Österreich ist nicht der einzige EU-Staat, der der Kernenergie abgeschworen hat. Aber er ist der einzige, der den europaweiten Kampf gegen die Nutzung von Atomkraft als zentrales nationales Interesse definiert. In seinem Rechtsstreit mit der EU-Kommission und jenen Mitgliedstaaten, die neue Atomkraftwerke bauen wollen, steht die Regierung in Wien daher ziemlich allein da.

Das spricht nicht gegen die österreichische Vorgangsweise, zuerst gegen die Brüsseler Entscheidung, die Beihilfen für das britische AKW Hinkley Point C zu bewilligen, vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen und dies nun beim ungarischen AKW Paks zu wiederholen. Die beiden Causen unterscheiden sich zwar in der Struktur der staatlichen Hilfen, aber Österreichs Argumentation ist die gleiche: Neue Atommeiler sind nicht im europäischen Interesse, auch wenn damit CO2-Emissionen gesenkt werden. Denn sie bremsen auch den Ausbau erneuerbarer Energien. Und die Sonderstellung des Euratom-Vertrags, den jedes EU-Land unterschrieben hat, entschuldigt kein Abweichen von den sonst so strikten Kriterien für staatliche Beihilfen.

Österreichs juristische Position ist recht stark, die politische viel weniger. Zwar sind weder London noch Budapest heute mächtige Gegenspieler – die Briten auf dem Weg hinaus, die Ungarn isoliert -, die Kommission ist dies aber sehr wohl. Und wenn die Hüterin der Verträge einmal eine Beihilfe aus noch so fragwürdigen Gründen bewilligt hat, ist es unwahrscheinlich, dass ihr der EuGH in den Rücken fällt. Die Chancen auf einen Sieg sind gering.

Aber Österreichs Vorgehen ist ohnehin vor allem innenpolitisch motiviert: Klagen gegen Atomkraft sind höchst populär. Das macht diesen Kampf nicht weniger legitim. Allerdings wäre Österreichs moralische Position stärker, wenn man die eigenen klimapolitischen Hausaufgaben nicht so sträflich vernachlässigen würde. (Eric Frey, 22.1.2018)