Treibende Kraft im Handball: Martin Hausleitner.

Foto: EHF

Einfach nur Sport. Kein Theater. Das ist der Tenor vieler österreichischer Fans in Porec, wenn man sie nach dem Unterschied zwischen Handball und Fußball fragt. Das Theater beherrscht aber den Markt, andere Sportarten abseits des grünen Rasens haben es schwerer denn je mit der medialen Wahrnehmung. Und doch tut sich etwas. "Handball in Europa sieht guten Zeiten entgegen. Die Nationalteams sind starke Lokomotiven, wir wehren uns gegen den Fußball", sagt Martin Hausleitner (50), Generalsekretär der Europäischen Handballföderation (EHF) im STANDARD-Gespräch zum Start der Europameisterschaft in Kroatien.

Vor der Arena Zatika in Porec parkt ein 20 Meter langer Übertragungswagen des norwegischen Fernsehens, quasi ein fahrendes Haus. In Skandinavien haben Nationalteamspiele oft mehr als 50 Prozent Marktanteile im TV, es wird immer öfter in überdachten Fußballstadien gespielt. Bei der EM 2020 wird in der Tele2-Arena in Stockholm vor 25.000 Zuschauern finalisiert, im französischen Lille waren bereits bei der Handball-WM im Vorjahr 30.000 Zuschauern zugegen. "Auch in Spanien, Polen und am Balkan ist Handball sehr beliebt, die Dichte steigt, es können sechs oder sieben Teams den EM-Titel holen."

Guter Schachzug

Der Tullner Hausleitner wechselte im Herbst vom Österreichischen Handballbund (ÖHB) zur EHF, unter seiner Ägide holte Österreich die EM 2010 in die Heimat und qualifizierte sich in der Folge für vier weitere Endrunden (WM 2011 und 2015, EM 2014 und 2018). 2020 findet wieder eine Heim-EM statt, "mit der zweiten EM-Ausrichtung für eine Nation, die sich nicht unter den Top Ten Europas befindet, ist uns schon ein guter Schachzug gelungen", sagt Hausleitner. Auch wegen der Organisation mit zwei Partnern (Norwegen und Schweden). "Ein Glücksfall, weil es in Wien keine taugliche Finalhalle gibt." Man hat Leuchttürme wie den isländischen Teamchef Patrekur Johannesson installiert und wie einige andere Länder auch den Sprung vom Studenten- zum Profisport geschafft. "So ist der Wagen ins Rollen gekommen."

Die Premiumprodukte der EHF sind die Europameisterschaften und freilich die Champions League. Die letzte österreichische Beteiligung liegt fast ein Jahrzehnt zurück, als Bregenz die Gruppenphase der Königsklasse schmückte. Verglichen mit dem großen Fußball, wo die Champions League eine wahre Gelddruckmaschine ist, geben sich die Handballer bescheidener. 3,58 Millionen Euro an Garantieprämien teilten sich in der vergangenen Saison auf 28 Teams auf. Zum Vergleich: In der Fußball-Champions-League schüttete die UEFA 1,3 Milliarden Euro für die Starter aus. Der Vorjahressieger im Handball, Vardar Skopje, konnte sich nach 20 Partien über eine Garantiesumme von 665.000 Euro freuen. Das sind gerade mal 165.000 Euro mehr, als ein Fußballteam allein für ein Remis in der Gruppenphase der Champions League erhält.

Was es im Handball nicht gibt: Eine Liga wie etwa die englische Premier League, die einen dreijährigen TV-Vertrag für 9,5 Milliarden Euro abgeschlossen hat. "Deutschland und Frankreich marschieren im Handball voraus, wir haben aber keine Ligen, die den anderen das Wasser derart abgraben."

Es war 2017, und es war in Köln. Zum ersten Mal war kein deutscher Verein für das Final Four der Handball-Champions League qualifiziert. "Trotzdem war die Arena mit 19.000 Zuschauern ausverkauft, das zeigt, dass unser Produkt funktioniert." Dazu kommt, dass die großen Vereine, die neben dem Fußball über weitere Sportsektionen verfügen, mehr in Handball investieren. "Das geschieht bei Paris Saint-German oder in Skopje."

In Österreich ist die Liga medial kaum präsent, kämpfen Vereine mit schrumpfenden Budgets. Hausleitner: "Trotzdem dürfen wir den sportlichen Vergleich im Europacup nicht scheuen." (Florian Vetter aus Porec, 13.1.2018)