Das Gemälde "Italienische Stadt mit Wasserfall" von Jakob Philipp Hackert gehörte einst dem Hamburger Unternehmer Franz Rappolt, der 1943 im KZ Theresienstadt umkam.

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Der zugehörige Eintrag in der Datenbank Lost Art ist noch online (Abruf: 16. Jänner 2018).

Foto: Screenshot Lost-Art

Der relevante Hinweis zur tatsächlichen Herkunft des Gemäldes fand sich in den Geschäftsbüchern Hildebrand Gurlitts: 15. Mai 1939: "Franz Rappolt: Hackert Landschaft (…) 700,–" (erste Zeile).

Foto: Taskforce Kunstfund

Berlin/Köln – Die Bundesrepublik Deutschland hat dieser Tage das Gemälde "Italienische Stadt mit Wasserfall" von Jakob Philipp Hackert (1737–1807) an die Erben des Hamburger Unternehmers Franz Rappolt restituiert. Die problematische Provenienz war erst 2015 bekanntgeworden. Bis dahin habe das Bild laut Buchautor Maurice Philip Remy ("Der Fall Gurlitt", Europa-Verlag 2017) "eine der Amtsstuben des Auswärtigen Amtes" geschmückt.

Das 1794 gemalte Werk zeigt die Stadt Isola di Sora (heute Isola del Liri) und einen der unweit gelegenen Wasserfälle. Im April 1940 war es von der Galerie Karl Haberstock für 11.500 Reichsmark (RM) an die Reichskanzlei verkauft worden und verblieb nach dem Zweiten Weltkrieg in Bundesbesitz.

Falsche Angaben von Hildebrand Gurlitt

Im Zuge damaliger Recherchen konnte die Herkunft nur teils rekonstruiert werden: In den Geschäftsbüchern Haberstocks fand sich der Vermerk, dass er das Gemälde zuvor im Jänner 1940 für 2.850 RM von Hildebrand Gurlitt erworben hatte.

Auf Nachfrage der Behörden teilte Gurlitt damals mit, es stamme aus norddeutschem Privatbesitz. Konkret habe er "den Hackert in Niendorf gekauft", jedoch könne es "aber auch sein, dass es eine andere Sammlung war, an die ich mich zu erinnern seit Monaten quäle". Diese Käufe würden aus einer Zeit "lange vor dem Kriege, etwa im Jahr 1937" datieren, wie er im Juni 1951 schriftlich erklärte.

Gurlitt-Geschäftsbücher brachten Klarheit

Die Angaben wurden nie in Zweifel gezogen und übernommen. Mehr Aufschluss sollten hierzu die Geschäftsbücher Hildebrand Gurlitts geben, die sich im Besitz seines Sohnes Cornelius erhalten hatten. Sie fanden sich zwei Jahre nach der Beschlagnahme der Sammlung ("Schwabinger Kunstfund") im Februar 2014 in seinem Haus in Salzburg.

Bei den Einträgen für Mai 1939 vermerkte Hildebrand Gurlitt dort am 15. Mai: "Franz Rappolt: Hackert Landschaft" und den Ankaufspreis von 700 RM. Damit konnte die tatsächliche Herkunft des Gemäldes geklärt werden.

Franz Rappold war einst einer der größten Textilunternehmer Deutschlands. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde das von seinem Vater Joseph 1862 mitbegründete Unternehmen arisiert. Seinen Privatbesitz musste Rappold sukzessive veräußern, darunter auch Kunstwerke wie das genannte. Mitte Juli 1942 wurde er in das KZ Theresienstadt deportiert, wo er im November 1943 umkam. Knapp 75 Jahre später nahmen seine Nachfahren das Gemälde nun im Depot in Berlin in Empfang.

Ungeklärte Hackert-Ankäufe

Derweil harren weitere Gemälde von Jakob Philipp Hackert in der Obhut der deutschen Bundesverwaltung der endgültigen Klärung ihrer Provenienzgeschichte, wie ein Blick in die Lost-Art-Datenbank zeigt: etwa die "Ebene von Capua, vom Schloß Caserta gesehen" (1784), die ebenso wie "Blick von Hackerts Villa in Florenz" (1805) einst über den "Sonderauftrag Linz" in der NS-Zeit an die Reichskanzlei verkauft worden war. (Olga Kronsteiner, 16.1.2018)