Im Mittelalter befindet man sich in den ersten Monaten des neuen Jahres zwischen den mehrwöchigen Fastenzeiten Advent und Quadragesima, der vorösterlichen Fastenzeit. Die Rauchfänge und Vorratskammern sind nach dem Schlachten im Dezember gut gefüllt. Die schweren Arbeiten und die kalte Witterung setzen genug und vor allem herzhafte Nahrung voraus. Nicht umsonst hat sich in den Monatsbildern für den Jänner das Sujet der essenden Person oder Personengruppe bereits sehr früh durchgesetzt – der Fasching ist schließlich dazu da, um über die Stränge zu schlagen. Selbstverständlich hat man sich im Mittelalter auch der Völlerei hingegeben, wenn genügend Nahrungsmittel vorhanden waren – die Zeiten der Entbehrung, die es regelmäßig und wohl öfter als den Überfluss gegeben hat, waren allen Betroffenen noch zu gut in Erinnerung. Wie aber kann man sich die mittelalterliche Vorratshaltung vorstellen? Welche Methoden des Haltbarmachens gab es?

Darstellung des Monats Jänner im Breviarium Grimani aus dem 16. Jahrhundert.
Foto: Public Domain

Methoden des Konservierens

Die technischen Hilfsmittel, die das Konservieren von Lebensmitteln erleichtert hätten, wie zum Beispiel luftdichtes Verschließen oder Unterdruck in einem hermetisch verschlossenen Gefäß, wie sie in einer Konservendose, einem Marmeladeglas oder einem Vakuumbeutel entstehen, konnten aufgrund der fehlenden Behältnisse nur bedingt realisiert werden: Vorratsgefäße waren meist aus Stoff (Säcke), Holz (Kisten und Fässer) oder Ton (Krüge) und die Möglichkeiten, diese abzudichten, beschränkten sich auf ein Verdichten mit Lehm, Harz oder Wachs. Selbstverständlich fehlte weitgehend auch die Möglichkeit einer künstlichen Kühlung, wenn auch die konstant niedrigen Temperaturen von Erdkellern oder Brunnenschächten und natürlich Eiskellern ganzjährig genutzt wurden.

Im Zentrum aller Bemühungen standen aber chemische Prozesse, die einen langen Lagerungsprozess unterstützen: Dörren oder Trocknen, Einsalzen oder Einlegen in konservierende Stoffe wie Essig, Zucker oder Honig, Räuchern oder Vergären. Viele Rezepte beschreiben natürlich auch eine Kombination dieser Methoden – man denke dabei nur an das Pökeln und Räuchern von Fleisch und Wurst. Generell war man aber, was die Methoden der Konservierung betrifft, sehr einfallsreich, davon zeugen nicht nur zeitgenössische Berichte, sondern auch eine Fülle an Rezepten und Anleitungen.

Die Lebensmittel

Im 16. Jahrhundert entsteht durch die bereits weite Verbreitung des Buchdrucks eine Literaturgattung, die sehr guten Absatz fand und daher für die wirtschaftlich orientierten Druckereien profitabel war: Ratgeberliteratur. Neben universellen Werken, die dem pater familias, dem Familienoberhaupt, die Führung des Haushalts erleichtern sollte, gab es thematisch fokussierte Werke, die sich mit wirtschaftlichen, medizinischen und natürlich haushaltspraktischen Themen befassten. Eines davon ist die "Teuetsche Speiszkammer" des Hieronymus Bock aus dem Jahre 1555, in dem der Autor in einem Kapitel zusammenfasst, "[w]as die Teütschen im Winter für Gemüse, Kösten (Speisen) und anderes in ihren Küchen kochen und bereitten lassen". 

