Portugals Expremier Jose Socrates musste 2011 nach Ermittlungen zurücktreten.

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Lissabon/Luanda/Wien – Es ist zumindest ein erstaunlicher Zufall, der Portugals Medien seit Tagen beschäftigt: Am 8. Jänner hatte Angolas Präsident João Lourenço die portugiesischen Antikorruptionsbehörden attackiert, weil diese wegen Geldwäsche- und Bestechungsvorwürfen gegen den ehemaligen Vizepräsidenten seines Landes, Manuel Vicente, ermitteln. Einen Tag später kündigte Portugals sozialistische Regierung an, das Mandat von Oberstaatsanwältin Joana Marques Vidal nicht mehr zu verlängern. In ihren Aufgabenbereich fallen vor allem zahlreiche hochrangige Fälle von Untersuchungen des Korruptionsverdachts – etwa jener, in dem Vicente vorgeworfen wird, portugiesische Beamte bestochen zu haben, um Ermittlungen wegen Geldwäsche gegen ihn zu stoppen.

Dass es einen Zusammenhang gäbe, bestreitet die Regierung in Lissabon seither freilich vehement. Sie verweisen darauf, dass das Amt der Oberstaatsanwältin, das im Oktober ausläuft, laut Verfassung nur sechs Jahre dauert – aus gutem Grund, weil dadurch mögliche politische Präferenzen bei der Strafverfolgung ausgeschlossen werden sollen.

Erfolgreiche Bilanz

Allerdings war immer wieder spekuliert worden, dass Marques Vidal im Amt bleiben könnte – sie hat in der Bevölkerung an Statur gewonnen, weil in ihrer Amtszeit mehrere hochrangige Korruptionsfälle vor dem Richter gelandet sind, darunter auch jener gegen den früheren Premier José Socrates, der ebenfalls den Sozialisten angehörte.

Doch während die grundsätzliche Entscheidung rechtfertigbar scheint, hat das Timing einen schalen Nachgeschmack hinterlassen. Schon bisher musste sich Portugals Politik den Vorwurf gefallenlassen, vor der neuen, aus dem Ölreichtum entstandenen Elite in der früheren Kolonie zu oft in die Knie zu gehen. Mitglieder der angolanischen Alleinregierungspartei MPLA halten Anteile an vielen großen portugiesischen Firmen ebenso wie an bedeutenden Medien. Zudem ist Angola zu einem entscheidenden Handelspartner geworden, während der Krise in Europa gingen zehntausende Portugiesen als Wirtschaftsmigranten in die Ex-Kolonie. (Manuel Escher, 20.1.2018)