Wien – Es ist vollbracht. Kurz nach 13 Uhr war das letzte Tutti-C der 5. Symphonie verklungen. Und mit der kurzen Stille, die nach ihr einsetzte, war auch der Zyklus der Beethoven-Symphonien, die die Symphoniker im Konzerthaus zu Gehör brachten, Geschichte. Und zwar ereignisreiche Geschichte. Natürlich könnte man fragend unken: Musste das sein? Hat die Klassikbranche nicht mehr drauf, als immer wieder diese neun Beethoven-Dinger zu spielen? Doch, das hat sie. Und, ja: Es war gut, dass sich Chefdirigent Philippe Jordan diese neunteilige Großartigkeit vorgenommen hat, mit seiner Genauigkeit und seinem Feuer.

Denn einerseits hat es dem Orchester gutgetan. Die Symphoniker agierten als einzelne Musiker fulminant und wurden als Kollektiv zu einem pulsierenden Klangkörper, dessen Vitalitätswerte kaum je höher waren. Denn mit Jordan haben sie einen in ihrer Mitte, dessen Fähigkeiten als Motivator fast schon beängstigen.

Und so war die Interpretation des Schweizers oft drastisch und explosiv, von einer körperlichen Wucht: der Musterknabe als Brutalo. Aber der 43-Jährige schuf auch wundervolle Momente der Ruhe und des Stillstands, nicht nur in der Kopfsatz-Durchführung der Fünften oder beim Übergang zu deren Schlusssatz, sondern auch bei der achten und der vierten Symphonie. Und so ergänzten sich feinfühlige Abschnitte und kantable Eleganz mit kraftstrotzender Wucht zu einem mitreißenden Panorama der Emotionen.

Das einzig Verwundernswerte war, dass der Beethoven im Konzerthausfoyer hernach grimmig schaute wie immer. Nach so einer Performance hätte er sich ein Lächeln erlauben können. (sten, 22.1.2018)