Dabei beschränkt er sich nicht nur auf die Aufzählung der Nahrungsmittel, sondern es wird schnell klar, dass Vorratshaltung alle Bereiche des täglichen Lebens betraf: Brennholz musste gemacht und unter passenden Bedingungen eingelagert werden sowie Öl und Fett als Brennstoff für Lampen und Kerzen angekauft, aber auch Vieh- und Schweinefutter und Einstreu musste ausreichend vorhanden sein. Bock weist ausdrücklich darauf hin, dass Geflügel (Kapaune, Hühner, Gänse) eine Menge Futter benötigen. Wein, Bier und Salz lagert in Fässern, Käse und Butter füllen die Speisekammer. Kraut ist eingesalzen, Rüben sind als Schutz vor dem Frost vergraben, Kohlköpfe liegen im Keller, Zwiebel und Knoblauch sind geräuchert. Erbsen, Kichererbsen, Linsen und Bohnen sind ausgedroschen und getrocknet, genauso wie Gerste, Hafer, Dinkel und Hirse und lagern an trockenen, luftigen Orten. Birnen und Äpfel liegen zum Teil in Hurten im Keller oder sind zu Kletzen getrocknet worden, wie auch Kirschen, Pflaumen, Zwetschken, Weintrauben und Speierling. Ein Teil des Obstes ist zu Latwerge (eine Art eingekochtes und getrocknetes Obstmus) verarbeitet oder in Honig eingelegt worden, Kastanien, Haselnuss, Walnuss und Mandeln lagern getrocknet im Speicher. Fisch wird gedörrt oder eingesalzen zugekauft und Fleisch im Winter frisch produziert. Brunnenkresse und gefrorenes Kohlgemüse ergänzen die winterliche Diät.

Anleitungen zur Lagerung

Vor allem die Pelzbücher, in denen die Veredelung der Obstgehölze beschrieben wird, bringen Hinweise, wie man das Obst für die Lagerung den Winter über vorbereiten könne. Gottfried von Franken gibt im entsprechenden Kapitel seines Buches detaillierte Ratschläge: Es soll nur das schönste und beste Obst eingelagert werden, das vorsichtig und unverletzt geerntet worden ist. Der Lagerort muss ohne Zugluft, aber kühl sein. Das Obst kann in Stroh gebettet oder aber in abgedichteten Fässern in den Brunnenschacht gehängt werden. Es kann mit Leim, Gips oder Pech umhüllt werden und hält dadurch sehr lange. Weintrauben kann man in ihrem eigenen Saft in einem abgedichteten Holzfass in der Erde vergraben – hier ergänzt er, dass man das auch ohne den Fruchtsaft machen könne und auf diese Weise auch jegliches andere Lebensmittel konservieren könne. Durch das Einlegen in Honig werden alle Arten von Früchte haltbar gemacht.

Gottfried schließt das Kapitel mit der Anekdote, dass er Äpfel schon einmal in einem Fass Hafer gelagert gesehen habe. Bartholomäus Platina, Humanist, Bibliothekar und erster italienischer Kochbuchautor, empfiehlt das Lagern von Äpfeln in Hurten und rät, dass man sie wiederholt kontrollieren solle und die faulen Früchte regelmäßig aussortiert. Nüsse sollen im trockenen Keller in frischem Sand gelagert werden. 

Kalenderblatt Dezember, um 1475. In diesem Monat wird geschlachtet.
Foto: Public Domain

Eine Kochrezeptsammlung aus Augsburg, zusammengetragen vom Zunftbürgermeister Ulrich Schwarz in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, überliefert ein Rezept für "Westfälisches Schweinefleisch": Darin wird nicht nur genau beschrieben, wie man das Schwein kaufen, mästen und Anfang Dezember schlachten solle, sondern auch wie man das Fleisch anschließend pökelt und räuchert. Verarbeitet werden dabei Schinken und Schultern mit Schwarte und am Knochen. Sie werden mit Salz eingerieben und in einem Bottich in Salz gesurt. Nach bis zu 21 Tagen wird das Fleisch in den Kamin gehängt und bis Mai hängen gelassen. Im Mai kann man das Fleisch durch Einreiben mit einer Paste aus Weinessig und Salz nochmals bearbeiten und weiter im Kamin belassen werden, bis das Fleisch den richtigen Trocknungsgrad erreicht hat und eine schöne rote Farbe aufweist.

