Eine souveräne Sopranistin: Angela Gheorghiu als Tosca.


Foto: Michael Pöhn

Wien – Bereits 598 Mal musste Floria Tosca an der Staatsoper in den Kulissen von Nicola Benois Stürme der Liebe, der Eifersucht und der Verzweiflung durchleben, und die Zuhörer, sie durchlebten diese Gefühlsextreme mit. In der 599. Aufführung der Inszenierung von Margarethe Wallmann kam von Publikumsseite das Gefühl der Fassungslosigkeit dazu.

Denn was das Staatsopernorchester am Montagabend unter der Leitung von Jesús López Cobos bot, war oft eine Peinlichkeit, gelegentlich eine Farce und vereinzelt eine Bankrotterklärung. Gut: Bezüglich des 77-jährigen Spaniers fragte man sich, warum eine Direktion ohne Not einen Dirigenten engagiert, dessen Fähigkeiten sich im Lauf der Jahrzehnte offensichtlich erschöpft haben. Hätte man an seiner Stelle irgendwen ans Dirigentenpult gesetzt, hätte derjenige die Aufführung wahrscheinlich präziser, definitiv aber in emotional vielfältigerer Weise geleitet. Und flexibler auch: López Cobos waren Dehnungen und Ritardandi der Sänger bei Phrasenenden wurscht – es wurde drübergebügelt.

Speziell in den ersten zwei Akten waren im Orchestergraben Chaosstunden angesagt: Die falschen Einsätze im Staatsopernorchester waren bald nicht mehr an zwei Händen abzuzählen, die Schlampigkeiten und Schludrigkeiten waren Legion.

Einige Tiefpunkte

Ein so eher nie gehörter Tiefpunkt in der Geschichte des Hauses. Die einzige Stelle dieser Aufführung, die uneingeschränkt begeisterte, war das a cappella gesungene "Trionfal" des Liebespaars im dritten Akt. Leider war das Klarinettensolo zuvor plärrend laut. Die Sänger hielten in Anbetracht des Kuddelmuddels im Graben wacker durch.

Angela Gheorghiu war wie immer eine souveräne Tosca, stolz, herrisch und nervös; weich-glänzend ihr Sopran. Massimo Giordano irritierte als Cavaradossi zu Beginn mit leicht gurgelndem Timbre, lieferte aber spätestens im Schlussakt eine begeisternde, runde Leistung ab.

Erwin Schrott wiederum war bei seinem Rollendebüt ein äußerst energischer Polizeichef von Rom. Es gibt Scarpias, die mehr Schärfe und Schwärze im Timbre haben; der Bariton fesselte das Publikum mit vokaler Kraftdemonstration und dunklem Charisma. Intensiv: Clemens Unterreiner als Angelotti. Es gab Beifall für die Sänger, aller Abgründe im Orchestergraben zu Trotz. (Stefan Ender, 9.1.2018)