Life Sciences – wohin nach dem Studium?

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Mit der Entschlüsselung des menschlichen Genoms wurde der Grundstein für die Medizin der Zukunft gelegt: Künftig soll jeder Patient eine auf seine DNA zugeschnittene Behandlung erhalten. Doch das ist nicht der einzige Trend in den sogenannten Life-Sciences. Auch immer resistenter werdende Viren lassen Forscher an neuen Medikamenten tüfteln.

Unter Life-Sciences werden Berufe im Bereich der Biotechnologie, der Molekularbiologie, der Pharmaindustrie und der Medizintechnik verstanden. Sie sind in Österreich nicht nur ein großes Forschungsfeld, sondern auch ein starker Wirtschaftszweig. Im Jahr 2014 gab es 823 Unternehmen in der Branche, die knapp 20 Milliarden Euro erwirtschaftet haben, wie der aktuellste Life-Science-Report von 2015 zeigt. Und derzeit knapp 60.000 Studierende sorgen dafür, dass es künftig genug Berufseinsteiger gibt.

Orientieren im Berufsfeld

Doch welche Bedürfnisse haben Studierende der Life-Sciences, und wie sieht der Arbeitsmarkt für künftige Absolventen aus? Erwachsen aus dem Problem, dass er während seiner Dissertation kaum Möglichkeiten hatte, sich mit anderen Doktoranden über ihre Erfahrungen auszutauschen, entsprang Jonas Ramoni die Idee eines nationalen Netzwerks für Studierende und Jungwissenschafter der Life-Sciences. 2016 gründete der gebürtige Innsbrucker die Young Life Scientists Austria (YLSA), die zur gemeinnützigen Österreichischen Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie, kurz ÖGMBT, gehört. "Jungwissenschafter entscheiden maßgeblich, wie sich die Branche weiterentwickelt. Doch es gab für sie kaum Unterstützung in Karrierefragen", sagt Ramoni. Die Schwierigkeit für viele liege nämlich darin, dass man mit einem Studium in den Life-Sciences in vielen unterschiedlichen Bereichen tätig sein kann. Viele wüssten bis zum Abschluss nicht, was sie später arbeiten möchten.

Jonas Ramoni – Vernetzer der Life Science-Studierenden
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Deshalb organisiert Ramoni für die YLSA-Mitglieder nicht nur Vernetzungstreffen, sondern auch Firmenbesichtigungen, und er lädt etwa einen Patentanwalt oder eine Editorin vom Springer-Nature-Verlag zu Vorträgen ein. "Da sieht man, wie deren Laboralltag abläuft, und bei Diskussionen im kleinen Rahmen erfährt man Details, die nicht auf der Firmenwebseite stehen, und kann Kontakte knüpfen." Zusätzlich würden die Vortragenden Tipps geben, welche Stellen gerade ausgeschrieben sind, wie man am besten Kontakt zur Personalabteilung aufnimmt und sich erfolgreich bewirbt. Diese Netzwerke seien bei der großen Anzahl an hochqualifizierten Absolventen besonders wichtig, um einen Job zu finden und zu bekommen. Dafür ist zumindest ein Master nötig. Mit diesem kann man etwa als Labortechniker in einem Pharmaunternehmen arbeiten, doch häufig wird noch ein Doktor draufgesetzt, mit dem man entweder in der Forschung bleiben oder in die Industrie gehen kann. Und wer einen IT-Schwerpunkt hat oder sich mit Big Data auskennt, habe noch bessere Startvorteile.

Gründungen fördern

Die Kontakte zur Industrie sind auch dann entscheidend, wenn man als Forscher selbst gründen möchte. Viele Branchenverbände sprechen sich derzeit für eine Verbesserung des Gründerbewusstseins aus, auch das Strategiepapier zu Life-Sciences des Wissenschaftsministeriums will Start-ups stärker fördern. "Wenn man die Resultate seiner Dissertation in einem Start-up weiterführen kann, ist das ein guter Einstieg ins wirtschaftliche Leben", sagt Ramoni. Dennoch müssten die Unis als Inkubatoren noch mehr unterstützt werden. Auch die Entwicklungen rund um das Vienna Biocenter zu einem Life-Science-Hub seien zu begrüßen: Hier werden explizit für Jungunternehmer – ansonsten sehr teure – Laborflächen und Büroarbeitsplätze angeboten. Diese Notwendigkeit zeigt auch eine Studie der Modul University Vienna, die 2016 Experten und Start-ups der Branche befragt hat: Biotech-Start-ups mangelt es an geeigneten Gewerbeimmobilien und Inkubatoren.

Ramoni sieht das Biocenter als Chance: "Der Mix aus akademischer Forschung und privaten Biotechfirmen ergibt positive Synergieeffekte." Auch für ihn: 2007 begann er hier molekulare Biotechnologie an der FH Campus zu studieren, nach dem Master an der Uni Wien und einem Doktor an der TU Wien ist er jetzt wieder in St. Marx gelandet. Er arbeitet als Projektmanager für das Biotech-Start-up Ares Genetics an Verfahren zur Diagnose antibiotikaresistenter Infektionen. Und seit 2018 ist auch die ÖGMBT-Geschäftsstelle in den Räumen der FH Campus im Biocenter angesiedelt. (Selina Thaler, 24.1.2018)