Realität versus Fiktion

Die von Hieronymus Bock beschriebene Vorratshaltung umfasst zwar alle Lebensbereiche und schildert alle Möglichkeiten der Konservierung, der historischen Realität wird diese Fülle und Abwechslung an Nahrungsmitteln wohl nur in den seltensten Fällen entsprochen haben. Eine Quelle, die aus dem täglichen Leben erzählt, das "Itinerar des Paolo Santonino", berichtet dazu Anderes: Aus dem Umstand heraus, dass die bischöfliche Reisegesellschaft bei vielen Festessen regelmäßig Kraut und Speck serviert wurde, entwickelt sich eine Art Running Gag, der sich durch die gesamte Erzählung zieht. Besonders spitz gestaltet sich dieser Teil des Berichts vom 5. Oktober 1485: "Und, sieh’ da, sofort brachte einer von den Dienern eine breite Schüssel, sie auf erhobenen Händen tragend, mit Kraut über einem Stücke Speck. Von dem enthielt sich Santonino, weil es für seinen schwachen und wenig aufnahmsfähigen Magen zu schwer war, und, um die Wahrheit zu gestehen, bei diesem Gerichte schienen fast alle dasselbe Magenleiden zu haben." Aber auch die Aufzeichnungen zur Ernährung im Kloster Tegernsee im Spätmittelalter bezeugen eine sehr Kohlgemüse-lastige Ernährung – was aufgrund der guten Produktions- und Lagereigenschaften dieses Gemüses nur zu gut nachvollziehbar ist.

Die poetischen Texte des Mittelalters bringen vereinzelte Beispiele, die den von Bock erstellten Gesamtbefund durchaus bestätigen: Wolfram von Eschenbach vergleicht das Geräusch beim Aufeinanderprallen der Ritter beim Tjost mit dem Platzen von Kastanien, die ins Feuer geworfen wurden: "da erhal manc rîchiu tjoste guot, / als der würfe in grôze gluot / ganze castâne" (Parzival 378,15: Da schallte manch ein guter Tjost, als würde jemand ganze Kastanien ins Feuer werfen). Neidhard beklagt sich in seinen Winterliedern nicht nur darüber, dass er, um seinen Haushalt zu bevorraten, das ganze Jahr über Getreide und Salz kaufen müsse, sondern auch über den Aufwand, den er betrieben hatte, ein Huhn, (das ihm nun getötet worden war), durch den Winter zu füttern:

mir sluoc Volrât mîn huon,
daz ich und mîn liebez wîp
den winter kûme ernert.
daz was ein henne guot,
und gienc staet unbehuot,
dâ von sie verlôs den lîp.

(Winterlied Nr. 17: Volrat hat mein Huhn geschlachtet, das ich und meine liebe Frau den Winter über mit Mühe durchgefüttert habe. Es war eine gute Henne, sie ging ohne Aufsicht herum, deshalb hat sie auch ihr Leben verloren.)

Kochen mit Vorräten

Die Kochrezepte des Mittelalters sind Texte von Profis für Profis und setzen dabei voraus, das ein Rezipient weiß, wo und in welchem Zustand er die einzelnen Zutaten bekommt. Manchmal verrät der Name eines Lebensmittels wie zum Beispiel bei den Kletzen, dass es sich dabei um etwas Konserviertes handelt, manchmal ist schon aufgrund der Herkunft eines Lebensmittels klar, dass es in irgendeiner Weise haltbar gemacht sein muss, um den Transport nach Westeuropa zu überstehen, wie zum Beispiel alle orientalisch-asiatischen Gewürze, Mandeln oder Rosinen ("welsche" Weinbeeren).

Bei Hülsenfrüchten weist meist das vorbereitende Procedere darauf hin, dass die Zutat nicht wie wir es gewohnt wären, gelagert wird: Vor allem Bohnen und Erbsen müssen vor ihrer Verarbeitung säuberlich ausgeklaubt, von ihrer Schale befreit und dann erst verkocht werden. "Willst du Böhmische Erbsen machen, so siede die Erbsen in einer Lauge bis sie beginnen die Hüllen zu verlieren. Gieße sie dann in ein Schaff und walke sie auf einem groben Sieb und wasche sie dann ohne Haut gründlich mit Wasser. Lass sie kochen und versalze sie nicht", heißt es in einer Rezeptsammlung der Österreichischen Nationalbibliothek.

Dieser Zusatz "… und versalz es nicht …" hat bei den mittelalterlichen Kochrezepten den Charakter eine Schlussformel erlangt, sein Ursprung ist aber wohl im Umstand zu finden, dass man beim Kochen mit gepökeltem Fleisch darauf achten muss, die Speisen nicht noch zusätzlich zu salzen – und sie damit möglicherweise zu versalzen.

