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Es war ein langer Weg mit vielen Verschiebungen seit Anfang der 2000er-Jahre, schließlich ist die Thematik sowohl technisch als auch organisatorisch wie gesellschaftlich (Datenschutz) ganz schön komplex: der automatische Notruf bei einem Unfall mit dem Auto, genannt eCall. Ab 31. März müssen alle Neuwagen das automatische Notrufsystem an Bord haben. Ausgelöst werden kann es per Knopfdruck oder automatisch, üblicherweise über die Crashsensoren des Airbags.

Es ist nicht viel anders, als wenn man im Lift stecken bleibt: Eine Leitzentrale nimmt telefonischen Kontakt mit dem Unfallopfer auf, klärt die Sachlage oder organisiert Hilfe, falls sich aus dem auslösenden Auto niemand meldet. Eigentlich gibt es dieses System schon lange in Form des europäischen Handynotrufsystems mit der Nummer 112. Einheitlich sind in Europa aber nur zwei Punkte, nämlich die Nummer und der Übertragungsweg. Für die rettende Infrastruktur im Hintergrund ist jedes Land selbst zuständig.

Im Unfall-Fall wird automatisch eine Notrufzentrale verständigt – hier die schematische Darstellung des Funktionsprinzips.
Foto: Daimler

Doch der Reihe nach: Der Handynotruf bildet also die technische Grundlage für eCall. Jedes Mobiltelefon hat so viel Technik eingebaut, dass das Absetzen eines Notrufs und das Telefonieren mit der Notrufzentrale sogar ohne persönliche SIM-Karte möglich sind. Wählt man 112, sucht sich das Handy automatisch das stärkste Netz, und es funktioniert auch noch bei schwachen Signalen, weil das System mit sehr geringem Datenumfang arbeitet. Über die Funkzellen ist auch eine Ortung des in Not Geratenen möglich, aber sehr ungenau. Bei uns hat die Notrufnummer abgesehen davon wenig Bedeutung, da mit den allseits bekannten Notrufnummern 122, 133 und 144 (Feuerwehr, Polizei, Rettung) ohnehin ein gutes Notrufnetz besteht.

Ortung

Ruft man in Österreich 112, kommt man zur Polizei, die dann ohnehin in den meisten Fällen zuerst einmal zur Rettung weiterverbindet. Ist kein Gespräch mit dem Anrufer möglich, weil er selbst oder das Netz zu schwach dafür ist, kann immerhin eine Suchaktion in Reichweite der georteten Funkzelle eingeleitet werden. Als reines Notrufsystem, das auch keine zusätzlichen Funktionen enthält, unterliegt es nicht dem Datenschutz, so ist etwa die Rufnummernunterdrückung aufgehoben.

eCall wäre grundsätzlich auch bei Motorrädern sehr sinnvoll, ist aber schwieriger zu verwirklichen. BMW bietet es allerdings schon an.

Für das automobile Notrufsystem eCall müssen nun in jedem Auto zum Verbindungsaufbau die Basistechnik eines Handys und zusätzlich zur genauen Ortung ein GPS-Sender eingebaut sein. Außerdem wurde die Infrastruktur für die Nummer 112 entsprechend der erwarteten Zahl der Notrufe weiter ausgebaut. In jedem österreichischen Bundesland gibt es eine Leitzentrale der Polizei, die Notrufe entgegennimmt und wenn nötig weitere Schritte Richtung Rettung, Feuerwehr, Notarzthubschrauber einleitet. Das ist der öffentliche Teil der Einrichtung.

Das Kleingedruckte

Als Autokäufer hat man beim Kauf eines Neuwagens nun bei einigen Autoherstellern die Möglichkeit, sich nicht direkt für den öffentlichen Notruf zu entscheiden, sondern im Notfall mit der Leitzentrale des Autoherstellers verbunden zu werden. Das hat vor allem für den Autohersteller den Vorteil, gleich viele weitere Daten des Autos abgreifen zu können. Die Zustimmung dafür gibt der Käufer über das Kleingedruckte im Kaufvertrag. Was die Leitzentrale des Autoherstellers mit dem Notruf (und den Daten) macht, liegt in ihrer Verantwortung, sie muss entweder selbst Hilfe organisieren, oder sie leitet den Notruf an 112 weiter.

Treffen jedoch zwei Notrufe gleichzeitig bei der Polizei ein, hat der direkte Anrufer Vorrang gegenüber dem Hilferuf, der über den Autohersteller kommt. Wer in infrastrukturell weniger entwickelten EU-Ländern unterwegs ist, ist mit dem Notruf des Autoherstellers möglicherweise besser dran. (Rudolf Skaric, 24.1.2018)