Bildungs- statt Betreuungseinrichtung: Die Bedeutung des Kindergartens hat sich auch in der öffentlichen Wahrnehmung geändert.

Foto: Heribert Corn

Wien – Sie hat den ersten Tag der Elementarbildung ausgerufen. Jetzt sitzt Raphaela Keller, die Vorsitzende des Berufsverbandes der Kindergarten- und Hortpädagoginnen auf dem Podium im Presseclub Concordia und erklärt, warum: "Vielleicht lernt die Politik dadurch. Dann gehen sicher einige Reformen ganz rasch voran", sagt sie und ergänzt: "Die Hoffnung stirbt zuletzt."

Die Forderungen der Elementarpädagoginnen sind seit Jahren dieselben:

  • Die Kinderanzahl in Kindergärten und Kinderkrippen "endlich an wissenschaftliche Empfehlungen anzupassen". Das bedeutet: maximal acht Kinder pro Pädagogin bei den Drei- bis Sechsjährigen, maximal fünf bei den Zwei- bis Dreijährigen.
  • Zwei Pädagoginnen pro Gruppe während der gesamten Öffnungszeiten.
  • Die Kompetenz für den Kindergartenbereich soll im Bildungsministerium angesiedelt werden. Was mit dem neuen Regierungsprogramm zwar theoretisch erfolge, in der Praxis bleibe der Kindergarten aber im Einflussbereich der Länder, fürchtet Keller.
  • Eine gemeinsame Basisausbildung aller Pädagoginnen auf universitärer Ebene.

In einer Onlineumfrage des Meinungsforschungsinstituts Integral unter 990 Österreichern zwischen 16 und 69 Jahren hat man deren Erwartungen an elementarpädagogische Bildungseinrichtungen abgefragt: Rund 95 Prozent antworten darauf mit etwas, das in den Bereich der sozialen Kompetenzen fällt. So nennen etwa drei Viertel der Befragten ein "soziales Miteinander" als wichtig, auch einem "gewaltfreien Umgang miteinander" messen 71 Prozent der Befragten hohe Bedeutung zu.

Auch Wissensaspekte wollen rund drei Viertel der Umfrageteilnehmer im Kindergarten vermittelt sehen: Zuvorderst steht die Sprachförderung, ganze 42 Prozent halten es für wichtig, dass Kinder bereits hier den Umgang mit neuen Medien wie Smartphone, PC oder Social Media lernen.

Multiprofessionelle Teams

Die Kindergartenpädagoginnen bestärkt das in ihrer Forderung nach kleineren Gruppengrößen. Mit zu vielen Kindern in einer Gruppe sei der Eins-zu-eins-Kontakt mit der Pädagogin, der für das sprachliche Lernen wichtig ist, nur schwer zu gewährleisten. Zudem sei kaum jemand als Trainerin für Deutsch als Fremdsprache ausgebildet. Raphaela Keller plädiert für "multiprofessionelle Teams".

Was die neuen Medien anlangt, ist man zwiegespalten. "Für uns ist das bedenklich, wenn ein Kind ein Bilderbuch nimmt und drüberwischt." Trotzdem gehörten Smartphones und Co eben zum Leben. Keller plädiert für Umsicht: Kinder sollten zuerst einmal lernen, miteinander zu kommunizieren, zu spielen, zu zeichnen. Dann könne man den Lernprozess mit der nötigen pädagogischen Kompetenz unterstützen, Priorität habe das Thema im Kindergarten nicht.

Elternkurse

Die Berufsgruppe würde Fragen wie diese gerne in einem weiterentwickelten Eltern-Kind-Pass beantwortet sehen – mit Angeboten für Elternkurse, die verunsicherten Erziehungsberechtigten bei diesem und anderen heiklen Themen helfen sollen. (Karin Riss, 24.1.2018)