Was den Durchschnittswert betrifft, liegt Österreich in Sachen Transparenz gleichauf mit anderen bereits getesteten Ländern wie Deutschland, der Slowakei oder Irland. Allerdings scheren die heimischen Ergebnisse nach oben wie auch nach unten aus, zeigt eine neue Erhebung von Transparency International.

Foto: Robert Newald

Wien – Wer wissen will, wie viel Steuereuros an die Perchtoldsdorfer Feuerwehr fließen, wer die Telefonnummer der ortseigenen Minigolfanlage sucht oder letzte Wahlergebnisse recherchiert, der findet Antworten auf der Website der niederösterreichischen Marktgemeinde. Perchtoldsdorf ist für österreichische Verhältnisse ziemlich transparent. Konkret: Platz sechs im Index "Transparente Gemeinden 2017" der Antikorruptionsorganisation Transparency International.

Spitzenreiter Wien

Der Verein hat erstmals Österreichs fünfzig größte Städte und Gemeinden überprüft: Welche Informationen stehen den Bürgern online zur Verfügung? Wie einfach lassen sie sich finden? Ganz vorne liegen Wien, Villach, Graz und Linz. Im Durchschnitt kommen die Gemeinden jedoch lediglich auf ein Drittel des zu erreichenden Werts.

Abgefragt wurden allgemeine Informationen über die Öffnungszeiten der Ämter, das Budget und die Mandatare genauso wie politisch heikle Angaben über Förderungen und wirtschaftliche Interessen der Gemeindepolitiker. Besonders intransparent sind die österreichischen Kommunalverwaltungen demnach, wenn es um öffentliche Vergabe und Beschaffung sowie den Verkauf öffentlichen Eigentums geht.

Schlusslicht Wolfsberg

Was den Durchschnittswert betrifft, liegt Österreich gleichauf mit anderen bereits getesteten Ländern wie Deutschland, der Slowakei oder Irland. Allerdings scheren die heimischen Ergebnisse nach oben wie auch nach unten aus: Spitzenreiter Wien schaffte 82,72 Punkte, Villach und Graz liegen etwas darunter. Dagegen kam die Kärntner Bezirkshauptstadt Wolfsberg gerade einmal auf 5,75 Punkte, Feldbach in der Steiermark auf 12,35. In anderen Ländern seien zumeist Werte zwischen 20 und 70 ermittelt worden, erklärt Transparency-Vorständin Eva Geiblinger.

Grundsätzlich schneiden größere Gemeinden besser ab als die kleineren. "Ab 60.000 Einwohnern scheint ein Schwellenwert erreicht, ab dem gewisse Transparenz vorhanden ist", sagt Thomas Gradel, Geschäftsführer des Antikorruptionsvereins.

Transparenz in Traiskirchen

Perchtoldsdorf nahm im Vorfeld an einem Pilotprojekt von Trancparency International teil – worauf die Studienautoren auch das gute Abschneiden der 15.000-Einwohner-Gemeinde zurückführen. Der Verein hat dem dortigen Gemeinderat nach einer ersten Analyse Vorschläge übermittelt, wie die Ortschaft ihren Bürgern mehr Informationen bieten kann. Einiges davon wurde umgesetzt. Mit dem vor allem für sein Flüchtlingslager bekannten Traiskirchen in Niederösterreich ist allerdings auch noch eine zweite vergleichsweise kleine Gemeinde unter den Top Ten des Rankings. Angeboten wurde die Teilnahme an dem Pilotprojekt allen Städten und Gemeinden, die überprüft wurden – außer in Perchtoldsdorf bestand aber nirgends Interesse.

Insgesamt bezeichnen Geiblinger und Gradel das Ergebnis als "gar nicht so schlecht", allerdings vor allem deshalb, weil die allerbesten Ergebnisse im internationalen Vergleich recht hoch ausfallen. Der Abstand zwischen Platz vier (Linz) und Platz fünf (Klagenfurt) sei dann mit fast zwanzig Punkten aber bereits sehr groß. Spätestens ab diesen Rängen gebe es "noch viel Luft nach oben" und "erheblichen Aufholbedarf", sind sich die Experten einig. Lediglich sieben der fünfzig überprüften Städte und Gemeinden erreichen überhaupt mehr als die Hälfte der möglichen Punkte.

Forderungen an Türkis-Blau

Auch die neue Regierung lässt Geiblinger nicht aus der Pflicht: Der Verein fordert seit langem die Aufhebung des Amtsgeheimnisses und ein Informationsfreiheitsgesetz. Im türkis-blauen Regierungsprogramm findet sich beides nicht. "Wir geben noch eine Schonfrist, aber dann stehen wir in der Türe", kündigt die Wissenschafterin an.

Ihre Organisation will den Transparenzindex künftig alle zwei Jahre neu auflegen und Gemeinden auszeichnen, die zumindest 75 Prozent der Punkte erreichen. Beim ersten Durchlauf waren das Wien, Villach und Graz, die sich nun mit dem Siegel "Transparente Gemeinde 2017" in Bronze schmücken dürfen. Silber wäre ab 85 von 100 Punkten möglich, Gold ab 95.

Interventionsversuche

Einige Gemeinden hatten übrigens Interventionsversuche gestartet, um zu verhindern, dass die Erhebung veröffentlicht wird – womit sie bei Transparency International abprallten. Geiblinger geht davon aus, dass es sich dabei um Anlaufschwierigkeiten handelt, und will das Projekt auch auf kleinere Gemeinden ausdehnen: "Beim nächsten Durchgang hat sich rumgesprochen, dass wir niemanden totschießen, sondern kommen, um zu helfen." (Katharina Mittelstaedt, 18.1.2018)