Caracas – Venezuelas Oberster Gerichtshof hat die wichtigste Oppositionskoalition von der Präsidentschaftswahl praktisch ausgeschlossen. Damit ist der Weg nahezu frei für eine Wiederwahl des sozialistischen Staatschefs Nicolas Maduro. Laut dem Urteil vom Donnerstag (Ortszeit) darf die Wahlkommission die Wahlanmeldung des Oppositionsbündnisses "Tisch der demokratischen Einheit" (MUD) nicht annehmen.

Das Bündnis MUD ("Mesa de Unidad Democratica") hätte sich für die Wahl neu anmelden müssen, nachdem es die Kommunalwahlen am 10. Dezember boykottiert hatte. Die Opposition hatte damit gegen mutmaßlichen Betrug bei den Regionalwahlen vom Oktober protestiert. Venezuelas konstituierende Versammlung hatte am Mittwoch beschlossen, die Präsidentschaftswahl auf einen Termin vor dem 30. April vorzuverlegen. Eigentlich hätte die Wahl Ende des Jahres stattfinden sollen.

MUD ist ein Wahlbündnis, das sich aus mehreren Gruppierungen des christdemokratisch-rechtsliberalen Politspektrums aber auch sozialdemokratischen Gruppierungen zusammensetzt. Es war 2008 als Oppositionsbündnis gegen den damaligen Präsidenten Hugo Chavez, der 2013 verstarb, gegründet worden.

Neueinschreibung wird vershcoben

Der Gerichtshof ordnete nun an, MUD von einem Prozess der Neuanmeldung politischer Gruppierungen ausschließen. Zudem erlaubte das Gericht der Wahlkommission, die eigentlich für dieses Wochenende geplante Neueinschreibung von Parteien um sechs Monate zu verschieben. In dem wirtschaftlich schwer gebeutelten Ölstaat Venezuela tobt seit Monaten ein Machtkampf zwischen der Regierung und ihren Gegnern. Bei gewaltsamen Zusammenstößen von Demonstranten mit den Sicherheitskräften wurden im vergangenen Jahr 125 Menschen getötet.

Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos erklärte am Freitag in Wien, sein Land werde das Ergebnis der Präsidentschaftswahl im Nachbarland nur anerkennen, wenn garantiert ist, dass diese transparent ablaufe. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundespräsident Alexander van der Bellen in Wien sagte Santos auf APA-Anfrage, er gehe davon aus, dass die Internationale Gemeinschaft ebenso handeln werde.

Sollte die Opposition tatsächlich von den Wahlen ausgeschlossen werden, seien diese Bedingungen nicht gegeben, so der Friedensnobelpreisträger von 2016. Venezuela habe sich zu einer Diktatur entwickelt. Er erinnerte daran, dass die beiden Länder eine über 2.000 Kilometer lange gemeinsame Grenze haben. "Es sind auch viele Venezolaner zu uns geflohen".

Kolumbien bot Hilfe an

Laut diplomatischen Kreisen dürften bereits über 500.000 Menschen aus Venezuela in Kolumbien Zuflucht gesucht haben. Kolumbien habe "alle Anstrengungen unternommen", um eine friedliche und demokratische Rückentwicklung im Nachbarland zu fördern. Es habe sich niemand vorstellen können, dass das venezolanische Volk einmal "so leiden" werde. "Wir und die Internationale Gemeinschaft haben Hilfe angeboten: Nahrung, Medikamente. Aber Venezuela hat alles abgelehnt."

Santos hatte in den vergangenen Tagen das Weltwirtschaftsforum in Davos besucht. Am Freitag traf er in Wien mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sowie Vertretern der Wirtschaftskammer (WKO) zusammen. Dabei wurden vor allem Möglichkeiten einer künftigen besseren wirtschaftlichen Kooperation besprochen und ein Abkommen über eine Zusammenarbeit im Bereich der erneuerbaren Energien unterzeichnet.

Der kolumbianische Präsident hatte 2016 einen Friedensvertrag mit den marxistischen FARC-Rebellen geschlossen und war dafür mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden. In seiner Heimat wurde der Friedensschluss freilich in einem Referendum abgelehnt, nachdem die von Ex-Präsident Alvaro Uribe angeführte Opposition dagegen opponiert hatte. Ein überarbeitetes Abkommen nahm der Kongress dann an, ohne dass das Volk erneut gefragt wurde. Kolumbien wählt Ende Mai einen neuen Präsidenten. Der 66-jährige Santos darf dabei nicht mehr antreten, weil er bereits zwei aufeinanderfolgende Präsidentschaftswahlen absolviert hat. (APA, 26.1.2018)