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Noch herrscht an der Wall Street Jubelstimmung, aber im zweiten Halbjahr soll das Risiko laut der dänischen Jyske Bank zunehmen.

Foto: REUTERS/Brendan McDermid

Wien – Es war am 9. März 2009, als die meisten Aktienmärkte nach dem verheerenden Crash im Zuge der sich ausweitenden Finanzkrise ihren Tiefpunkt markierten. Damals wurde der Dow-Jones-Index bei gerade einmal knapp 6550 Punkten errechnet. Seitdem kannten US-Aktien im Grunde nur eine Richtung, nämlich nach oben. Mehrfach purzelten an der Wall Street die Rekorde, sodass das Kursbarometer mit gut 22.600 Zählern mehr als eine Verdreifachung innerhalb von nicht einmal neun Jahren verbuchen konnte.

Da bekanntlich weder Bäume in den Himmel wachsen, noch Börsen eine Einbahnstraße sind, werfen die Experten der dänischen Jyske Bank nach dem exzellenten Aktienjahr 2017 die Frage auf, wie lange dies noch so weitergehen kann. Eine Antwort darauf versuchen sie dadurch zu ermitteln, dass sie die derzeitige Situation anhand von fünf Faktoren prüfen, die üblicherweise mit dem Höhepunkt eines Bullenmarkts an der Börse einhergehen.

· Beschleunigte Kurszuwächse In den sechs Monaten vor dem Wendepunkt nach unten zeigen Aktienmärkte häufig einen letzten, kräftigen Ruck nach oben – gewissermaßen "das letzte Hurra", wie es die Jyske-Analysten nennen. Demnach betrugen die Zuwächse des letzten halben Jahres vor dem Hoch in der Vergangenheit etwa 16 Prozent, aktuell seien es mehr als 13 Prozent. Das Fazit der Jyske-Experten: "Es sieht nicht ganz nach einem Höhepunkt aus."

· Hohe Bewertung Üblicherweise beläuft sich das sogenannte Forward-KGV an der Wall Street vor einer Wende auf 18. Auf Aktien umgelegt bedeutet es, dass der aktuelle Kurs 18-mal so hoch ist wie der prognostizierte Unternehmensgewinn der nächsten zwölf Monate. Derzeit liegt der Durchschnittswert aller Aktien des S&P-500-Index bereits bei einem Wert von 18,2. Fazit: "Es sieht nach einem Höhepunkt aus."

· Höherer Zinsabstand In der Regel kommt es vor einem Wendepunkt bei Aktien zu einer Ausweitung des Zinsabstands von sicheren Staatspapieren zu Hochzinsanleihen, der sich in der Vergangenheit auf rund 140 Basispunkte belief. Im Vorjahr ist diese Spanne aber sogar gesunken und hat sich erst zuletzt um 25 Basispunkte erhöht. Fazit: "Es sieht nicht nach einem Höhepunkt aus."

· Rezessionsgefahr steigt Der Aktienmarkt erkennt eine nahende Rezession nicht immer gleich früh. Zuletzt hat der Vorlauf nie mehr als elf Monate betragen. Das Modell der US-Notenbank Fed sieht derzeit eine neunprozentige Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den nächsten zwölf Monaten, wobei Probleme am Aktienmarkt in der Historie erst ab einem Risiko von 20 Prozent aufgetreten sind. Fazit: "Es sieht nicht nach einem Höhepunkt aus."

· Paradigmenwechsel Vor einem Wendepunkt werden zur Erklärung neuer Hochs am Aktienmarkt oft neue Paradigmen entwickelt. Als Beispiel ziehen die Jyske-Analysten etwa den Technologie-Hype der späten 1990er-Jahre heran, als am Aktienmarkt erklärt wurde, dass IT-Aktien keinen Konjunkturschwankungen unterliegen würden. Als derzeitiges Paradigma sehen sie die Behauptung, dass die tiefen Zinsen eine hohe Bewertung der Börse rechtfertigen würden, da es keine Alternative zu Aktien gebe. Gleichzeitig herrsche jedoch ein gewisser Argwohn unter Börsianern gegenüber den jüngsten Kurssteigerungen, weshalb das Fazit lautet: "Es sieht nicht ganz nach einem Höhepunkt aus."

Zweigeteiltes Börsenjahr

Mit einem zur Gänze und zwei großteils zutreffenden von insgesamt fünf Bedingungen sehen die Analysten der Jyske Bank ein zumindest nahendes Ende der Börsenhausse: "Der Wendepunkt ist wahrscheinlich noch nicht erreicht, dürfte aber nicht mehr lange auf sich warten lassen." Konkret bedeutet dies, dass die Experten der dänischen Bank ein zweigeteiltes Börsenjahr erwarten.

Im ersten Halbjahr sollte der Rückenwind für riskantere Vermögenswerte wie Aktien noch anhalten, danach die Rückschlaggefahr aber deutlich zunehmen. Die Jyske-Analysten betonen jedoch, dass dies nicht zwingend in einem schmerzhaften Absturz wie zur Finanzkrise münden müsse. Es könne auch bloß zu einer deutlicheren Kurskorrektur kommen, was sogar wahrscheinlicher sei. (Alexander Hahn, 25.1.2018)