Detroit – Erst war das Feuer, dann das Feuerwasser. Erst war der Henry, dann war der Dieter. Erst war Detroit, dann war Graz. Entschuldigen Sie, wenn uns solche Assoziationsketten durch die zerebrale Masse irrlichtern, die Mercedes-Veranstalter sind schuld. Warum auch haben sie die Weltpremiere der G-Klasse im Michigan Theatre, Downtown Detroit, zelebriert. An dem wie halb Motown desolaten, mythenumrankten Ort soll einst Henry Ford sein erstes Vehikel konstruiert haben, dann bauten sie das (Lichtspiel-) Theater dorthin, Duke Ellington und Frank Sinatra traten hier auf – ein entertainmentaffiner Konzernchef wie Dieter Zetsche alias "Dr. Z" muss sich da wohlfühlen.

Zirbengeist

Kalt war's zuerst, schließlich ist das Theatre seit 1977 ein Parkhaus, zur aufwärmenden Begrüßung ward deshalb Glühwein gereicht, zum Abschluss Zirbengeist, Konsumationspflicht gab es keine, wir sind jetzt noch froh darüber. Allerdings waren die über 500 Journalisten aus aller Welt hergekommen, um vordringlich eines zu konsumieren: die erste Begegnung mit dem neuen G.

Weltpremiere am Vorabend des Autosalons an historischem Ort: Daimler-Chef Dieter Zetsche präsentierte die G-Klasse mit Arnold Schwarzenegger im Michigan Theatre. Der heute als Parkhaus genutzte Bau wurde an der Stelle errichtet, an der Henry Ford 1896 sein erstes Auto baute.
Foto: Daimler

Der fuhr einen simulierten Grazer Hausberg Schöckl hoch, "vuuuch" fauchten die Feuerfackeln, gleich wurde es wärmer. Dann sprang – "I'll be back" – Arnold Schwarzenegger aus einem der Gs, Grazer Urgestein wie der Geländewagen, lebende Legenden alle beide, und zum Abschluss einer launigen, floskelbewehrten Doppelconférence schenkte Arnie Dieter keinen alten, sondern einen Cowboyhut. Zetsche revanchierte sich mit einem Zirberl, Schwarzenegger, diesmal als Kalifornier, fragte vorher noch schnell, ob's vom G auch eine E-Version geben werde. "Stay tuned" antwortete Zetsche, was vermutlich "schmeck's" mit Realisierungspotenzial heißt.

Leiterrahmen bleibt

Was jetzt schon klar ist: Der Neue vergeht sich nicht am Erbe, der kantige Vorgänger ist so schlüssig in die Zukunft gedacht, wie das sonst nur immer Porsche mit dem 911 schafft. Größer (53 mm länger, 121 mm breiter), luxuriöser ist er; womöglich noch geländegängiger als bisher soll er sein (Stichwort: G't nicht gibt's nicht), man habe enormen Aufwand betrieben, um die neuerdingsige Einzelradaufhängung, die die bisherige Starrachse ersetzt, darauf hinzutrimmen, unter anderem durch ausgefuchste Einstellung der adaptiven Dämpfer, erläuterte Gunnar Güthenke, Geschäftsleiter Mercedes G, im Gespräch mit dem Standard. Beim Leiterrahmen bleibt es ohnedies.

AMG war zuständig für die Karosserie, die haben sie um 55 Prozent steifer hingekriegt, außerdem ist die G-Klasse 170 kg leichter als bisher. Was der vermutlich beste Geländewagen der Welt in der Neuauflage wirklich kann und wie er sich auf Asphalt fährt, berichten wir getreulich nach den ersten Testfahrten. Nach Österreich kommt diese rollende Begehrlichkeit im Juni, der Einstiegspreis (G 500, 422 PS) liegt bei 142.890 €, und damit noch rasch ein paar Worte zur Detroit Auto Show, wo der G dann trotz AMG CLS 53 (3,0-Liter-Biturbo-Reihensechszylinder, 435 PS) der Superstar am Mercedes-Stand war, selbst.

