AWS-Bereichsleiterin Marlis Baurecht sieht einen positiven Trend in innovativen Unternehmensgründungen. Jede Uni habe bereits eine eigene Abteilung für Technologietransfer.

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Einen Satz wie "Wir stehen vor großen gesellschaftlichen Herausforderungen" hört man in diesen Tagen nicht selten. Manchmal versuchen ihn die Experten und Expertinnen, die ihn aussprechen, auch mit Leben zu erfüllen, bemühen sich um Lösungen für all die vielbeschworenen "grand challenges" zwischen Umweltschutz, Nachhaltigkeit, der immer älter werdenden Gesellschaft und Zuwanderung. Die Förderbank Austria Wirtschaftsservice (AWS) zum Beispiel nimmt schon länger in Anspruch, einen Beitrag für die Zukunft in diesen Bereichen leisten zu wollen.

2005 etwa startete man mit Calls für die heimische Kreativwirtschaft, womit der Innovationsbegriff in der Agentur weggeführt wurde von der reinen Förderung von Technologieneuheiten – in Richtung Design, Nutzerfreundlichkeit, gesellschaftlicher Relevanz und neuer Geschäftsmodelle. Erfahrungswerte sagen, dass das ein wichtiger Zugang ist, um Technologieskepsis abzubauen. 2007 schließlich gab es die erste Ausschreibung für Social Business. Bis heute geht es dabei um eine nachhaltige gesellschaftliche Wirkung als Ziel im Unternehmenskonzept.

Positive Zukunft

Für Marlis Baurecht, AWS-Geschäftsfeldleiterin für Entrepreneurship, Schutzrechte und Seedfinanzierung, ist das erst der Anfang. "Es wird viel Wachstum geben in diesem Bereich, schlicht und einfach, weil viele Menschen davon betroffen sind." Die bisherigen Entwicklungen seien vielversprechend. "Seit dem Bestehen der Förderprogramme der Kreativwirtschaft zeigen externe Evaluierungen, dass die Überlebensrate der geförderten Unternehmen überdurchschnittliche hoch ist."

Auch eine mittlerweile zweieinhalb Jahre alte Studie, die die Wiener Wirtschaftsuniversität (WU) im Auftrag der Förderbank und des Rats fürForschung und Technologieentwicklung durchführte, verspricht eine positive Zukunft – in Form von "beträchtlichen Arbeitsmarkteffekten". Damals ging man von 1200 bis 2000 Social Businesses in Österreich aus, die im Sozialwesen, in Forschung, Bildung und im Gesundheitsbereich tätig sind. Die Zahl der Beschäftigten erreichte durchschnittlich zwischen zwei (bei Start-ups) und 144 Personen pro Betrieb (bei etablierten Social Businesses). Für die Zeitspanne von zehn Jahren prognostizierten die Wissenschafter eine Verdoppelung dieser Zahl, was 160 neue soziale Organisationen pro Jahr bedeuten würde.

Baurecht sieht aber auch im Thema Nachhaltigkeit Potenzial für Unternehmensgründungen. Die von den Vereinten Nationen und der Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) verabschiedeten Sustainable Development Goals (SDG) seien aus ihrer Sicht die ideale Basis für neue Unternehmensgründer-Programme. Jedes Mitgliedsland habe sich verpflichtet, sich auf drei Bereiche zu fokussieren. Konkrete Pläne gebe es noch keine.

Trend geht nach oben

Und wie steht es insgesamt um das Thema innovative Unternehmensgründungen in Österreich? Baurecht, die vor ihrem Wechsel zum AWS im Jahr 2016 bei der Industriellenvereinigung beschäftigt war, sieht einen Aufwärtstrend. Eine Gründermüdigkeit, wie sie noch vor zehn Jahren beklagt wurde, könne sie derzeit nicht feststellen. Jede Universität habe mittlerweile eigene Abteilungen für Technologietransfer. In zwei Details sieht sie insgesamt Verbesserungspotenzial: Der interdisziplinäre Gedanke sollte sich noch mehr als bisher in der unternehmerischen Gründerpraxis niederschlagen. Baurecht: "Auch die Geistes- und Sozialwissenschaften, nicht nur die Technikwissenschaften hätten gute Ideen für Start-ups, die müssen wir noch mehr anlocken."

Die Expertin glaubt, dass Gründeraktivitäten an Hochschulen zur Profilbildung beitragen könnten. "Das ist bisher kaum passiert." Man müsse dafür aber auch wissen, welche ökonomischen Ideen verwertbar seien, deswegen gebe es die vom Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium sowie vom AWS gegründeten Transferzentren: Ost, Süd, West sowie das thematisch auf Life-Sciences spezialisierte in Wien. Alle vier starteten 2014 und seien fünf Jahre vom Bund finanziert worden.

Die Förderbank will nun als Technologietransfer-Organisation die Forschungseinrichtungen weiterhin bei der Verwertung von Technologien und Forschungsergebnissen unterstützen. (pi, 29.1.2017)