Diesel-Autos liegen mittlerweile mit Benzinern gleichauf.

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Die Autokäufer waren im Vorjahr in Kauflaune. Die Neuzulassungen legten hierzulande um gut sieben Prozent auf 353.320 Fahrzeuge zu. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Für Erspartes gibt es kaum Zinsen, und dank Steuerreform blieb den meisten mehr zum Ausgeben. Auch die Umstiegsprämien der Autobauer dürfte manche gelockt haben.

Dass in der Branche dennoch nicht alles gut ist, zeigt der Blick auf die Tageszulassungen, jene Neuwagen, die nur kurz angemeldet und dann deutlich vergünstigt abgegeben werden. Nach Rückgängen in den zwei Jahren zuvor wurden im Vorjahr mit 24.257 Pkws im Jahresvergleich um 17,3 Prozent mehr unter diesem Titel verkauft.

Beitrag aus Wien heute
ORF

"Absatz ankurbeln" lautet das Motto in der Branche. Aus gutem Grund: Für die Autoindustrie war 2017 ein entscheidendes Jahr. Eines, das so deutlich wie nie zuvor davon kündete, dass künftig in Sachen Mobilität kein Stein auf dem anderen bleiben wird. Auch wenn sich das auf den Straßen noch sehr verhalten abzeichnet.

Weniger Dieselautos

Die Signale sind nicht zu übersehen: Die Dieselzulassungen sind mit gut sieben Prozent deutlich zurückgegangen. Lag der Dieselanteil im Jahr 2003 bei über 70 Prozent, sind jetzt Diesel und Benziner in etwa gleichauf. Die Diskussionen um Fahrverbote und Umweltzonen lassen auch die Kunden nicht mehr kalt. 2017 war auch das Jahr, in dem viele Länder ein Ablaufdatum für Autos mit Verbrennungsmotor ausgaben. Jahrzehntelang war er das Maß aller Dinge in Sachen mobile Fortbewegung, in wenigen Jahren soll es damit vorbei sei. Auch die E-Mobilität entwächst langsam den Kinderschuhen. Um 42 Prozent mehr "Stromer" wurden zugelassen, der Großteil davon allerdings auf Unternehmen und Gewerbetreibende, Private zögern trotz Kaufförderung noch. Mit 5433 Neuzulassungen bleiben E-Pkw aber ohnehin weiterhin in der Nische.

Ganz unabhängig von der Antriebsart gilt: Das Auto ist nicht mehr unangefochten das, was es einmal war, nämlich ein Symbol für Status und individuelle Freiheit, ein Must-have. Ohne eigenes Auto zu leben ist vor allem für Stadtbewohner mittlerweile eine echte Option. Carsharing-Angebote werden zumindest in den Großstädten für immer mehr Menschen zu einer Alternative, auch wenn die Anbieter derzeit noch kein Geschäft damit machen.

Harte Zeiten für Händler

All das stellt aber nicht nur die Autobauer, sondern auch den Autohandel vor Herausforderungen. Entsprechend düster sind die Einschätzungen, was das Überleben Letzterer betrifft. Glaubt man einer Umfrage unter tausend Führungskräften in der Branche, die vergangene Woche veröffentlicht wurde, könnte die Zahl der Autohändler bis 2025 um bis zu 50 Prozent sinken. Sie müssen sich wohl ganz neue Geschäftsmodelle einfallen lassen, sich auf große Gebrauchtwagen-Stützpunkte und Servicestandorte konzentrieren, wenn sie von den dräuenden Entwicklungen nicht überrollt werden wollen.

Auch die Autoindustrie steht unter enormem Druck. Langfristig dürfte sie eine ähnliche Entwicklung durchmachen, wie sie einst die Computerbranche erlebte.

Mieten statt kaufen

Die Produktion von Hardware wurde für einstige Pioniere wie etwa IBM oder Hewlett-Packard zunehmend unrentabel. Weswegen sie ihr Geschäft quasi neu erfinden mussten – Richtung Dienstleistungen, Service, Software, Großrechner. Wie bei den Autobauern neue Vertriebsmodelle aussehen könnten, macht der schwedische Autobauer Volvo unter seinem Chef Håkan Samuelsson vor. Kaufen ist in Zeiten von Spotify, Netflix und Airbnb von gestern. Mieten ist das Stichwort der Stunde. Deswegen kann man bei den Schweden ein Auto zu Flatrates von einigen Hundert Euro pro Monat abonnieren. Dass am Ende die Autobauer mit solchen Modellen überleben, ist trotzdem keineswegs gesagt. Denn es sind die Techgiganten wie Google oder Apple, die auch diesen Markt erobern wollen.

Was schon zum nächsten großen Ding führt, das die Branche kräftig verändert: Digitalisierung. Die Verwertung der Fahrzeug- und Fahrerdaten, die autonomes Fahren erst ermöglichen, wird wohl künftig auch einen gewichtigen Anteil des Geschäftsmodells der Autobranche ausmachen. Wie weit die Konsumenten hier ein Wörtchen mitreden können und wollen, ist noch gar nicht ausgemacht. (Regina Bruckner, 10.1.2018)