Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Chef Martin Schulz gingen am Donnerstag vorsichtig optimistisch in die nächste Runde der Sondierungsgespräche. Spätestens am Freitag soll ein Ergebnis vorliegen.

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Berlin – Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Martin Schulz gehen mit vorsichtigem Optimismus in die Schlussphase der Sondierungsgespräche in Berlin. Beide sprachen am Donnerstagvormittag aber auch von "dicken" oder "großen Brocken", die noch aus dem Weg zu räumen seien. Die Gespräche waren allerdings noch Freitag früh nicht abgeschlossen.

"Es wird ein harter Tag werden", aber "wir wissen, dass wir Lösungen finden müssen", sagte Merkel bei ihrer Ankunft bei der SPD-Parteizentrale. Bei den bisherigen Gesprächen seien "viele Vorarbeiten geleistet" worden, "aber es liegen noch große Brocken auf dem Weg". Die CDU-Chefin sicherte zu, sie werde "alles einbringen an Konstruktivität", um die Gespräche mit SPD und CSU zum Erfolg zu führen. Im Vordergrund stehe dabei für sie, "dass wir eine richtige Politik für unser Land machen müssen".

"Aufbruch für Europa"

Schulz drang vor allem noch einmal auf die Bereitschaft zu einer Stärkung der Europäischen Union. "Wir müssen klar machen, dass eine neue Bundesregierung vor allem einen neuen Aufbruch für Europa einleiten muss." Der SPD-Chef verwies dabei auf Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron sowie der EU-Kommission. Europa brauche gerade "in einer Zeit, in der es ein Auseinanderdriften gibt, mehr Zusammenhalt". Daher sei es für die SPD eine Bedingung für eine Regierungsbeteiligung, "dass diese Regierung Europa stark macht".

Die Europapolitik sollte im Anschluss im Mittelpunkt eines Spitzengesprächs der Parteichefs stehen. Zuvor hatten in der Früh bereits Gespräche auf Arbeitsgruppenebene begonnen. Auch Schulz sagte, es seien zwar in den vergangenen Tagen eine Menge von Punkten als gemeinsame Interessen identifiziert worden, aber "es gibt dicke Brocken, die wir noch aus dem Weg räumen müssen". Daher könne es noch einen langen Tag geben. "Wir wollen zum Abschluss kommen", hob aber auch der SPD-Chef hervor.

Konfliktpotenzial

Entscheidende Streitpunkte des letzten Sondierungstages werden neben der Europapolitik voraussichtlich die von der SPD geforderte Erhöhung des Spitzensteuersatzes und der Einstieg in eine Bürgerversicherung sowie die von der Union verlangte Verschärfung der Flüchtlingspolitik und die Frage des Familiennachzugs von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus sein.

Die Sondierungsgespräche hatten am Sonntag begonnen. Bis zum Abend oder in der Nacht auf Freitag wollten CDU, CSU und SPD die Sondierungen in jedem Fall abschließen, bekräftigte Schulz. Danach soll entschieden werden, ob es eine ausreichende Basis für Koalitionsgespräche zur Bildung einer Regierung gibt. Die SPD-Führung will im Falle eines nach ihrer Ansicht positiven Ergebnisses am Freitag dem für den 21. Jänner angesetzten SPD-Parteitag die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen für ein erneutes Bündnis mit der Union empfehlen. Am Ende von Verhandlungen müssten aber noch die SPD-Mitglieder einer erneuten Regierungsbeteiligung unter Kanzlerin Merkel zustimmen. (APA, Reuters, 11.1.2018)