Wien – Die Regierung bringt eines ihrer Prestigeprojekte in den Ministerrat. Bei der Sitzung am Mittwoch wird der "Familienbonus plus" beschlossen, kündigte Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) an. Damit werden Familien, die Einkommensteuer zahlen, ab 2019 mit 1.500 Euro pro Kind und Jahr entlastet.

Gelten soll der Bonus bis zum 18. Lebensjahr des Kindes. Profitieren sollen laut Löger rund 700.000 Familien. Die Gesamtentlastung beziehungsweise die Kosten für den Staat betragen 1,5 Milliarden Euro. Im Gegenzug werden der Kinderfreibetrag (440 Euro pro Kind oder 600 Euro, wenn beide Eltern den Freibetrag teilen) und die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten (bis zu 2.300 Euro pro Kind bis zehn Jahre) gestrichen. Diese Beiden Maßnahmen hatten 200 beziehungsweise 100 Millionen Euro gekostet.

Mit dem Familienbonus wird die Steuerlast direkt vermindert, damit sind bis zu 1.500 Euro "cashwirksam". Der Kinderfreibetrag und die steuerliche Absetzung von Betreuungskosten vermindern dagegen lediglich die Bemessungsgrundlage und sind damit bei 50 Prozent Progression nur mit 220/300 Euro beziehungsweise mit bis zu 1.150 Euro "cashwirksam".

Vorschlag auch für nichtsteuerzahlende Alleinerziehende

"Der Familienbonus plus hat damit eine fünfmal so starke Wirkung wie der Kinderfreibetrag und die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten", sagt Löger. Beim nächsten Ministerrat werden er und Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) erste Details präsentieren und zum Beschluss vorlegen. Darin enthalten sein wird auch ein Vorschlag, wie auch nichtsteuerzahlende Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher und Familien mit Kindern über 18 von dieser Maßnahme profitieren können.

Von 200.000 Alleinerziehern verdienen 60.000 nicht genug, um Steuern zu zahlen und können den Bonus daher nicht geltend machen. Für diese muss es laut dem Finanzminister "in einer anderen Form einen Familienbonus geben".

Zwei Drittel der Kinder profitieren

Laut der letzt verfügbaren Zahlen der Statistik Austria wurde im Jahr 2016 für genau 1,741.630 Kinder Familienbeihilfe ausgezahlt. 42 Prozent der Kinder fallen in die Altersgruppe zehn bis 18 Jahre, ein knappes Drittel ist drei bis neun Jahre alt. 2016 erhielten 103.579 Studenten Familienbeihilfe und 303.235 Kinder mit Familienbeihilfenbezug waren ausländische oder österreichische Kinder von Personen mit nicht-österreichischer Staatsangehörigkeit.

132.000 der Kinder, für die Familienbeihilfe bezogen wird, leben in EU- und EWR-Staaten, deren Eltern können den Familienbonus nicht geltend machen, den meisten von ihnen wird sogar die Familienbeihilfe gekürzt. Das ist ein weiteres Vorhaben, das die Regierung plant, das allerdings EU-rechtlich mehr als umstritten ist. Die Regierung will jedenfalls die Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder den Lebenserhaltungskosten in den jeweiligen Ländern anpassen. Das würde für Kinder etwa in Ungarn, Rumänien, der Slowakei oder Slowenien Kürzungen bedeuten, für in der Schweiz, Norwegen, Dänemark, den Niederlanden oder Schweden lebende Kinder wird es demnach mehr Geld geben. Diese Maßnahme soll dem Staat 114 Mio. Euro einsparen.

SPÖ kritisiert "soziale Kälte dieser Regierung"

Bei der SPÖ stößt der von der Regierung geplante Familienbonus auf Kritik, weil davon Menschen mit niedrigen Einkommen nicht profitieren. "Ein Viertel der Eltern hat überhaupt nichts von dieser Maßnahme, etwa die Hälfte kann ihn nicht ganz ausschöpfen", kritisierte SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek. "Alle, die unter 1.250 Euro verdienen, gehen beim Familienbonus völlig leer aus." Für Alleinerzieher, die es besonders schwer haben, gebe es überhaupt kein Konzept, so Heinisch-Hosek.

"Die soziale Kälte dieser Regierung ist deutlich spürbar. Die Aktion 20.000 für ältere Arbeitnehmer und der Beschäftigungsbonus wurden in einer Nacht- und Nebelaktion abgeschafft. Dazu kommt die Ankündigung, die Notstandshilfe abzuschaffen. Das ist alarmierend. Damit verrät die FPÖ alle, für die sie immer behauptet haben, einzustehen, nämlich jene mit niedrigem Einkommen", so die SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende. "Wir machen uns gemeinsam mit allen kritischen Kräften in diesem Land gegen diese Politik der sozialen Ausgrenzung stark", kündigte sie an.

Als "sozial ungerecht" hat die Liste Pilz den geplanten Familienbonus kritisiert. "Eltern mit niedrigem Einkommen, darunter viele Alleinerzieher, werden nicht davon profitieren können. Dort aber, wo hohe Einkommen vorhanden sind, lässt sich der Bonus – abhängig von der Kinderzahl – ungedeckelt ausschöpfen. Geld wird also mit noch mehr Geld gefördert", kritisierte Sozial- und Familiensprecherin Daniela Holzinger.

"Der rot-weiß-rote Regierungs-Schnellzug mag in den Augen von Kanzler und Vizekanzler auf Schiene sein, die Kinder von rund 700.000 Eltern werden aktuell aber aufs Abstellgleis geschoben." Mit dem Regierungs-Prestigeobjekt Familienbonus fallen die Familien unter den Tisch, die eine finanzielle Unterstützung am Bittersten notwendig haben: die Alleinerzieher. (APA, 8.1.2018)