Udo Landbauer, "Wertechrist" und FPÖ-Spitzenkandidat in Niederösterreich: "Es gibt in der Hilfsbereitschaft Grenzen."

Foto: matthias cremer

St. Pölten – Udo Landbauer glaubt nicht, dass die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) "unbedingt eine Affinität" zur FPÖ hat, für die er als Spitzenkandidat in die Landtagswahl am 28. Jänner geht. Das liege aber nicht daran, dass er sie als "Moslem-Mama" bezeichnet hat: "In der Politik muss man etwas aushalten", sagt Landbauer im STANDARD-Interview. Eine Koalition mit der SPÖ als Zweiter und Dritter schließt er aus.

Als Wahlziel stecken sich die Blauen in Niederösterreich das bisher beste Ergebnis von etwa 16 Prozent. Landbauer bezeichnet sich als "Wertechristen" und findet Nächstenliebe wichtig – aber nicht ohne Grenzen: "Es heißt ja auch, den Nächsten zu lieben, und nicht, jeden zu lieben."

STANDARD: Sie sind auf dem größten Wahlplakat in Niederösterreich abgebildet, am Ex-Palmersgebäude an der Südautobahn. Ist das Ausdruck dessen, dass man es gegen die Landeshauptfrau schwerhat?

Landbauer: Nein. Das ist einfach ein wunderbarer, gut einsichtiger Platz. Wir müssen uns ja nicht verstecken. Das Angebot haben wir bekommen und zugeschlagen.

STANDARD: Sie regieren mit der ÖVP in Wiener Neustadt, jetzt koaliert die FPÖ in der Bundesregierung mit der ÖVP – sind Sie der aufgelegte Partner für Johanna Mikl-Leitner?

Landbauer: Nein. In der Kommunalpolitik geht es nicht um ideologische Themen. Und auf Bundesebene ist die ÖVP wirklich türkis geworden, da hat man auch freiheitliche Ansätze übernommen. Aber in Niederösterreich hat die ÖVP das Schwarzsein erfunden. Mikl-Leitner hat nicht unbedingt eine Affinität zu uns.

STANDARD: Liegt das auch daran, dass Sie Mikl-Leitner als "Moslem-Mama" bezeichnet haben?

Landbauer: Aber! Hören Sie: In der Politik muss man etwas aushalten. Unsere Kritik war immer fundiert. Das ist nicht mein Problem, ob sich dadurch jemand beleidigt fühlt.

STANDARD: Würden Sie mit der SPÖ koalieren, als Zweite und Dritte?

Landbauer: Es ist klar, dass die ÖVP nach der Wahl die Landeshauptfrau stellen wird. Zurzeit wäre alles andere eher unwahrscheinlich.

STANDARD: Sie wollen die SPÖ überholen. Ab wann würden Sie sich als gescheitert sehen?

Landbauer: Das wichtigste Ziel ist, die absolute Mehrheit der ÖVP zu brechen. Parteiintern wollen wir die Bestmarke von 1998, etwa 16 Prozent, erreichen. Platz zwei wäre ein sensationelles Ergebnis, allerdings wird das schwierig. Ich denke aber mittel- und langfristig: Wir werden ab 29. Jänner schon auf die nächste Periode hinarbeiten, um weiterzuwachsen.

STANDARD: 16 Prozent klingt aber nicht sehr ambitioniert.

Landbauer: Na ja, wir haben 2013 acht Prozent gehabt. Ich bleibe schon realistisch.

Landbauer zur Wohnpolitik: "Bisher hat man die Vermieter so geknebelt, dass die Gebäude quasi dem Verfall gewidmet waren."
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STANDARD: Sie plakatieren günstiges Wohnen, gleichzeitig hat die Bundesregierung unter FPÖ-Beteiligung ein Programm beschlossen, über das Vermieter jubeln. Mieterverbände sehen darin keinen Vorteil für Mieter.

Landbauer: Da müssen Sie das Programm genauer lesen. Der gemeinnützige Wohnbau bekommt etwa die entsprechende Widmungskategorie und Bauträger so günstige Grundstücke. Das ist Voraussetzung für günstige Mieten. Die Wohnbauförderung ist Landeskompetenz und muss so umgestellt werden, dass auch die Errichtungskosten im gemeinnützigen Wohnbau sinken. So werden auch im freifinanzierten Wohnbau die Mieten günstiger.

STANDARD: Aber wie erklären Sie Ihren Wählern, dass das Lagezuschlagsverbot in Gründerzeitvierteln fällt und das Mietrechtsgesetz auf sanierte Altbauten nicht mehr anwendbar ist?

Landbauer: Bisher hat man die Vermieter so geknebelt, dass die Gebäude quasi dem Verfall gewidmet waren. Wir spielen nicht Vermieter gegen Mieter aus.

STANDARD: Sie fordern Kreuze in allen Schulklassen. Sind Sie gläubig?

Landbauer: Ja. Ich bin niemand, der jeden Sonntag in die Kirche geht, aber doch regelmäßig. Ich sehe mich als Wertechristen. Die Religion ist ja auch etwas, das Werte widerspiegelt.

STANDARD: Welche sind Ihnen wichtig?

Landbauer: Die Nächstenliebe etwa ist bei anderen Religionen nicht so ausgeprägt wie bei uns im Christentum.

STANDARD: Ist das die Nächstenliebe nach Heinz-Christian Strache, den Nächsten zu lieben, aber nicht den Übernächsten?

Landbauer: Durchaus. Es gibt immer Grenzen. Es heißt ja auch, den Nächsten zu lieben, und nicht, jeden zu lieben.

STANDARD: War das ein Bibelzitat?

Landbauer: So bibelfest bin ich nicht. Aber es gibt in der Hilfsbereitschaft Grenzen, das sieht man auch beim Thema Asyl: Ich kann nicht der ganzen Welt helfen.

Landbauer kritisiert, dass Kinder in einem niederösterreichischen Kindergarten auf Türkisch zählen lernen: "Es macht Sinn, eine Zweitsprache zu lernen, auch Türkisch. Aber wenn darunter die Hauptsprache leidet, ist es ein Problem."
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STANDARD: Was finden Sie denn gut an Johanna Mikl-Leitner?

Landbauer: Das ist eine Fangfrage, oder?

STANDARD: Ja, natürlich.

Landbauer: Da kann ich wenig sagen. Als Landeshauptfrau hat sie nichts gemacht. Sie können fragen, was ich schlecht finde. Da gibt es einiges.

STANDARD: Sie haben Mikl-Leitner etwa kritisiert, weil Kinder in einem Kindergarten auf Türkisch zählen lernen. Was ist schlimm daran?

Landbauer: Gerade türkische Zuwanderer haben eine so große Masse erreicht, dass sie oft gar nicht mehr Deutsch lernen müssen: Sie haben vom Supermarkt bis zum Arzt eigene Strukturen. Es macht Sinn, eine Zweitsprache zu lernen, auch Türkisch. Aber wenn darunter die Hauptsprache leidet, ist es ein Problem.

STANDARD: 2008 sagten Sie, man muss auch das Verbotsgesetz hinterfragen. Heute finden Sie, es muss bleiben, wie es ist. Haben Sie sich vom scharfen Jung- zum glatten Landespolitiker entwickelt?

Landbauer: Natürlich artikuliert man sich als 18-jähriger Jungpolitiker anders. Jeder wird ruhiger und sachlicher. Das ändert nichts an der Grundüberzeugung, bei mir zumindest nicht. (Sebastian Fellner, 11.1.2018)