In der Nuklear- und Raketenrüstung hat Nordkorea vergangenes Jahr zwei Durchbrüche schaffen können. Das Land testete am 3. September erstmals eine Wasserstoffbombe mit einer Zerstörungskraft von bis zu 250 Kilotonnen. Zudem wurden 2017 drei Tests von Interkontinentalraketen (ICBMs) durchgeführt – zuletzt am 29. November mit dem Test der Hwasong-15 ("Mars") mit einer Reichweite von 13.000 Kilometern. Die ICBM ist noch nicht operativ einsetzbar, weitere Tests sind noch nötig, wie auch bei den nuklearen Sprengköpfen.

Nordkorea verfügt höchstwahrscheinlich über die Fähigkeit, ausreichend kompakte und leichte Sprengköpfe herzustellen (Miniaturisierung), um diese an ICBMs montieren zu können, ohne deren Reichweite zu stark einzuschränken. Sehr wahrscheinlich fehlt Nordkorea aber die Fähigkeit, Sprengköpfe zu bauen, die dem Druck und der Hitze beim Wiedereintritt in die Atmosphäre standhalten können. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis Nordkorea auch dies beherrschen wird.

Vier Handlungsoptionen sind zu diskutieren, um auf diese nukleare und ballistische Kapazität Nordkoreas zu reagieren: Erzwingende Diplomatie, Militärschläge, Verhandlungen und Abschreckung.

Welcher ist der beste Weg um auf Nordkorea zu reagieren?
Foto: AP/Korean Central News Agency

Erzwingende Diplomatie

Diese Strategie versucht über politische Isolation, diplomatischen Druck und wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen Nordkorea dazu zu zwingen, sein Verhalten zu ändern, das heißt sein Raketen- und Nuklearprogramm auszusetzen. Der Sicherheitsrat der UNO hat bislang bereits neun Sanktionsresolutionen beschlossen, allein 2017 die Resolutionen 2371, 2375 und 2379. Verboten sind nunmehr nordkoreanische Kohle-, Eisen-, Eisenerz und Bleiexporte, der Export von Seenahrung und Textilien. Gastarbeiter aus Nordkorea müssen innerhalb von zwei Jahren zurückgeschickt werden. Diesel- und Benzinlieferungen wurden um 89 Prozent auf nur mehr 500.000 Fässer pro Jahr reduziert. China ist mit 92 Prozent der dominante Handelspartner Nordkoreas und damit der entscheidende Akteur bei der Umsetzung der Sanktionen. Die Exporte nach China sind 2017 um 32 Prozent zurückgegangen. Zudem hat China alle chinesisch-nordkoreanischen Joint Ventures aufgelöst und nordkoreanische Firmen dürfen keine Bankguthaben mehr bei chinesischen Banken haben.

China setzt die UN-Sanktionen weitestgehend um, weil ein nukleares Nordkorea seinen strategischen Interessen schaden würde. Zugleich möchte China die Sanktionen nicht noch weiter verschärfen (völlige Unterbrechung der Ölzufuhr), weil dadurch der Zusammenbruch des nordkoreanischen Regimes ausgelöst werden könnte. Ein wiedervereinigtes Korea mit Militärpräsenz der USA bis an dessen Nordgrenzen, will China unbedingt vermeiden.

Die Strategie der erzwingenden Diplomatie schädigt zwar die nordkoreanische Wirtschaft erheblich, hat Nordkorea bislang aber nicht dazu gebracht, von seiner Raketen- und Nuklearrüstung abzulassen. Putin hat wohl recht, wenn er meint, die Nordkoreaner würden eher "Gras fressen", als von ihrem Rüstungsprogramm abzugehen. Zudem sollte man auch darüber nachdenken, ob es nicht eine humanitäre Grenze für die immer weiter verschärften Sanktionen gibt. Hunger und Verelendung der nordkoreanischen Bevölkerung können keine duldbaren Konsequenzen der Sanktionen sein.

