Heinz-Christian Strache betont, bei einer Veranstaltung des Österreichischen Pennäler-Rings gewesen zu sein, nicht bei einer Veranstaltung der Burschenschaft Germania.

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Gegen Landbauer selbst wird laut Staatsanwaltschaft nicht ermittelt.

Wien – Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat am Freitag nach einem Zwischenbericht des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Ermittlungen gegen vier Personen eingeleitet, die für die Zusammenstellung und Illustration der sichergestellten Liederbücher der Pennalen Burschenschaft Germania Wiener Neustadt verantwortlich zeichneten.

Ermittelt wird wegen des Verdachts nach Paragraf 3g Verbotsgesetz. Schon am späten Freitagnachmittag sollen die ersten Einvernahmen stattfinden, über die Ergebnisse wird die Staatsanwaltschaft allerdings keine Angaben machen. Es wurde auch nicht mitgeteilt, wer die vier Personen sind. Landbauer selbst befindet sich nicht laut FPÖ unter jenen vier Personen: "Wir können das absolut ausschließen", erklärte ein Sprecher Landbauers am Freitag gegenüber der APA.

Der Inhalt des bei Hausdurchsuchung gewonnenen Beweismaterials müsse noch im Detail ausgewertet werden, erklärte die Staatsanwaltschaft. Eine erste Sichtung zeige, dass Passagen der Liedtexte teilweise geschwärzt worden waren. Die näheren Umstände der Schwärzungen seien derzeit Gegenstand der Ermittlungen.

Strache weist Ehrung durch Germania zurück

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hat empört auf Berichte reagiert, wonach er im Vorjahr von der Germania geehrt worden sei: "Ich war nachweislich weder beim abendlichen 100. Stiftungsfest der Germania, noch habe ich jemals ein Ehrenband der Germania erhalten. Eine glatte Unwahrheit und Lüge", postete er Donnerstagabend auf Facebook.

Germania-Feier zeitgleich mit ÖPR-Burschentag

Strache betont, bei einer Sitzung des Österreichischen Pennäler-Rings eingeladen gewesen zu sein, wo er ein Ehrenband erhalten habe. Danach sei er zu einer FPÖ-Wahlveranstaltung in die Steiermark gefahren. Die beiden Veranstaltungen, also jene des Pennäler-Rings und jene der Germania, dürften kurz nacheinander in Wiener Neustadt stattgefunden haben.

Die Germania zu Wiener Neustadt ist in Verruf gekommen, nachdem ein NS-verherrlichendes Liederbuch der Burschenschaft durch einen "Falter"-Bericht an die Öffentlichkeit geraten ist. Stellvertretender Obmann der Burschenschaft war bis zuletzt der Spitzenkandidat der niederösterreichischen FPÖ, Udo Landbauer. Strache meint nun, es gehe "manchen Medien und linken Journalisten offensichtlich nur mehr um verzerrende, manipulative und diffamierende Berichterstattung mit dem Ziel, der FPÖ vor der Niederösterreich-Wahl und generell zu schaden". Das sei "letztklassig und durchschaubar".

Berhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv österreichischen Widerstandes zur Causa Landbauer in der "ZiB 24".
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Strache selbst ist Mitglied der Burschenschaft Vandalia Wien. Die Germania-Feiern fanden von 2. bis 4. Juni statt, laut deren Programm zusammen oder zumindest zeitgleich mit dem ÖPR-Burschentag. Laut einem Informanten des STANDARD hatte sich der FPÖ-Chef bei der Feier kurz blicken lassen, Hände geschüttelt und den Organisatoren seine Verbundenheit ausgesprochen. Offenbar habe Strache der medialen Aufmerksamkeit entgehen wollen. Strache selbst betonte, die Veranstaltung auf Einladung des Pennäler-Rings nur kurz besucht zu haben. In einem nach der Veranstaltung vom Pennäler-Ring auf Facebook geposteten Video ist unter anderen Landbauer auf der Bühne zu sehen.

Unterdessen ist bekannt geworden, dass Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) 2016 bei der Germania in Köln sowie der Germania zu Ried (ebenfalls eine Mittelschulverbindung) als Nahost-Expertin einen Vortrag gehalten hat. Auch die dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller ist auf Fotos auf Veranstaltungen von der Burschenschaft zu sehen.

Landbauer medial auf Tauchstation

Landbauer geht den Medien im Wahlkampffinale zur Landtagswahl in Niederösterreich offenbar aus dem Weg. Die Freiheitlichen haben den letzten offiziellen Wahlkampftermin mit Landbauer am Freitag kurzfristig abgesagt.