Rezepte zum Konservieren von Lebensmitteln

Vereinzelt finden sich in den Kochrezeptsammlungen auch elaborierte Kochanweisungen (wie die Zubereitung des Westfälischen Schinkens), um Lebensmittel zu konservieren: Allen voran natürlich Rezepte für Latwerge, die als Vorstufe unserer Marmeladezubereitungen gesehen werden kann. Ein Rezept beschreibt, wie man frischen Ingwer einzulegen hat, damit er Aussehen, Geschmack und Konsistenz der Importware aus Damaskus erreicht. Ein anderes Rezept für eine "Maisauce" findet sich in vielen Rezeptsammlungen, in der eine Vielzahl an frischen Frühlingskräutern – meist: Bohnenkraut, Salbei, Mangold, Petersilie – gesammelt, getrocknet und zu Pulver gerieben werden, damit man auch im Winter durch Anrühren mit Flüssigkeit (zum Beispiel Essig) eine schmackhafte Sauce erhält.

Ein weiteres verspricht schon in seinem Titel, dass hier Fisch konserviert wird: "Item wiltu gepachen fischs ain jar behalten my[n]der oder me". Will man nun gebratenen Fisch übers Jahr aufbewahren, so muss man ihn nach dem Anbraten schichtweise mit Pfeffer und einer Marinade aus Essig und Honig in ein Fässchen schichten, das dicht verschlossen wird:

Darnach nymm ain feßlin und tuo gestoßen pfeffer zuo dem ersten darein und auf den pfeffer tuo ain legg fischs und auf die fischs aber pfeffer etc. Also tuos, wievil du wilt: alweg ain legg mit pfeffer und aine mit fischen. Und luog, daz zuo öberst pfeffer sey.

Russen mit Honig und Pfeffer inspiriert von einem mittelalterlichen Rezept
Helmut W. Klug

Das damit zu assoziierende Geschmackserlebnis hat in unserer Vereinsarbeit folgendes, schnell zu realisierendes Rezept hervorgebracht: Russen werden in mundgerechte Stücke geschnitten, auf einem Teller angerichtet und großzügig mit Honig und Pfeffer gewürzt. Nicht lange stehen lassen, denn der Fisch lässt sehr schnell Flüssigkeit, sodass der angerichtete Teller nicht mehr hübsch anzusehen ist.

Was hier natürlich fehlt ist das Brataroma: Will man das zusätzlich haben, kann man frischen Fisch (Forelle, Saibling, Sardinen) kurz sehr scharf anbraten und in einer Marinade aus Essig, Honig und Pfeffer fertiggaren lassen. Eine heute noch bekannte Variante dieses Gerichts ist das venetische Sarde in saòr. (Helmut W. Klug, 29.1.2018)

Literaturhinweise

  • Ankenbrand, Roswitha: Das Pelzbuch des Gottfried von Franken. Heidelberg: Univ., Diss., 1970.
  • Bock, Hieronymus: Teutsche Speiszkammer. Straßburg: Rihel 1555.
  • Egger, Rudolf: Die Reisetagebücher des Paolo Santonino. Übersetzung aus dem Lateinischen. Klagenfurt: Kleinmeyer 1947.
  • Goldene Speisen in den Maien. Das Kochbuch des Augsburger Zunftbürgermeisters Ulrich Schwarz († 1478). Hrsg. v. Gerhard Fouquet. St. Katharinen: Scripta-Mercaturae-Verl. 2000.
  • Platina, Bartholomaeus: Von allen Speisen und Gerichten, Koch und Kellerey. Augsburg 1530.
  • Schulz, Anne: Essen und Trinken im Mittelalter (1000-1300). Berlin, Boston: de Gruyter 2011.
  • Salzburger Neidhart-Edition. Hrsg. v. Ulrich Müller, Ingrid Bennewitz, Franz Viktor Spechtler. Bd. 1. Berlin [u.a.]: de Gruyter 2007.
  • Wolfram von Eschenbach: Parzival. Bd. 1. Stuttgart: Reclam 1981.

Weitere Beiträge im Blog