Militärische Optionen

Der heftigste Verfechter einer militärischen Lösung in der Administration von US-Präsident Donald Trump ist Sicherheitsberater H.R. McMaster. Nachgedacht wird dabei über mehrere Varianten: Da wäre zunächst ein Enthauptungsschlag – decapitation strike – gegen die politische und militärische Führung Nordkoreas. Selbst wenn dieser erfolgreich wäre, lassen Überläufer vermuten, dass für diesen Fall niedrigere Kommandoebenen autorisiert sind, konventionell und nuklear zu vergelten.

Eine andere Variante wäre ein präventiver Schlag gegen die Nuklear- und Raketenarsenale Nordkoreas. Die USA wissen nicht einmal, über wie viele nukleare Sprengköpfe Nordkorea verfügt, mehr noch wissen sie nicht, wie viele sich wo befinden. Dasselbe gilt für die verbunkerten Raketen des Landes. Zur geordneten und systematischen Sicherstellung dieser Arsenale wäre eine Bodeninvasion erforderlich. Für alle Varianten gilt das hohe und unberechenbare Risiko einer militärischen Eskalation durch die konventionelle und nukleare Vergeltung Nordkoreas. Das Ergebnis wären entsetzlich hohe Verluste an Menschenleben und ökologischer Zerstörung. Nur wer dies in Kauf nehmen will, kann ernsthaft weiterhin von militärischen "Lösungen" sprechen.

Die USA könnten mit einem militärischen Erstschlag auf die Politik Nordkoreas reagieren.
Foto: AP Photo/Carolyn Kaster, File

Verhandlungen

Sollte die US-Führung davon abrücken, Verhandlungen mit Nordkorea als "waste of time" abzutun, stellt sich zunächst die Frage, ob Verhandlungen durch die USA mit Vorbedingungen verbunden werden – etwa einem längeren Teststopp für Nuklearwaffen und Raketen durch Nordkorea. Dann stellt sich die Frage, worüber denn zwischen Nordkorea und den USA verhandelt werden sollte. Die USA fordern Verhandlungen über die vollständige und verifizierbare Denuklearisierung – Nordkorea will darüber nicht einmal sprechen.

Die Hoffnung wäre, dass beide Seiten sich darauf einigen könnten, über Rüstungskontrollverhandlungen die nordkoreanische Rüstung zu begrenzen und sicherzustellen, dass Nordkorea seine Raketen- und Nukleartechnologie nicht weitergibt. Dafür müsste die USA Zugeständnisse machen – Friedensvertrag, diplomatische Anerkennung, Gewaltverzicht und Lockerung der Sanktionen. Auf absehbare Zeit ist dieser Verhandlungsweg aber verschlossen. Zumindest sollte aber über Krisenkommunikation und vertrauensbildende Maßnahmen verhandelt werden.

Abschreckung

Nordkorea ist ein rationaler Akteur, der sein ballistisches und nukleares Arsenal zur Sicherung der Regime- und Staatsexistenz verwendet. Nordkorea wird Nuklearwaffen nicht offensiv einsetzen, was nicht ausschließt, dass Nordkorea in einem begonnenen militärischen Konflikt als erstes Nuklearwaffen einsetzt (Strategie der asymmetrischen Eskalation). Ein rationaler Akteur mit einer defensiven Nukleardoktrin kann abgeschreckt werden – wie Russland und China auch. Abschreckung würde allerdings bedeuten, Nordkorea als Nuklearwaffenstaat implizit anzuerkennen. Das untergräbt zwar das Non-Proliferation-Regime des NPT (Atomwaffensperrvertrag) nachhaltig, wäre aber letztlich nichts anderes als die Anerkennung der Realität.

Die Strategie der Abschreckung und der Einhegung wäre daher die vermutlich sicherste und risikoärmste Art, mit der Rüstung Nordkoreas umzugehen. In mittlerer Zeitperspektive könnte die Abschreckung dann durch Rüstungskontrollgespräche ergänzt werden.

Die anderen Handlungsoptionen sind erfolglos geblieben (erzwingende Diplomatie), mit katastrophalen Konsequenzen verbunden (Militärschläge) oder, zumindest auf absehbare Zeit, nicht möglich (Verhandlungen). (Gerhard Mangott, 16.1.2018)

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