"Einmal noch das ewige Eis sehen" wird sich so mancher Reisende auf dem Schiff der Luxusreederei Crystal Cruises vor Alaska gedacht haben. Kreuzfahrten jedenfalls boomen.

Foto: APA/AFP

Wien – Kreuzfahrt: Das war früher etwas für reiche Amerikaner und Briten, die ihre Sturm-und-Drang-Jahre längst hinter sich hatten. Dann kamen verstärkt Deutsche auf den Geschmack, zumindest Teile ihres Urlaubs auf einem schwimmenden Hotel zu verbringen, vorzugsweise mit Kindern. Verspätet scheint das Feuer nun auch auf Österreicher und Österreicherinnen überzuspringen.

"Nach vier, fünf Jahren, in denen die Nachfrage mehr oder weniger stagniert hat, orten wir ein zunehmendes Interesse an Kreuzfahrten", sagte der Geschäftsführer der Ruefa-Reisebüros, Walter Krahl, am Rande der Wiener Ferienmesse dem STANDARD. Bewegung sei schon im Vorjahr spürbar gewesen, der Umsatz im Segment Kreuzfahrten um 17 Prozent gestiegen. "Heuer erwarten wir ein Plus von 25 Prozent und rund 160.000 Passagiere", sagte Krahl.

Damit aber hinkt Österreich Deutschland noch immer deutlich hinterher. Bei den deutschen Nachbarn geht die Kreuzfahrtnachfrage seit gut einem Jahrzehnt stetig bergauf. Auch im vergangenen Jahr dürfte ein neuer Rekord aufgestellt worden sein. Zwar wird der deutsche Kreuzfahrtverband Clia (Cruise Lines International Association) die aktuellen Passagierzahlen erst im März im Rahmen der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin bekanntgeben; weil die einzelnen Kreuzfahrthäfen ihre Zahlen aber bereits veröffentlicht haben, lässt sich daraus ableiten, dass 2017 rund 2,4 Millionen Deutsche eine Kreuzfahrt unternommen haben. Auf Österreich gemünzt entspräche dies etwa 240.000 Passagieren

Der Reiz von ewigem Eis

Den Vorteil von Kreuzfahrten sehen laut Umfragen viele darin, in einem Aufwasch viele verschiedene Orte besuchen zu können, ohne ständig neu ein- und auschecken zu müssen. Auch die Möglichkeit, in Regionen wie den hohen Norden vorstoßen zu können, die von herkömmlichen Pauschalangeboten nicht erfasst sind, wird als reizvoll angesehen.

Neben dem westlichen und östlichen Mittelmeer bleiben Kreuzfahrten in der Karibik populär, vor allem in den Wintermonaten. Destinationen in Südostasien holen auf, auch teurere Kreuzfahrten über den Polarkreis hinaus sind zunehmend stärker nachgefragt.

Nicht nur auf dem Wasser, auch auf festem Grund sollte 2018 ein gutes Reisejahr werden. Darauf deutet der aktuelle Reisekompass der Verkehrsbüro-Tochter Ruefa hin, der am Donnerstag vorgestellt wurde. Demnach planen heuer nicht weniger als 88 Prozent der Österreicher zumindest eine Reise, mehr als jeder Dritte (37 Prozent) will sogar öfter als im Vorjahr verreisen.

Mehr Geld für den Urlaub

28 Prozent der Befragten gaben an, 2018 mehr Geld für Urlaube zur Verfügung zu haben. Bei den Millennials, die zwischen 1980 und 2000 geboren wurden, gaben sogar 36 Prozent an, über ein höheres Urlaubsbudget zu verfügen.

Was noch auffällt: Für jeden zweiten Österreicher ist Ruhe im Urlaub wichtiger geworden. Party machen, das Nachtleben genießen, auf große Events gehen oder Shoppen bis zum Umfallen ist für 22 bis 28 Prozent der Befragten unwichtiger geworden. Helga Freund, im Vorstand des Verkehrsbüros unter anderem für die Ruefa-Reisebüros zuständig, spricht gar von einem "Paradigmenwechsel".

Für den Reisekompass hat das Online-Marktforschungsinstitut Marketagent.com im Auftrag von Ruefa 1500 repräsentativ ausgewählte Österreicher und Österreicherinnen befragt. Dabei zeigte sich unter anderem, dass der Boom bei Städtereisen anhält. Aufsteiger des Jahres ist Amsterdam. Die größte Stadt der Niederlande ist in der Gunst der Österreicher um neun Ränge auf Platz eins gerückt, vor Berlin und vor London, Venedig, München und Hamburg, die 2018 gleichauf an dritter Stelle liegen.

Unter den Top-Reisezielen in Europa liegen Kroatien und Italien vornan, bei den Fernreisen die USA und Thailand. (Günther Strobl, 12.1.2018)