Aus A mach B

Ungeachtet der immer stärker werdenden Konkurrenz durch die Messe in L.A. ist der Salon in Detroit immer noch der wichtigste in den USA. Allerdings ist er im Vergleich zu Schanghai, Peking, Frankfurt, Paris, selbst Genf heute nur mehr eine B-Messe. Die Standfläche ist nicht viel größer als die der Vienna Autoshow, und selbst die Flächen haben die Veranstalter nur dank Teilnahme einiger Zulieferer und Salongastronomen (Indicar Café, Grand Tour Mayhem Hall Pub) füllen können. Auch die wichtigsten Weltpremieren sind rasch zusammengefasst.

Am BMW-Stand hat der X2 sein Publikumsdebüt, bei VW der Jetta – in dasselbe Format kompakter Limousinen gehören weiters Kia Forte und Honda Insight Prototype; der neue Toyota Avalon ist mit 4,97 m schon ein Eck länger. Die Amis selbst legen das Hauptgewicht auf die Pick-ups, debütantisch zu erwähnen wären Fords erster Diesel F-150, der Ram 1500 und der Chevy Silverado.

Leicht in Richtung Sport geht's mit dem neuen Hyundai Veloster, schwer mit dem Mustang Bullitt mit 5,0-Liter-V8 und 475 PS, und falls wer fragt: Die neue Corvette, die C8, war nur ein Salongerücht.

Publikumsweltpremiere für den BMW X2. Der kompakte SUV startet im März. Kostenpunkt: 39.700 bis 46.100 €.

Foto: Andreas Stockinger

Am Eriesee angespült und vor der Cobo Hall, Austragungsort der Detroit Auto Show, gelandet: der alte G in Bernstein.

Foto: Andreas Stockinger

Der Jetta zählt zu der in den USA extrem beliebten Gattung kompakter Limousinen. Kommt diesmal nicht nach Europa.

Foto: Andreas Stockinger

Mit der Studie LF-1 Limitless bekundet Lexus, ein großes SUV-Coupé nach Art der Deutschen bringen zu wollen.

Foto: Andreas Stockinger

Ford bringt den Pick-up-Bestseller F-150 erstmals mit Diesel, der 3,0-Liter-V6 leistet 250 PS. So viel zur Dieseldebatte ...

Foto: Andreas Stockinger

Ins selbe Horn wie der Jetta bläst der Kia Forte, und es debütierten noch mehr Kompaktlimos. Europastart? Njet.

Foto: Andreas Stockinger

Nissan und sein in den USA recht erfolgreicher Premiumableger Infiniti haben in Detroit zwei Studien vorgestellt, die beide auf jeweils anderem Themengebiet in die Zukunft weisen: Xmotion (sprich: "cross motion") und Q Inspiration. Das Styling des Nissan Xmotion scheint nach dem guten alten Schiller-Sprichwort "Die Axt im Haus ersetzt den Zimmermann" gestaltet, Nissan unterstellt "dezente skulpturale Schönheit".

Foto: Andreas Stockinger

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Der Hauptfokus liegt auf der Kombination von Konnektivität und autonomem Fahren mit "fortschrittlicher japanischer Digital- und Handwerkskunst" – als Herzstück des Vier+Zwei-Sitzer-Innenraums vermeldet der Hersteller die Nutzung der traditionellen Tischlereitechnik "'Kanawa tsugi', wie sie auch für den Bau von Tempeln und Schreinen genutzt wird".

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Beim Q Inspiration geht es tatsächlich hauptsächlich um Design, um künftiges Infiniti-Design, und wie zeigt man so etwas am besten? Eben indem man ein Coupé hinstellt, die ästhetischste aller Autoformen. Autonomes Fahren ist aber auch hier ein Thema, "ProPilot"-Technologien sollen den Fahrer von alltäglichen und stressigen Fahrten entlasten.

Foto: Andreas Stockinger

Und währenddessen in Las Vegas:

Noch ein Öko-Koreaner auf der CES

Das ganz große Highlight der Koreaner auf der CES in Vegas ist natürlich der Wasserstoff-Brennstoffzellen-SUV Hyundai Nexo. Aber auch Konzernschwester Kia hat etwas Alternativantriebstechnisches mitgebracht, den Niro EV. Offiziell geführt wird der Batterieelektriker noch als Studie, es ist aber längst kommuniziert, dass das Fahrzeug in Serie geht – Marktstart in Österreich ist wohl noch im Spätherbst. Studienkonfiguration: E-Motor mit 150 kW, Lithium-Polymer-Batterie mit 64 kWh Kapazität, Reichweite bis zu 383 Kilometer. (Andreas Stockinger, 22.1.2018)

Foto: Kia