Einsteins Brief vom 29. April 1917, in dem es um die Allgemeine Relativitätstheorie und den bevorstehenden Prozess gegen Friedrich Adler geht.

Foto: Nate D. Sanders Auctions

Wien/Los Angeles – Ein Brief Albert Einsteins aus dem Jahr 1917, in dem er sich für seinen Freund, den Physiker und Sozialdemokraten Friedrich Adler (1879–1960) einsetzte, wird am Donnerstag im Auktionshaus Nate D. Sanders in Los Angeles versteigert. Adler hatte am 21. Oktober 1916 aus Protest gegen die Kriegspolitik der Regierung den österreichischen Ministerpräsidenten Karl Graf von Stürgkh erschossen.

Der dreiseitige Brief vom 29. April 1917, dessen Versteigerung mit einem Ausrufungspreis von 18.000 Euro beginnt, ist an Einsteins engen Freund Michele Besso gerichtet. Der schweizerisch-italienische Ingenieur war Kollege Einsteins am Patentamt in Bern und der einzige, dem Einstein in seinem 1905 veröffentlichten berühmten Aufsatz "Zur Elektrodynamik bewegter Körper" dankte, mit dem er die "Spezielle Relativitätstheorie" begründet hat.

Relativitätstheorie und "Eingabe"

In dem Brief geht es um Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie, die er zwei Jahre zuvor veröffentlicht hatte, und eben um seinen Freund Friedrich Adler, den Sohn des Gründers der österreichischen Sozialdemokratie, Victor Adler. Friedrich Adler und Einstein hatten sich während des Studiums in Zürich angefreundet, beide hatten dort ein Diplom als Fachlehrer für Mathematik und Physik erworben.

In dem wenige Tage vor dem Prozess gegen Adler verfassten Brief überlegt Einstein, wie er Adler helfen könne und berichtete, dass er schwanke, ob er eine "Eingabe" wegen Adler machen sollte. Er kommt dann zum Schluss: "Aber schaden kann die Sache nicht, und deshalb soll es geschehen", und gibt Besso die "Vollmacht, es in meinem Namen zu machen".

"Märtyrer-Natur"

Der Physiker beschreibt in der Folge Adler: "Betont soll werden, dass A. sich den Jahren seiner Lehrtätigkeit als selbstloser, ruhiger, arbeitsamer, gutherziger, gewissenhafter Mensch gezeigt hat, der die Hochachtung aller genoss. Dass es mir deshalb ein Herzens-Bedürfnis ist, ein Wort der Fürbitte für ihn einzulegen." Einstein bezeichnete Adler weiters als "Rabbinerkopf, starrsinnig, ohne Sinn für das Wirkliche. Ultra-selbstlos mit starkem Stich ins Selbstquälerische, ja Selbstmörderische. Eine richtige Märtyrer-Natur".

Adler wurde für seine Tat zum Tode verurteilt. Kaiser Karl begnadigte ihn zu 18 Jahren Haft und entließ ihn schließlich bereits 1918. Von 1923 bis 1940 war Adler als Generalsekretär der "Sozialistischen Arbeiterinternationale" tätig. (APA, 22.1.2018)