Ankara – Das türkische Parlament hat der prominenten kurdischen Abgeordneten und Sacharow-Preisträgerin Leyla Zana ihr Mandat in der Nationalversammlung in Ankara entzogen. Grund sei die anhaltende Abwesenheit der Abgeordneten der pro-kurdischen HDP aus dem osttürkischen Agri, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.

Zana war 1995 mit dem "Sacharow-Preis für geistige Freiheit" geehrt worden, dem Menschenrechtspreis des Europaparlaments. Zana hatte bei der Vereidigung nach der Parlamentswahl 2015 für einen Eklat gesorgt. Sie hatte den Text des Eids abgeändert, indem sie ihn auf die "große Nation der Türkei" statt auf die "große türkische Nation" ablegte. Viele Kurden lehnen die Formulierung "große türkische Nation" ab, weil sie aus ihrer Sicht Minderheiten ausschließt. Weil Zana ihren Eid nicht in der vorgeschriebenen Form ablegte, erhielt sie trotz ihres Sitzes kein Stimmrecht im Parlament. Die HDP bezeichnete den Mandatsentzug als "beschämend". Ihre Abgeordneten verließen nach der Abstimmung des Parlament.

Untersuchungshaft

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hält die HDP für den verlängerten Arm der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Acht HDP-Abgeordnete sitzen wegen Terrorvorwürfen in Untersuchungshaft, darunter auch Parteichef Selahattin Demirtas. Einschließlich Zana wurde bisher sechs HDP-Parlamentariern ihr Mandat aberkannt.

Zana hatte bereits 1991 eine Kontroverse im türkischen Parlament ausgelöst: Nach ihrem Eid hatte sie damals auf Kurdisch zur Brüderlichkeit zwischen Kurden und Türken aufgerufen. Unter anderem wegen ihres Verhaltens bei der Vereidigung 1991 verbrachte sie anschließend zehn Jahre im Gefängnis. (APA, 12.1.2018)