"Man kann in die Leute nicht hineinschauen", bedauert Rabl, "man kann auch im Vorfeld keinen Test machen oder beim Vorstellungsgespräch im Magistrat fragen, ob einer Nazi ist oder nicht."

Foto: APA/JOE KLAMAR

Wels – Der Fall eines ehemaligen Angestellten der Welser Stadtwache, der mit einer Hakenkreuzfahne in seinem Schlafzimmer fotografiert und deshalb von FPÖ-Bürgermeister Andreas Rabl Ende 2017 fristlos entlassen worden ist, bringt den blauen Stadtchef jetzt in Erklärungsnotstand. Wie berichtet, stritt Rabl ab, dass der Mann, dessen Fall von der Staatsanwaltschaft Wels geprüft wird, FPÖ-Mitglied sei. Dem STANDARD sagte Rabl damals: "Der ehemalige Mitarbeiter ist kein Mitglied der FPÖ. Uns als Stadt ging es darum zu zeigen, dass wir ein solches Verhalten nicht dulden. Und das haben wir mit der Entlassung auch gezeigt. Von einer Tätigkeit für die AUF weiß ich nichts."

Ex-Stadtwache-Angestellter: "Hat jeder gewusst"

Dem widersprach nun der 40-Jährige, der mittlerweile zum Islam übergetreten sein soll, in einem Interview mit der "Kronen Zeitung" selbst: Er sei nicht nur zwischen 2013 und Juli 2017 Parteimitglied der FPÖ gewesen, was "jeder gewusst" habe, er habe sogar "engen Kontakt zu Rabl" gehabt, so der Mann. Durch Rabl sei er zur Aktion Unabhängiger und Freiheitlicher Gewerkschafter (AUF) gekommen, für die er 2014 bei der Personalvertretungswahl im Magistrat kandidiert hat.

Auf genau diese Kandidatur wiesen vor zwei Wochen auch schon Aktivisten der Welser Antifa hin, die dem Bürgermeister nicht glaubten, dass der Fahnenbesitzer kein FPÖ-Mitglied war. Nach Veröffentlichung des Interviews in der "Krone" fordert Antifa-Vorsitzender Werner Retzl nun den Rücktritt von Rabl. "Die Öffentlichkeit wurde vom Welser FPÖ-Bürgermeister mit voller Absicht belogen", so Retzl in einer Aussendung. Als Bürgermeister sei er "völlig untragbar". Andreas Rabl wolle "vertuschen, wie tief die Welser FPÖ im braunen Sumpf steckt, während er selbst gern den Antifaschisten spielt. Wenn er noch einen Funken Anstand hat, zieht er die Konsequenzen!"

Rabl: "Das habe ich nicht gesagt"

Der Bürgermeister streitet auf Nachfrage des STANDARD am Freitag ab, die Parteimitgliedschaft des Ex-Magistratsmitarbeiters überhaupt jemals in Abrede gestellt zu haben: "Das habe ich nicht gesagt", sagt Rabl, "ich habe gesagt, er ist nicht Mitglied, und er war es zur Zeit des Auftauchens des Fotos auch nicht mehr." Ob es stimme, dass er engen Kontakt zu dem Mann hatte, quittiert Rabl mit "natürlich habe ich ihn gekannt".

Dabei stand selbst in einer Aussendung von Rabls Büro Anfang Jänner: "Entgegen anders lautenden Mutmaßungen ist der seit Dezember wegen einer Hakenkreuzfahne in seinem Schlafzimmer entlassene Magistratsmitarbeiter kein FPÖ-Mitglied. Die FPÖ lehnt ein derartiges Verhalten entschieden ab und begrüßt daher die getroffenen arbeitsrechtlichen Maßnahmen."

Auf die Frage, ob er ihn zur AUF gebracht habe, meint Rabl am Freitag: "Das kann ich nicht sagen, ich glaube nicht, weil ich mit der AUF nicht viel zu tun habe."

Bürgermeister: Kann in die Leute nicht hineinschauen

"Man kann in die Leute nicht hineinschauen", bedauert Rabl, "man kann auch im Vorfeld keinen Test machen oder beim Vorstellungsgespräch im Magistrat fragen, ob einer Nazi ist oder nicht." Man dürfe ja überhaupt keine privaten Fragen stellen bei so einem Gespräch, "weder ob wer schwanger ist oder eine Krankheit hat noch die politische Gesinnung". Zudem habe sein Vorgänger und nicht er den Mann im Magistrat eingestellt.

Darauf hingewiesen, dass aber bei der Aufnahme in eine Partei politische Gespräche doch erwartbar wären, betonte der Bürgermeister: "Es gibt keinen einzigen Fall in der ganzen FPÖ Wels, wo jemand wegen NS-Wiederbetätigung gerichtsrelevant wurde".

Wenig später präzisierte Rabl bei einem weiteren Telefonat mit dem STANDARD, dass ihm "kein Fall bekannt ist, wo jemand wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt wurde".

Einzelfälle in Wels

Tatsächlich braucht es keine aufwendige Recherche, um zumindest einen Fall sofort zu finden: Ein Mitglied der Welser Gemeinderatsfraktion der FPÖ stand vor Gericht, weil er Rudolf Heß als Märtyrer verherrlicht hatte. Der Prozess endete tatsächlich durch eine Diversion. Der Fall ist in der Broschüre "Lauter Einzelfälle? Die FPÖ und der Rechtsextremismus", die das Mauthausen-Komitee Österreich letzten Sommer publiziert hat, dokumentiert. Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Gerhard Deimek hatte diese Broschüre auf Twitter als "fake und gelogen" verunglimpft, musste aber seinen Tweet widerrufen. (Colette M. Schmidt, 19.1.2018)