Davos: streng bewachtes Treffen in den Schweizer Alpen.

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Das Gesicht von Klaus Schwab regt sich nicht. Die Züge des deutschen Wirtschaftsprofessors bleiben starr. Und sie wirken fast traurig, als die Sprache auf Donald Trump kommt. "Es ist absolut wichtig, dass Donald Trump bei uns ist", doziert Schwab. Mehr will der spröde Gründer und Chef des Weltwirtschaftsforums (WEF) zu seinem prominentesten und kontroversesten Gast nicht sagen.

Auch Schwabs Mitstreiter spielen den Besuch des US-Präsidenten beim 48. Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums herunter. Es wäre "unfair" sich nur auf Trump zu konzentrieren, hieß es bei der Präsentation des WEF-Programms vergangene Woche in Genf. Immerhin, so versichern die WEF-Macher, reisen 3.000 Chefs und Entscheider aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, darunter mehr als 70 Staats- und Regierungschefs, zur jährlichen Gala der Globalisierung nach Davos.

Trump-Show

Selbst eine Handvoll Könige und Königinnen geben sich in dem Schweizer Alpenstädtchen die Ehre. "Niemals zuvor konnten wir so viele Toppolitiker begrüßen", schwärmt der Norweger Borge Brede, zweiter Mann beim WEF, mit Blick auf das Spektakel vom 23. bis 26. Januar.

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Die Sicherheitsvorkehrungen laufen auf Hochtouren.
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Nur: Trump wird wohl allen übrigen Gästen die Schau stehlen. Sobald der US-Präsident im schwer bewachten Davos erscheint, werden Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Brasiliens Staatschef Michel Temer, Spaniens Monarch Felipe, UN-Generalsekretär António Guterres, der wahrscheinlich reichste Mann der Welt, Bill Gates, und hunderte Firmenbosse ihre liebe Mühe haben, Aufmerksamkeit zu erhaschen. "Es wird wohl eine Trump-Show", räumt ein WEF-Mitarbeiter stirnrunzelnd ein.

Der Trubel um Trump dürfte dem Weltwirtschaftsforum jedoch nutzen. Denn Trump garantiert Publicity. Wer in der Welt wirklich Rang und Namen hat, so lautet die versteckte Botschaft, der muss dabei sein. Und so waren wenige Stunden nachdem der Auftritt Trumps durchsickerte, fast alle Hotelbetten von Davos bis Zürich ausgebucht. Wer mochte, konnte noch einen Matratzenplatz für 700 Euro pro Nacht neben vier anderen in einem privaten Schlafraum ergattern.

Ein gelungener Coup

"Das WEF stärkt seine Bedeutung", bilanziert die Neue Zürcher Zeitung angesichts des "gelungenen Coups". Dass die Konferenz der Reichen und Mächtigen mit Trump an Gewicht gewinnt, lässt sich auch auf den Straßen der Schweiz beobachten. Nachdem die Demos gegen "Davos" in den letzten Jahren nur noch einige unermüdliche Globalisierungsgegner anzogen, erwarten die Organisatoren 2018 einen Massenzulauf. In Zürich soll der Protest am Eröffnungstag des WEF ein fulminantes Comeback erleben. Die Slogans reichen von "Smash WEF" über "Trump not welcome".

WEF-Gründer Klaus Schwab ist in seinem Element.
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Angesichts des Rummels und der drohenden Gewalt ist es kaum verwunderlich, dass dem 79-jährigen WEF-Patron Schwab der geplante Auftritt Trumps nicht mehr ganz geheuer erscheint. In der Genfer WEF-Zentrale fragen sich die Macher: Wird der Wüterich aus Washington bei seiner Rede am Freitag (26. 1.) die versammelte Elite aus Politik und Wirtschaft zusammenstauchen? Wird er wieder unflätig pöbeln und drohen?

Globalisierung nimmt wieder zu

Passt der egomanische "America First"-Präsident überhaupt nach Davos? Immerhin verpflichten sich die WEF-Teilnehmer zu nichts weniger, als den "Zustand der Welt zu verbessern". So lautet der pompöse Leitspruch des Forums, das 1971 als behagliche Plauderrunde am Kamin seinen Anfang nahm. Schwab predigt seitdem unaufhörlich eine enge globale Kooperation. Die Politiker müssten "verantwortlich" handeln. "Zuhören" sei angesagt. Die Globalisierung, so verlangt Schwab, müsse ein "menschliches Antlitz" haben.

Doch bislang konnte selbst der protektionistische US-Präsident der Globalisierung nicht etwas anhaben. Der Welthandel gewann seit Trumps Amtsantritt sogar an Tempo. "Wir schätzen das Wachstum des weltweiten Warenhandels 2017 auf 3,6 Prozent", sagt der Generaldirektor der Welthandelsorganisation, Roberto Azevêdo. Im Jahr 2016 belief sich das Wachstum des Welthandels auf nur 1,3 Prozent. "Gründe sind die anschwellenden Handelsströme in Asien und die Erholung der Importnachfrage in Nordamerika", erklärt der WTO-Chef.

Der WEF-Chef dürfte mit Wehmut auf das Jahr 2000 blicken: Damals machte Bill Clinton als erster US-Präsident dem Forum in Davos seine Aufwartung. Der Charmeur eroberte die Herzen. Die Zuneigung des sonst so kühlen Schwab zu Clinton ging so weit, dass er dem US-Präsidenten vor staunendem Publikum ein launiges "Bill" zuraunte. Ob Schwab den jetzigen Amtsinhaber mit "Donald" anspricht? (Jan Dirk Herbermann aus Genf, 22.1.2018)