrecht im obersten Stock der Immobilie behalten. Dieses ist im Grundbuch verankert. (gra, stro, APA, 8.1.2018)