In Niederösterreich geht in den nächsten zehn Jahren fast die Hälfte aller Allgemeinmediziner in Pension.

Foto: APA/dpa/Rehder

Wien – Ein Pfarrer, ein Wirt, ein Gendarm und ein Arzt – das zählte über Jahrzehnte zur Grundausstattung einer niederösterreichischen Gemeinde. Heute gibt es das nur im Hauptabendprogramm, die Realität sieht anders aus.

Ob Aspangberg-St. Peter, Gresten oder Laa an der Thaya – in diesen Gemeinden wird seit mindestens einem Jahr ein Allgemeinmediziner gesucht.

Doch von einem Ärztemangel kann im größten Bundesland keine Rede sein. Laut niederösterreichischer Ärztekammer gibt es derzeit 1.379 Allgemeinmediziner. Fast die Hälfte – 598 – davon sind Wahlärzte, haben also keinen Kassenvertrag und können als wichtige Ergänzung betrachtet werden.

Derzeit sind laut Standesvertretung 16 Einzelkassenstellen offen, vier davon seit knapp zwei Jahren. Frisch von der Ausbildung sehen wenige Mediziner ihre Zukunft auf dem Land, zu stark beherrscht noch die Vorstellung des Landarztes als Einzelkämpfer, der rund um die Uhr für seine Patienten erreichbar sein muss, das Berufsbild.

Initiative Landarzt

Gleichzeitig ist knapp die Hälfte der niederösterreichischen Hausärzte älter als 55 Jahre, 26 Prozent sind älter als 60. Innerhalb der nächsten zehn Jahre geht also rund die Hälfte der Allgemeinmediziner in Pension.

Grund für das Land Niederösterreich, die Initiative Landarzt zu starten. Sind Kassenstellen längere Zeit nicht besetzt, soll künftig die Landeskliniken-Holding einspringen und Ärzte für die Praxen zur Verfügung stellen.

Gerald Bachinger, niederösterreichischer Patientenanwalt, sieht darin eine sinnvolle, allerdings nur kurzfristig wirksame Maßnahme. Dass das Land auf einen Ärztemangel zusteuert, ist für ihn ein Versäumnis von Ärztekammer und Krankenkasse: "Sie haben ihren Job nicht gemacht." Sie seien für den niedergelassenen Bereich verantwortlich und hätten bei der Planung versagt. Krankenhäuser und niedergelassener Bereich müssten intensiv zusammenarbeiten, um die Versorgung des ländlichen Bereichs sicherzustellen. Ihm schweben dabei Regionen vor, die finanziell autonom und für den gesamten Behandlungsprozess verantwortlich seien.

14 Primärversorgungseinheiten bis 2021

Der Patientenanwalt ist froh darüber, dass zumindest im stationären Bereich eine Trendwende vollzogen wurde. "Es bietet nicht mehr jedes Krankenhaus alles an", Kompetenzen würden in Schwerpunktspitälern gebündelt werden. Je mehr bestimmte Eingriffe – etwa Meniskus-Operationen – an einem Standort durchgeführt werden, desto mehr Expertise kann dort entstehen.

Aufholbedarf gibt es in Niederösterreich bei der Primärversorgung. Bisher gibt es noch keine Einheit, Verhandlungen laufen. Bis 2021 sollen 14 Einheiten errichtet werden. Anders als in Wien sollen Ärzte mit anderen Gesundheitsberufen nicht in einem Haus zusammenarbeiten, die Kooperationsnetzwerke können sich auch über mehrer Ortschaften erstrecken. (Marie-Theres Egyed, 24.1.2018)