Vor der Wahl stimmte die FPÖ von Heinz-Christian Strache noch Verbesserungen bei der Notstandshilfe zu.

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ÖVP und FPÖ haben die Wähler in die Irre geführt. Vor der Wahl war noch keine Rede von der Abschaffung der Notstandshilfe und schon gar nicht von einem stärkeren Zugriff auf Vermögen von Langzeitarbeitslosen nach dem Vorbild der Mindestsicherung.

Die FPÖ hatte wenige Tage vor der Nationalratswahl sogar die Chuzpe, einen gemeinsamen Beschluss mit SPÖ und Grünen zu fassen, durch den künftig das Partnereinkommen bei der Notstandshilfe nicht mehr angerechnet wird. Vor der Stimmabgabe wurden also Wahlzuckerln serviert, danach werden die sauren Drops aufgetischt.

Ungleichbehandlung

In der Sache finden sich allerdings durchaus Argumente dafür, die Ungleichbehandlung von Mindestsicherungs- und Notstandshilfebeziehern abzuschaffen. Wer einmal einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben hat, kann theoretisch bis zur Pension Notstandshilfe beziehen, egal wie viel Geld er sich erspart oder geerbt hat. In der Mindestsicherung, die unabhängig von Versicherungszeiten beantragt werden kann, werden von Anfang an Vermögensüberprüfungen durchgeführt.

Gegner einer Reform verweisen gern darauf, dass es sich bei der Notstandshilfe um eine Versicherungsleistung handelt. Rechtlich stimmt das auch, den anderen Beitragszahlern gegenüber wäre es aber fairer, eine versicherungsmathematisch ermittelte Höchstdauer für diese Leistung festzulegen. Denn wer langfristig auf Hilfe angewiesen ist, ist eigentlich ein Fall für eine klassische Sozial- und keine Versicherungsleistung.

Wertungsfrage

Die Frage ist nun: Ab wann soll die Mindestsicherung greifen, und welche Vermögensfreibeträge soll es geben? Das ist nicht nur eine finanzmathematische, sondern auch eine politische Wertungsfrage. Der aktuelle Freibetrag in der Mindestsicherung von rund 4.300 Euro ist definitiv sehr niedrig angesetzt. Hartz IV ist bei uns zwar ein verpönter Begriff, weil im Nachbarland ein großer Niedriglohnsektor entstanden ist, sieht aber beim Vermögenszugriff eine soziale Staffelung vor, an der man sich orientieren könnte. Wer jünger ist, hat einen geringeren Freibetrag, ältere Deutsche dürfen bis zu 10.000 Euro an Vermögen behalten.

Es hat nichts mit brutalem Neoliberalismus zu tun, wenn jemand, der noch größere Geldbeträge auf dem Konto und schon mehrere Jahre Arbeitslosengeld bezogen hat, vorerst nicht weiter mit staatlichen Leistungen finanziert wird. Das kann man den Wählern erklären. Fair wäre es gewesen, wenn man das vor der Wahl zur Diskussion gestellt hätte. (Günther Oswald, 16.1.2018)