Medien wurden mit dem Hinweis auf einen möglichen Ersatztermin zunächst stundenlang hingehalten, danach ging Landbauer überhaupt auf Tauchstation und besuchte stattdessen ein Seniorenheim in Wiener Neustadt. Für Freitagabend stand noch ein Ballbesuch auf dem Programm: freilich nicht der Akademikerball der rechten Burschenschafter in der Wiener Hofburg, dem Landbauer lieber fernblieb, sondern der Burgball der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt.

Ursprünglich wollte der frühere Skilehrer am Freitagnachmittag einen Gratisskikurs für Kinder am Semmering veranstalten und dabei darauf aufmerksam machen, dass sich viele Familien das Skifahren nicht mehr leisten können und wegen teurer Skipässe immer weniger Kinder in den Genuss des Wintersports kommen. Freitagvormittag kam dann das Storno. Mit den Turbulenzen der vergangenen Tage soll die Absage aber nichts zu tun haben, versicherte die FPÖ.

Die beiden Feierlichkeiten in Wiener Neustadt hatten zumindest eine gemeinsame Ankündigung.
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Strache: Antisemiten auf Akademikerball nicht erwünscht

Die FPÖ will ausgerechnet den Akademikerball, der als Treffpunkt Rechtsextremer seit Jahren heftig umstritten ist, zu einer Bühne gegen Antisemitismus machen. Für Antisemiten gebe es weder in der FPÖ noch auf dem Akademikerball einen Platz, erklärte Strache am Freitag.

"Die Verantwortung und das Gedenken an die Opfer des Holocaust sind uns Verpflichtung und Verantwortung in der Gegenwart und für kommende Generationen. Wer das anders sieht, soll aufstehen und gehen. Er ist bei uns nicht erwünscht", so Strache. Der Vizekanzler werde "dies im Rahmen seiner heutigen Eröffnungsrede am Akademikerball thematisieren und gerade im Vorfeld des morgigen Holocaust-Gedenktags klare und deutliche Worte finden", kündigte die FPÖ an.

Strache regte auch an, dass sich die Korporationen und das Dritte Lager einer Aufarbeitung der Vergangenheit widmen. Das könne durch eine Historikerkommission erfolgen, die sich schonungslos mit den Fehlern der eigenen Vergangenheit auseinandersetzen solle.

Justizminister Moser versichert Unabhängigkeit der Justiz

Justizminister Josef Moser (ÖVP) hat unterdessen versichert, dass die Justiz in der Causa Landbauer frei von politischer Einflussnahme vorgehe. "Das garantiere ich Ihnen zu tausend Prozent, weil da geht es um Vertrauen, da geht es um Rechtstaatlichkeit", sagte Moser am Freitag vor einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Sofia auf die Frage, ob die Justiz in dem Fall unabhängig agiere.

Moser konzedierte, "dass das absolut widerwärtig ist, was da stattgefunden hat, dass das rassistisch ist, dass das etwas ist, was untragbar ist". Aus diesem Grund habe auch die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. "Es sind Hausdurchsuchungen durchgeführt worden, heute finden bereits die ersten Einvernahmen statt. Da ist mit aller Akribie vorzugehen, um solche Vorfälle in Zukunft nicht mehr stattfinden lassen." Entscheidend sei, dass die Verantwortlichen ausgeforscht werden und die nötigen Maßnahmen gesetzt würden.

Shoah-Überlebende warnen

Die Jüdische Österreichische HochschülerInnenschaft (JÖH) meldete sich anlässlich des Holocaust-Gedenktages zu Wort. Sie veröffentlichte ein Video, in dem Studenten und Shoah-Überlebende gemeinsam fordern, das Gedenken an den Holocaust nicht zu missbrauchen. "In Österreich sind Nachfolger der Vorgänger der Nationalsozialisten Teil der Regierung", heißt es in dem Video.

In der FPÖ gebe es "dutzende, wenn nicht hunderte einschlägige Vorfälle", schreibt die JÖH. Parteien wie die FPÖ, die AfD und der Front National "versuchen ihren Rassismus reinzuwaschen, indem sie Juden vereinnahmen und ausschließlich vor dem muslimischen Antisemitismus warnen, während sie ihren eigenen Antisemitismus in den Hinterstuben und Kellern hochhalten und feiern", sagt die Holocaust-Überlebende Susi Guttmann. "Gerade wir als junge Jüdinnen und Juden dürfen uns nicht als Feigenblatt verwenden lassen", fordert die Studentenorganisation. (APA, red, 26.1.2018)