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Premier Alexis Tsipras spricht am Montag noch einmal zu den Abgeordneten in Athen vor der Abstimmung über das vorerst letzte Reformpaket, dass die Gläubiger Griechenlands positiv stimmen soll.

Foto: reuters / Alkis Konstantinidis

Es soll eines der letzten, wenn nicht sogar das letzte "Omnibusgesetz" in Griechenland unter Aufsicht der Kreditgeber sein. Auf mehr als 1.300 Seiten inklusive der Anhänge war das Sammelsurium von Spar- und Reformmaßnahmen angeschwollen, bevor es am Montagabend im Parlament beschlossen wurde. Vor allem das Finanzministerium hatte in den vergangenen Tagen immer weitere "Passagiere" in diese Busladung verschiedenster neuer Gesetze gestopft, die Kasinos auf Mykonos oder die Neuberechnung der Familienhilfe für Kinder betreffen.

Es sei das erste Gesetzespaket, das mehr positive als negative Elemente enthalte, hatte Finanzminister Euklid Tsakalotos bei den Beratungen in den Parlamentsausschüssen erklärt. Es war der einzige Trost für die in den vergangenen drei Jahren ein ums andere Mal in arge Gewissensnöte gebrachte Fraktion der linksgerichteten Regierungspartei Syriza.

Ende der Verbiegungen

Tsakalotos und Premier Alexis Tsipras waren am Montag gleichwohl zuversichtlich in die Abstimmung gegangen. Letzte Bedenken von Syriza-Abgeordneten seien ausgeräumt worden, hieß es. Das Ende der politischen Verbiegungen glaubt die "Koalition der Radikalen Linken", so der offizielle Parteiname von Syriza, schließlich in Sicht: Im August läuft das mittlerweile dritte Kreditprogramm für Griechenland aus.

Die Annahme dieses neuen Gesetzespakets war Voraussetzung für den Abschluss der dritten und vorletzten Überprüfung durch die europäischen Geldgeber. Stellen die Finanzminister der Eurogruppe bei ihrer nächsten Sitzung am 22. Jänner den erfolgreichen Abschluss dieser Budgetüberprüfung fest, ist der Weg für die nächste Kreditrate frei.

6,7 Milliarden Euro sollen es dieses Mal sein. 40,2 Milliarden Euro sind bisher vom dritten Rettungskredit 2015 ausbezahlt worden. Er wird damit am Ende des Programms im August weit unter der ursprünglich fixierten Kreditlinie von 86 Milliarden bleiben.

"Polster" bis August

Das Finanzministerium in Athen revidierte vergangenen Freitag die Höhe der beantragten nächsten Tranche von 4,5 auf letztlich 6,7 Milliarden Euro. Dies soll auf Drängen der Gläubiger geschehen sein, die ein "Polster" von 2,2 Milliarden Euro für die Zeit bis August für notwendig erachten.

Mit dem neuen Gesetzespaket erfüllte die Regierung Tsipras eine lange Liste letzter Vorgaben der Kreditgeber, wobei einige der vereinbarten, aber bisher nicht erfüllten Maßnahmen auf die Zeit des zweiten Rettungskredits von 2012 zurückgehen. Besonders umstritten waren diesmal zwei Punkte: die Änderung des Streikrechts und die Familienbeihilfe.

Kinderreiche Familien mit nicht geringem, aber doch kleinem Einkommen werden durch die Neuberechnung der Familienbeihilfe schlechtergestellt, merkten auch Syriza-Abgeordnete an und forderten Korrekturen. Für die Ausrufung eines Streiks muss künftig die Hälfte aller Mitglieder einer Gewerkschaft stimmen und nicht mehr nur ein Drittel.

Streiks und Proteste

Die Gewerkschaften legten am Montag den öffentlichen Transport und zeitweise auch den Flugverkehr lahm. Zudem kam es während der Abstimmung im Parlament vor dem Gebäude zu Ausschreitungen. Etwa 100 Linksradikale lösten sich aus einer friedlichen Demonstration von mehreren Tausend Menschen und warfen Farbbeutel und Steine auf Polizisten. Die Beamten setzten Tränengas und Blendgranaten ein. (Markus Bernath aus Athen, 16.1.2018)