Gewiss: Migration als Wahlkampfthema ist keine ungarische Spezialität. In den vergangenen Monaten stand die Fokussierung auf den Umgang mit Flüchtlingen auch in Deutschland, Österreich oder Tschechien ganz oben auf der To-do-Liste der Politstrategen.

Ungarns nationalkonservative Regierung jedoch geht einen Schritt weiter. Sie hat es geschafft, eine komplexe Debatte werbewirksam zu personalisieren: Der liberale US-Milliardär George Soros steht ikonengleich für alles, was Premier Viktor Orbán ablehnt. Auch für Flüchtlinge, die Soros – so sein vermeintlicher Plan – nach Europa holen wolle, um dessen christliche Prägung zu zerstören.

Der jüngste Gesetzesvorschlag, der die Arbeit auslandsfinanzierter Flüchtlings-NGOs einschränken soll, richtet sich angeblich gegen Organisationen, die illegale Migration unterstützen. Das wären etwa Schlepperbanden, die sich aber bekanntlich nicht in gemeinnützigen Vereinen organisieren. Doch Regierungsvertreter scheinen knapp drei Monate vor der Wahl im Trüben fischen zu wollen. Sie nennen das Gesetz einfach "Stop-Soros-Paket" und knüpfen damit an ihr monatelanges mediales Trommelfeuer an.

Auch dass in Brüssel wegen Diskriminierung von EU-Ausländern wohl bald juristische Bedenken laut werden, ist mit Soros' "Hilfe" rhetorisch leichter vom Tisch zu wischen: Als nationalistische Chiffren sind die Begriffe "Brüssel" und "Soros" in Budapest längst ein eingespieltes Team. (Gerald Schubert, 18.1.2018)